Ein Haustier ist für viele Menschen nicht einfach nur ein Tier. Es ist ein wahrer Freund, eine Konstante im Leben und ein treuer Begleiter. Der Tod dieses geliebten Gefährten kann daher seine Besitzer hart treffen und eine Leere hinterlassen. Verständnis für die eigene Trauer zeigen oftmals nur andere Tierhalter. Dabei ist es legitim seinen Kummer zu zeigen, um den Verlust letztlich bewältigen zu können. Dessen ist sich Franziska Lüttich sicher. Die Penzbergerin begleitet Menschen in ihrer Trauer - egal, ob sie einen Hund oder einen Hamster verloren haben. "Der Verlust eines Tieres schmerzt meist genauso wie der eines Menschen", sagt Lüttich.
Ende November 2020. Suerte, ein Podenco Andaluz, stirbt. Er hatte einen Lungentumor. Der zottelige Spanier wurde 13 Jahre alt. Suerte war nicht der erste Hund, den Franziska Lüttich für immer gehen lassen musste. "Ich hatte mich bis dahin von 25 Hunden verabschiedet", erzählt sie. Die 59-Jährige und ihre Ehefrau Michaela holen immer wieder alte oder behinderte Vierbeiner zu sich. Suerte war auf beiden Augen blind, als das Paar ihn aufnahm. "Es geht darum, dass diese Tiere geliebt und umsorgt werden. Einfach eine schöne Zeit noch haben", sagt Lüttich. Doch dass Suertes Tod sie so hart treffen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Um ihre Trauer zu verarbeiten, schrieb sie - wie schon so oft für ihre anderen geliebten Weggefährten - einen Nachruf. Nur für sich. "Weil das gut tut", betont sie. "Da kam mit die Idee, dies auch jenen Menschen in Trauer um ein Tier anzubieten, die selbst keinen Nachruf schreiben können."
Lüttich informierte sich auf Gedenkportalen für Tierbesitzer. Immer mehr Halter richten sich virtuelle Gedenkstätten ein. Auf ihnen können sie mitteilen, was ihnen der Hund, die Katze oder der Wellensittich bedeutet hat. Doch einen "schönen Gedenktext" verfassen können nur wenige, meint Lüttich. Hinzu komme ein weiterer Aspekt: Die Akzeptanz, dass jemand um sein Tier trauert, sei bei vielen Mitmenschen nicht ausgeprägt. Wobei Lüttich eine Abstufung ausmacht. Hund und Katze - ja, da könne man ein Wort des Mitleids aus seinem Umfeld noch erhaschen. Aber bei einem Hamster, "da fühlen sich viele auf den Arm genommen. Da heißt es: Kauf dir einen neuen", sagt Lüttich, "aber auch er war ein Familienmitglied und kein zerbrochener Teller, den man einfach ersetzen kann". Diese Abwertung sei noch schlimmer als der Verlust.
Andere Tierhalter verstünden am besten, wie einschneidend es sei, wenn tägliche Routinen auf einmal wegfielen. Egal, ob der morgendliche Gassigang oder das Füllen des Futternapfes ausbleibt - das Tier hinterlasse eine schmerzliche Lücke, erzählt die 59-Jährige weiter. Sie fasst einen Entschluss und bietet seitdem Trauerbegleitung für Menschen an, deren Haustier gestorben ist. Als Zusatzangebot schreibt sie, wenn gewünscht, einen Nachruf. "Ich habe selbst die Erfahrung mehrmals machen müssen. Ich kann mich in die Menschen hineinfühlen." Denn Trauer sei nun einmal eine Emotion, die keinen Unterschied mache, wer oder was gestorben ist, sagt Lüttich. Und sie müsse verarbeitet werden. Gespräche würden in dieser Situation helfen, ebenso die Erinnerung an den tierischen Freund zu teilen.
Wer die Dienste der Penzbergerin gegen Bezahlung in Anspruch nehmen möchte, kann sie kontaktieren. Lüttich, 1961 in Hamburg geboren und seit 1984 in Bayern sesshaft, nimmt sich Zeit für ihre Kunden. Nur auf Wunsch würde sie die Trauernden auf einen Tierfriedhof begleiten. Meist seien die Tiere schon tot und eingeäschert, wenn sich deren Halter melden würden. "Die Gespräche finden telefonisch statt, deutschlandweit." Vorab verschickt Lüttich per E-Mail oder Post einen Fragebogen, um Näheres über das Tier zu erfahren. Das Telefonat - es können auch mehrere sein - dauert in der Regel eine Stunde. "Ich tippe alles mit und schreibe einen Nachruf." Es müssen nicht nur lustige Erinnerungen sein, meint sie. "Dann fließt es aus meiner Feder." Ihre Kunden können die Nachrufe anschließend auf Gedenkportalen im Internet veröffentlichen. Wem das Internet nicht reicht, der kann den Text sozusagen auch auf ein Schild lasern lassen, das am Grab des verstorbenen Lieblings aufgestellt wird. "Auf dem Schild befindet sich ein QR-Code, scannt man ihn mit dem Handy ab, kann man ihn an Ort und Stelle nachlesen", erklärt Lüttich. "Das hat so ein bisschen Ewigkeit."
Die Möglichkeiten, die die QR-Codes bieten, könnten auch "unsere Friedhöfe" interessanter machen, sagt Lüttich. Die 59-Jährige tröstet nicht allein Tierhalter, seit drei Jahren arbeitet sie als freie Trauerrednerin und Trauerbegleiterin für Menschen - in dieser Kombination wohl ein Alleinstellungsmerkmal. Die Ausbildung dauerte neun Monate. "Ich hätte gerne eine lebendigere Trauerkultur", betont Lüttich. Vor drei Jahren habe sie sich dazu entschlossen, freie Trauerrednerin zu werden. Die Abschiede von geliebten Menschen habe sie oft als unpersönlich empfunden. Weil sie neben ihrem Job noch Zeit hatte, ließ sie sich zur Trauerrednerin und -begleiterin fortbilden. Lüttich, die als Hundetrainerin arbeitete, betreibt seit 2013 die Hundepension Isarwinkel in Penzberg, mit der sie im Sommer dieses Jahres in die Kreisstadt Weilheim umziehen wird.
Beim Begräbnis sollte der Verstorbene im Mittelpunkt stehen, findet sie. "Aber dann muss man auch über sie oder ihn sprechen und sich gemeinsam erinnern", sagt Lüttich. Das "Bedeutungsschwangere und Pietätvolle", wie bei gängigen Trauerfeiern üblich, sei nicht das ihre. Sie interessiere der Mensch. Deshalb können die Gespräche vorab mit den Angehörigen schon mal mehrere Stunden dauern. "Bis der Verstorbene sozusagen neben mir steht und ich ihn kenne." Das Begräbnis sei "sein letztes Fest" und sollte "kein Trauerspiel" sein. Wie auch die Trauer der Hinterbliebenen keine Krankheit sei, sondern der "ganz normale Ausnahmezustand". Trauer sei wie eine Narbe, die man pflegen müsse, etwa mit guten Gesprächen. "Dann werden es Narben, die man sieht, die einen aber nicht behindern", ist Lüttich überzeugt.
180 Trauerreden hat sie gehalten. Jede sei anders gewesen, weil auch jeder Verstorbene anders sei. Und so kann es schon mal vorkommen, dass die Titelmusik von "Michel aus Lönneberga" erklingt, weil die Verstorbene gerne alte Kindersendungen sah, oder "Hells Bells" von AC/DC über den Friedhof dröhnt, weil die Tote in jungen Jahren einen auf Rockerbraut machte. Oder wie bei einer Trauerfeier in Geretsried, wo 120 Verwandte, Freunde und bekannte mit einem Ramazotti anstießen und mit einem "Prost Willi" Abschied nahmen. "Das war sehr persönlich und wunderschön." Ehrlichkeit sei ihr am wichtigsten, betont Lüttich. Lobhudelei ist ihr verpönt.
Kontakt zu Franziska Lüttich telefonisch unter 0175/466 44 48 (mobil), E-Mail: kontakt@lebewohl-geliebtes-tier.de oder Internet unter www.lebewohl-geliebtes-tier.de, www.hundepension-isarwinkel.de, www.beruehrende-reden.de