Es ist Sommer, und damit die Zeit, in der die Kräuter üppig wachsen. In manchen Orten Bayerns werden diese nicht nur gesammelt, sondern auch noch zu Büscheln gebunden, um sie an Mariä Himmelfahrt in der Kirche segnen zu lassen und sie anschließend im Haus zum Trocknen aufzuhängen. Die 54-jährige Johanna Kirschenhofer ist neben ihrer Tätigkeit im Marketing Pressewartin für den Trachtenverein D’Wendlstoana Thanning und weiß, was sich hinter der Tradition verbirgt.
SZ: Frau Kirschenhofer, laufen Sie auf der Suche nach Kräutern nach und nach die Gärten der Nachbarn ab oder wo findet man das schönste Kraut?
Johanna Kirschenhofer (lacht): Ich durchsuche für mein Büschel erst einmal meinen eigenen Garten. Sonst schaue ich an den Wegrändern, ob ich Kräuter zum Pflücken finde.
Welche Kräuter eignen sich Ihrer Meinung nach besonders und was machen Sie, falls keines davon auffindbar ist?
Eignen tun sich eigentlich alle Kräuter. Aber es gibt natürlich Kräuter, die man traditionell bindet. Was ich immer dabei haben möchte, ist die Königskerze. Sonst auch noch die Schafgarbe, den Dost, die Ringelblume, Minze, Salbei und immer auch eine Rose. Man sagt, man soll mindestens sieben Kräuter drin haben, aber dort bin ich nicht so kleinlich. Das, was ich habe und was ich gerne möchte, das packe ich da rein (lacht). Wenn ich etwas nicht finde, dann nutze ich gerne die vom Trachtenverein für die Kinder zum Binden zur Verfügung gestellten Kräuter.
Was genau machen sie mit den Kräutern, wenn Sie endlich welche in den Händen haben? Wie binden Sie diese am schönsten?
Das ist Geschmacks- und Geschicksache. Ich stelle gerne die Königskerze ins Zentrum und alles, was rispenartig blüht, wie etwa der Blutweiderich oder Mädesüß, nehme ich auch gerne in die Mitte. Dann drapiere ich rundherum die anderen Kräuter. Wenn ich das fertig habe, binde ich das Ganze mit einer einfachen, braunen Schnur und einer handgestickten Schmuck-Schleife mit „Ave Maria“-Inschrift zusammen. Zum Schluss bringt man das Büschl natürlich zum Segnen in die Kirche.
Von woher kommt das Kräuterbüschelbinden und in welchen Regionen wird es praktiziert?
Eigentlich geht es auf einen heidnischen Brauch zurück, der von der katholischen Kirche für Mariä Himmelfahrt übernommen wurde. Der Legende nach sagt man, dass die Jünger beim Aufsuchen von Marias Grab eine leere Grabkammer gefunden haben, aus der dafür allerdings ein Duft von Kräutern und Blumen kam. Deshalb verbindet man die Kräuter mit Maria Himmelfahrt. Ob es in allen Regionen Deutschlands praktiziert wird, weiß ich nicht, aber in Bayern ist es sehr weit verbreitet. Im Tölzer Land gibt es im Grunde keinen Ort, an dem keine Kräutersegnung stattfindet.
Wie haben Sie zu dieser Tradition gefunden?
Vor gut 15 Jahren, ich glaube 2008, hat der Trachtenverein zum ersten Mal ein Kräuterbüschelbinden für Kinder aus dem Ort und der näheren Umgebung organisiert. Man hat bemerkt, dass der Brauch in Vergessenheit gerät. Ich bin selbst auch gar nicht damit aufgewachsen, also war mir die Tradition bis dahin einfach nicht geläufig. Wir wollten den Kindern beim Sammeln der Kräuter sowie dem Binden helfen und dann gemeinsam in die Kirche gehen. Seitdem mache ich das jedes Jahr.
Warum ist es wichtig, diese Tradition an jüngere Generationen weiterzugeben?
Zum einen ist natürlich der Brauchtumserhalt wichtig, andererseits sollen die jüngeren Leute aber auf Kräuter und deren Wirkung aufmerksam gemacht werden. Es ist einfach wichtig, dass man weiß, was die Natur uns alles gibt.