Umbau:Geretsrieder Stadtbücherei richtet "Gaming Zone" für Computerspieler ein

Umbau: So könnte eine "Gaming Zone" im Untergeschoss an der Adalbert-Stifter-Straße13 bald aussehen: Moderne, jugendgerechte und flexible Möbel und ein "Raum-in-Raum-Konzept für die Playstation.

So könnte eine "Gaming Zone" im Untergeschoss an der Adalbert-Stifter-Straße<ET>13 bald aussehen: Moderne, jugendgerechte und flexible Möbel und ein "Raum-in-Raum-Konzept für die Playstation.

(Foto: Grafik: Schulz Speyer Bibliothekstechnik.)

Konsolen, Virtual-Reality-Brillen, neue Möbel: Leiter Björn Rodenwaldt erntet im Rathaus Lob für seine Initiative, die im Landkreis einmalig ist.

Von Felicitas Amler

Prinzessin Zelda muss befreit werden; der niederträchtige Zauberer Ganondorf hat sie in seiner Gewalt. Link heißt der Held, der diese Aufgabe lösen kann. Spätestens von diesem Sommer an können sich Besucher der Stadtbücherei Geretsried in Links Rolle und in die anderer Abenteurer, Elfen und Androiden versetzen: Bis dahin will Büchereileiter Björn Rodenwaldt das Untergeschoss des Hauses neu ausgestattet haben - mit Konsolen für Computerspiele, flexiblen Möbeln und Virtual-Reality-Brille (VR). Geretsried wird dann die erste der drei Stadtbüchereien im Landkreis sein, die "Gaming" anbietet. Eine Vorreiterrolle, über die sich Bürgermeister Michael Müller (CSU) begeistert äußerte: Die Bücherei zeige, dass sie nicht verstaubt sei, und gebe sich ein modernes Image. Der Stadtratsausschuss für Jugend, Senioren, Soziales, Kultur und Sport (Jusskus) stimmte am Dienstag einhellig zu, 30 000 Euro, die im Jahresbudget für die Bücherei stehen, in das Vorhaben zu investieren. "Eine ganz klasse Sache", sagte Müller. "Ich find's super", schloss sich CSU-Stadtrat Christos Saridis an.

Rodenwaldt leitet die Bücherei an der Adalbert-Stifter-Straße 13 seit eineinhalb Jahren. Er hat bereits einiges optisch und inhaltlich modernisiert, Gebühren vereinfacht und damit Schwellen abgebaut. Auch einen Spieleabend hat er eingeführt - bisher allerdings mit Karten-, Brett- und Rollenspielen. Neuem steht der 37-Jährige sehr aufgeschlossen gegenüber. Er persönlich spielt gern sogenannte MMO: Massively Multiplayer Online Games, zu denen er sich zum Beispiel mit Freunden in Nordrhein-Westfalen zusammentun kann.

Auch Informationsveranstaltungen über gaming soll es geben

Auch in der Stadtbücherei ist eines seiner Ziele, "dass man gemeinsam spielen kann", allerdings an Ort und Stelle. Es gebe Computerspiele, für die sich die Menschen von sechs bis 50 Jahren interessieren, die in Familien und Gruppen gespielt werden, sagt er. Und eine Anregung von Stadtrat Saridis will er auf jeden Fall aufgreifen: Informationsveranstaltungen für Eltern und Kinder über Gaming.

Rodenwaldt legte dem Ausschuss ein ausgearbeitetes Konzept vor. Demnach will er eine Nintendo-Konsole anschaffen, einen Raum im Raum für die Playstation 4 und einen Bereich für die VR-Brille einrichten. Die Spiele, die er anbieten möchte, können ausgeliehen werden. Datenschutz, Suchtgefahr, Killerspiele - Fragen wie diese beantwortete der Büchereileiter schon in seiner Präsentation. Öffentlich spielbar sollen ausschließlich solche Angebote sein, die für ein Alter bis sechs Jahre freigegeben sind. Bei Entleihungen wird das Alter per Büchereiausweis kontrolliert.

Mehrere Instanzen garantieren für die Qualität und den altersgemäßen Verleih der Computerspiele: die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK), die Unterhaltungsmedien-Selbstkontrolle (USK), die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und schließlich auch Rodenwaldt und sein Fachpersonal.

"Wir sind eine Bücheri. Wir zensieren nicht."

Zu sogenannten Killerspielen gab es allerdings im Jusskus Nachfragen, von Wolfgang Werner (SPD) und Vera Kraus (Freie Wähler). Deren Sorgen versuchten Rodenwaldt und der Bürgermeister auszuräumen. Einerseits sagte der Büchereileiter, es gebe durchaus gute, anspruchsvolle Kampfspiele, in denen sich Figuren entwickeln oder mit moralischen Fragen auseinandersetzen müssten. Andererseits betonten er und Müller, was nicht auf dem Index stehe und für Erwachsene freigegeben sei, könne eine öffentliche Bibliothek niemandem verwehren: "Wir sind eine Bücherei, wir zensieren nicht." Dies treffe auch auf Bücher zu.

Hans Ketelhut (CSU) und Heidi Dodenhöft (FW) bedankten sich namentlich bei Rodenwaldt. Ketelhut sagte, dessen Initiative zeige, "dass wir den richtigen Mann eingestellt haben". Und Dodenhöft fand es "toll", dass Geretsried einen Büchereileiter habe, der sich mit Computerspielen auskenne.

Rodenwaldt erhofft sich von der Neuerung einerseits neue Nutzer und einen Anstieg der Ausleihzahlen, andererseits auch einen Ansatz für neue Angebote wie Schulklassenführungen, Abendveranstaltungen, Wettkämpfe, einen Dialog der Generationen oder Gespräche über Moral und Ethik in Games. Er zitierte aus einer Fachtagung, wonach Kinder und Jugendliche beim Computerspielen lernten, sich mit schwierigen, komplexen Sachverhalten auseinanderzusetzen; mit Niederlagen umzugehen; sich im Sinne eines Ziels zu vernetzen. Dadurch könnten sie Fähigkeiten erwerben, die ihnen im späteren Leben nützen. "Nicht zuletzt aber soll das Spielen Spaß bereiten."

Die Befürchtung, Kinder und Jugendliche könnten ganz in virtuellen Welten versinken, versuchte Rodenwaldt auszuräumen, indem er ein Ergebnis der Fachtagung wiedergab: "Das Bedürfnis der Spielenden nach realer Begegnung ist ungebrochen."

Die Landesfachstelle München für öffentliche Bibliotheken fördert Einrichtung wie die in Geretsried geplante mit 40 bis 50 Prozent. Sie hat Gaming in öffentlichen Büchereien ausdrücklich als Ziel bis zum Jahr 2020 definiert.

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