Süddeutsche Zeitung

Umgestaltung:Ein Zentrum mit Dorfcharakter

In der Bürgerversammlung erläutern die Architektinnen vom Büro "Lemme, Locke, Lührs" ihren modifizierten Entwurf für die Ortsmitte von Bad Heilbrunn. Geplant sind zwei Plätze, ein Bürgersaal und aufgelockerte Wohnbebauung.

Von Klaus Schieder

Zwei Plätze im Zentrum, ein Verbindungsbau zwischen Rathaus und neuem Bürgersaal, eine aufgelockerte Wohnbebauung, eine Aussichtsplattform und vorerst kein Hotel mehr: So sieht der modifizierte Entwurf für die neue Ortsmitte von Bad Heilbrunn aus. "Wir haben die gesamte Dichte der Bebauung verringert", sagte Architektin Anna Lemme vom Büro "Lemme, Locke, Lührs" am Montagabend vor etwa 100 Zuhörern in der Bürgersammlung im Kursaal. Damit griffen die Baumeisterinnen aus Berlin einen maßgeblichen Wunsch aus der Bevölkerung auf, die 2018 die Gelegenheit hatte, ihre Anregungen zum ersten Entwurf fürs Ortszentrum einzubringen. Demnach sollte der Dorfcharakter von Bad Heilbrunn mit den Ausblicken in die Natur erhalten bleiben.

Sonderlich massiv waren die Pläne der Architektinnen schon im Vorjahr nicht gewesen, weshalb sie auch den Realisierungswettbewerb gewonnen hatten. An ihrer Philosophie hat sich im Grundsatz nichts geändert: Sie sehen Rathaus, Kirche, Hotel und Adelheidquelle auf der westlichen Seite der Badstraße und des Sankt-Kilians-Platzes wie an einer Perlenschnur aufgereiht, auf den freien Arealen der östlichen Seite wollen sie ein Vis-á-vis schaffen.

Das besteht vor allem aus einem quadratischen Platz gegenüber von Adelheidquelle und Hotel. Um ihn gruppieren sich drei dreigeschossige Häuser mit Geschäften und Cafés im Erdgeschoss. Auf ihm soll der Wochenmarkt stattfinden, ringsum sind Parkplätze geplant. Früher habe man noch ein Gebäude mehr vorgesehen, sagte Judith Brücker vom Büro "Juca - Landschaftarchitektur" aus Berlin. Auf diesen Baukörper wurde verzichtet, "es ist jetzt ein bisschen großzügiger." In der Mitte des Platzes gibt es einen großen Brunnen.

Der zweite Platz soll nördlich auf Höhe des Rathauses angelegt werden, allerdings mit einem eher weichen Untergrund, da fast wie ein Teil des alten Kurparks mit seinen Alleebäumen wirken soll. In seiner Mitte steht dann das Kriegerdenkmal.

Leicht reduziert haben die Architektinnen auch die Zahl der Wohngebäude. An der Parkstraße waren drei Gruppen von jeweils drei Häusern geplant, nun sind es nur noch zwei. Anna Lemme nennt sie "Anger", weil die Neubauten jeweils um eine grüne Mitte herum angeordnet sind. Der erste Anger, der näher zum Kiliansplatz liegt, soll aus drei drei- bis viergeschossigen Mehrfamilienhäusern mit etwa 22 Wohneinheiten bestehen. Der zweite Anger nach Osten hin soll ganz ähnlich aussehen, allerdings mit rund 20 Wohnungen. Die Bewohner können ihre Autos jeweils in einer Tiefgarage abstellen, die vom Parkweg aus zu erreichen ist. Der Grund: Im Kurpark liege der Fokus auf Fußwegen, nicht auf Fahrzeugen, so Lemme. Auch Leute, die nicht dort wohnen, sollen weiter durch die Allee spazieren gehen können.

Die zweite Wohnbebauung ist am Malachias-Geiger-Weg im Norden des Kurparks vorgesehen. Sie soll zur Badstraße hin aus einem Gebäude mit gewerblicher Nutzung im Parterre und zwei dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 20 Wohnungen bestehen. Nach Osten hin folgen drei Doppelhäuser mit sechs Wohneinheiten. Auch dort soll es ein Tiefgarage geben, die von der Badstaße aus zu erreichen ist. Im Ortszentrum entstünden somit insgesamt 86 Wohnungen, 60 öffentliche Parkplätze und knapp 200 Stellplätze in Tiefgaragen. All dies müsse jedoch nicht zeitgleich gebaut werden, sagte Lemme. In der ersten Bauphase sollten der Bürgersaal, die beiden Plätze und die Wohnhäuser am Malachias-Geiger-Weg entstehen, im zweiten Abschnitt der am Kiliansplatz gelegene Anger, später der zweite Anger.

Kritik an diesem Entwurf übte Christian Kaul, der am Malachias-Geiger-Weg wohnt. Der sei auf die zusätzliche Bebauung nicht ausgelegt, weshalb er ja Weg und nicht Straße heiße, meinte er. Drei Monate lang habe er fast jeden Tag die Autos gezählt, fast immer stünden elf, zwölf Fahrzeuge da, unter anderem von Gästen der Pension Sonnenhügel. Außerdem seien knapp 200 Parkplätze für 86 Wohneinheiten bei weitem nicht ausreichend, befand Kaul. Sein Vorschlag: Ein Haus am Ende des Geiger-Wegs sollte gestrichen werden, an seiner Stelle sollte man einen Parkplatz für Gäste der Pension und des evangelischen Gemeindehauses bauen, so Kaul. Zwei, drei Häuser könnten auch auf dem Post-Areal an der Badstraße situiert sein, wo die Aussichtsfläche geplant sei. Dabei handelt es sich Lemme zufolge um eine befestigte Plattform, die für Veranstaltungen dienen kann. Dies sei allerdings nur "eine temporäre Zwischennutzung", so die Architektin. Kauls Einwänden widersprach Bürgermeister Thomas Gründl (CSU). Die Gemeinde könne Stellplätze "nicht für jede Eventualität vorhalten", sagte er. Außerdem habe man in Bad Heilbrunn ohnehin eine Satzung, die mehr Parkplätze verlange, als im Gesetz vorgeschrieben. Dem pflichtet Sozialgeograf Volker Salm vom Büro "Salm & Stegen" bei: "Im gesamten Umgriff gibt es für 235 Einwohner fast 200 private Parkplätze." Das sei genug.

Die Ansiedlung eines neuen Hotels auf dem Post-Areal ist erst einmal zurückgestellt. Ein großes Haus mit mehr als 100 Betten, wie von mehreren Investoren als Mindestmaß gefordert, sei städtebaulich in Bad Heilbrunn nicht darstellbar, so Salm. Dies hätte weder Planern noch Gemeinderäten noch Bürgern gefallen. Möglich wäre hingegen ein individuelles Themen-Hotel, das sich auf die nahe gelegene Stiftung Nantesbuch bezieht und sich auf Gäste spezialisiert, die Kunst und Natur wünschen. "Aber hier jemanden als Betreiber zu finden, ist natürlich wahnsinnig schwer", sagte Salm. Auf die Frage von Ernst Hauer, ob man sich vom Fremdenverkehr im Ortszentrum verabschiedet habe, erwiderte Salm: Das Post-Areal bleibe für touristische Nutzung reserviert. Aber die Zeit dafür sei "momentan nicht da".

Die Gestaltung der Ortsmitte bezeichnete Landrat Josef Niedermaier (FW) als Mega-Projekt. "Das wird Bad Heilbrunn über Jahrzehnte hinweg prägen." Mit den Einwänden, die Besucher den Planern am Ende der Bürgerversammlung vor den Stellwänden im Foyer noch einmal mitgeben konnten, werden sich die Gemeinderäte demnächst in einer Klausur befassen. Dabei sollen sie endgültig über den Entwurf fürs Ortszentrum befinden.

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SZ vom 23.01.2019/aip
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