Umbau der Lenggrieser Kläranlage:Extrem hohe Schadstoffbelastung

Gewerbegebiet Lenggries

Die Lenggrieser Kläranlage wird erweitert. Bei ersten Arbeiten ist die Belastung entdeckt worden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im alten Schlammbehälter finden sich PAK. Die sind giftig und können Krebs auslösen. Jetzt wird aufwendig saniert.

Von Petra Schneider

Mitte Mai haben die Umbauarbeiten an der Kläranlage begonnen - und der Gemeinde eine böse Überraschung beschert. Bei ersten Abbrucharbeiten am Schlammbehälter, der bisher mit Klärschlamm gefüllt war, fiel den Arbeitern starker Teergeruch auf. Das Dichtungsmaterial wurde untersucht. Es zeigte sich, dass eine "extrem hohe Schadstoffbelastung" mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) vorhanden war, sagte Ralf Kirchgatterer vom technischen Bauamt am Montag im Gemeinderat.

PAK, die auch in Diesel und Heizöl, in Tabakrauch oder gegrilltem Fleisch nachweisbar sind, seien "für Mensch und Umweltorganismen eine besorgniserregende Stoffgruppe", heißt es in einer Information des Umweltbundesamts. Das Einatmen von PAK, die Aufnahme durch den Mund oder die Haut kann zu Gesundheitsschäden wie Hautentzündungen oder Hornhautschädigungen führen. Einige PAK sind nachweislich krebserzeugend. Teer enthält hohe Anteile der gefährlichen Stoffe. Seine Verwendung im Straßenbau, als Dachpappe, in Imprägnierungen oder Klebstoffen ist deshalb seit dem Jahr 1970 verboten. Die Konsequenz aus dem Fund des belasteten Materials in der Kläranlage ist klar: "Wir müssen das auf jeden Fall entsorgen, da haben wir keine Alternative", sagte Bürgermeister Werner Weindl (CSU) bei der Sitzung des Gemeinderats. Als der Faulbehälter im Jahr 1969 gebaut wurde, seien teerhaltige Dichtungsmaterialien noch "normale Baustoffe" gewesen.

Die Entsorgung dürfte aufwendig und teuer werden. Denn eine Spezialfirma hat nach einer ersten Bestandsaufnahme einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt: Während des Ausbaus sind Wetterschutz, Folie und Aktivkohlefilter über dem Schlammbehälter nötig. Ein Zugang darf nur über eine Schleuse mit Schutzkleidung erfolgen, die Arbeiter müssen Atemgeräten tragen. Die Schutzkleidung muss anschließend fachgerecht gereinigt werden. Das belastete Material darf nur von einem Spezialtransport abgeholt und entsorgt werden, ebenso das verwendete Folien- und Verbrauchsmaterial. Der Beton im Umgriff der belasteten Dichtungsrinnen muss zehn bis 15 Millimeter dick und sehr vorsichtig abgestemmt werden, damit möglichst kein kontaminierter Staub entweicht. Zur Sicherheit sei der Bereich des Schlammbehälters abgesperrt worden, sagte Kirchgatterer. Eine "unmittelbare Gefahr" bestehe aber nicht.

Ob das Grundwasser sicher sei, wenn sich das Teermaterial bei der derzeitigen Hitze verflüssige und womöglich in den Boden tropfe, wollte Birgitta Opitz (CSU) wissen. Kirchgatterer gab Entwarnung: Gefahr für das Grundwasser bestehe nicht, denn die Dichtungen seien wie "zäher Honig". "Da tropft nichts", versicherte er. Das belastetet Material verbleibe in der Betonwanne. Diese sei mit einem in den 1960-er Jahren üblichen Schwarzanstrich versehen. Auch die Farbe könnte mit PAK belastet sein. Das werde derzeit überprüft, eine Auswertung der Proben liege noch nicht vor. Was die aufwendige Entsorgung kostet und wie lange sie dauert, könne man noch nicht sagen.

Bereits vor drei Jahren wurde die Kläranlage saniert: Durch den Austausch von Anlageteilen wurde ihre Effektivität erhöht und Energie eingespart. Weil die Kapazitäten aber nicht ausreichen, hat der Gemeinderat im März 2015 eine Erweiterung beschlossen und sich für eine Umrüstung zur anaeroben Schlammfaulung entschieden, die in einer Machbarkeitsstudie empfohlen worden war. Dabei wird aus dem entstehenden Schlamm in einem Behälter unter Ausschluss von Sauerstoff Gas gewonnen, das für den Betrieb eines Blockheizkraftwerks genutzt wird.

Der entstehende Strom und die Wärme können für den Betrieb der Kläranlage genützt werden. So reduzieren sich Energiekosten und dadurch auch die Abwassergebühren. Im vergangenen Jahr wurden die Gesamtkosten noch auf rund 2,6 Millionen Euro geschätzt - vor dem Fund des belasteten Dichtungsmaterials.

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