"Trotz allem - ich lebe":Sprechende Bilder

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Die evangelische Petruskirche Geretsried zeigt Gemälde von Flüchtlingsfrauen

Von Felicitas Amler, Geretsried

Der Titel ist schon erschütternd genug: "Trotz allem - ich lebe", so heißt eine Ausstellung der UNO-Flüchtlingshilfe, die derzeit in der evangelischen Petruskirche Geretsried zu sehen ist. Flüchtlingsfrauen haben ihre Gefühle, ihren Schmerz, aber auch ihre Hoffnungen in Bilder umgesetzt.

Eines dieser Bilder übt einen besonders starken Sog aus. Mehr als die Hälfte der Bildfläche ist schiere schwarze Dunkelheit, davor Menschen, die wir nur von hinten sehen. Ein Mann mit einem Kind an der Hand, einzelne Frauen, jüngere, ältere. Sie alle gehen scheinbar stoisch auf das große schwarze Loch zu. "Weg ins Ungewisse" - es hätte dieses Titels gar nicht bedurft, man spürt, worum es hier geht. "Gemeinsam,/ein Weg in die Dunkelheit./Wo ist das Licht?/Wo bleibt die Hoffnung?" hat die Schöpferin Neriman S. daruntergeschrieben.

Die Bilder der Flüchtlingsfrauen erzählen von Schmerz, Verzweiflung und Gewalt, aber auch von Mut, Lebenswillen und Hoffnung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die UNO-Flüchtlingshilfe hat die "Kunststücke von Frauen", wie die Schau im Untertitel heißt, als Wanderausstellung konzipiert. Entstanden sind die Arbeiten in der Kunsttherapie im Evangelischen Zentrum für Beratung und Therapie in Frankfurt. Vier Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus Liberia, Kurdistan/Türkei und dem Iran haben, so heißt es, "im Malen eine Form gefunden, ihr Schweigen zu überwinden". Traumatisierte Menschen, die sich oft schwer tun, ihr Leid in Worte zu fassen, finden im künstlerischen Gestalten eine Ausdrucksmöglichkeit. Und die Betrachter verstehen sehr gut. Das Bild mit dem Stacheldraht etwa, den eine starke Hand zerreißt, über der eine Friedenstaube schwebt. Oder das Gemälde einer gesichtslosen Frau im Schneidersitz, deren Oberkörper keine Verbindung zum Unterleib hat - "abgeschnitten", so lautet der Titel, "abgeschnitten von der eigenen Gefühlswelt. Innere Leere. Auch der Schmerz hat keinen Platz."

"Apfel der Liebe" heißt dieses Bild, mit dem Maryam in die "alte Welt" im Iran eintaucht, wie sie dazu schreibt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Aber es gibt auch farbenfrohe, freundliche Impressionen. Eine wunderbare Komposition aus Rottönen, die in ein Blau-Grün übergeht, das Ganze unter einem fröhlichen Teppich aus weißen Arabesken: "Mutters Bild" - Eva I. sieht es im Traum, so schreibt sie: "Ich danke Gott für diesen Traum und die Fähigkeit, es malen zu können." Trotz allem - sie leben, sie malen, sie träumen, sie hoffen und sie erzählen Geschichten, die uns aufrütteln sollten

Wanderausstellung "Trotz allem - ich lebe", Petruskirche Geretsried, Kirche und Gemeindesaal, Egerlandstraße, bis 28. Februar

© SZ vom 22.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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