Tourismus in Bad Tölz:Per Klick ins Pensionsbett

Holger Lortz ist einer der ersten "eCoaches" in Bayern. Er verhilft Übernachtungsbetrieben im Tölzer Land dazu, dass ihre Angebote auch online zu finden sind

Von Anja Brandstäter, Bad Tölz

Und plötzlich geht es ganz flott: Kaum steht das Angebot zwei Tage online, bucht sich ein Australier in der Pension ein - und das gleich für drei Wochen am Stück. Ohne die fachkundige Hilfe von Holger Lortz wäre das wohl nicht passiert. Denn dass der Australier für die Buchung anruft oder nach seiner Ankunft in Deutschland einfach mal aufs Geratewohl bei der Herberge vorbeifährt - eher unwahrscheinlich. Urlaube werden inzwischen doch weitgehend über das Internet geplant.

Holger Lortz ist ein Pionier. Er war in Deutschland einer der ersten überhaupt, die sich zum "eCoach" haben ausbilden lassen. Seine Hauptaufgabe ist es, Hotels und Pensionen bei allen Fragen der Digitalisierung zu beraten. "Ich freue mich über jeden, der sich bei mir meldet", sagt Holger Lortz. Es gebe immer noch Übernachtungsbetriebe, die nur Telefon und Fax hätten, erzählt er. "Die kann man online dann natürlich nicht finden", sagt Lortz. Heutzutage suchten Gäste, die ins Tölzer Land kommen, ihr Quartier aber im Internet aus. Fotos, die Beurteilung und der Preis - das seien die wichtigsten Kriterien. "Und dann möchten die Leute sofort online buchen", erzählt der Experte. Bei Weitem nicht alle Herbergen hätten sich darauf aber schon eingestellt, sagt Lortz.

"Es ist ratsam, die eigene Webseite technisch so einzurichten, dass sie auf das jeweils benutzte Endgerät wie Smartphone oder Tablet reagiert", empfiehlt Lortz seinen Kunden. Diese Geräte werden hauptsächlich verwendet, wenn die Gäste unterwegs sind. Damit nicht jede Pension oder Ferienwohnung einen eigenen Internetauftritt benötigt, bietet das Landratsamt auf seiner Homepage die Möglichkeit an, den eigenen Betrieb unter der Rubrik "Gastgeber im Tölzer Land" zu bewerben.

Pension Nirvana Wolfgang Ramadan

"Pension Nirvana" - das ist nicht nur ein Theaterstück von Wolfgang Ramadan. Für viele Übernachtungsbetriebe im Tölzer Land ist auch das Internet ein ziemliches Niemandsland. Zimmer buchen? Das geht in vielen Herbergen immer noch ausschließlich offline.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Oft empfehle ich, Kleinigkeiten zu verbessern, zum Beispiel die Fotos der Unterkunft, die Beschreibung oder die Preisgestaltung", erklärt Lortz. "Wichtig ist auch die Verlinkung zu Freizeitangeboten", sagt er.

Mit seinem Fachwissen steht Lortz den über 600 Vermietern im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zur Verfügung. 70 davon konnte er bereits helfen. "Das Angebot ist kostenlos. Ich berate und gebe Tipps", sagt er. Umsetzen müsse es dann jeder selbst.

Holger Lortz sitzt vor zwei Bildschirmen, daneben liegt ein Headset, falls das Telefon klingelt. Ihn interessiert, wie viele Personen die Seiten von "Tölzer Land Tourismus" im Internet angeklickt haben. Die Informationen bekommt er über Google Analytics. Der Dienst von Google dient der Datenverkehrsanalyse der einzelnen Webseiten. "In den vergangenen sieben Tagen waren fast 2000 Besucher auf unserer Seite", sagt Lortz. Die meisten hätten die Webcam angesehen. Beliebt sei aber auch der Loipenbericht. Und was er in den Daten noch sehen kann: Neun Prozent der Onlinebesucher bei "Tölzer Land Tourismus" kommen aus den USA.

Dass der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Landkreis ist, liegt auf der Hand. Auch, dass die Digitalisierung den Tourismus komplett verändert hat. Heute gehen Reisende kaum noch ins Reisebüro und blättern in Katalogen, um sich eine Herberge auszusuchen. Kaum jemand reserviert noch per Telefon oder per Brief. Die unterschiedlichsten Urlaubsplattformen im Internet dienen der Orientierung, dem Preisvergleich und schließlich auch der Buchung.

Holger Lortz Tölzer Land Tourismus

Holger Lortz arbeitet seit etwa einem Jahr im Landratsamt. In der Zeit hat er rund 70 Übernachtungsbetriebe beraten.

(Foto: Manfred Neubauer)

Auf Initiative des Wirtschaftsministeriums haben sich deshalb der Tourismusverband Oberbayern München e. V., der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband, die Fachhochschule Salzburg sowie die Industrie und Handelskammer München und Oberbayern zusammengeschlossen, um die Digitalisierungsinitiative "Echt digital" zu entwickeln. Ziel ist es, alle Tourismus-Akteure fit für die Digitalisierung zu machen.

Teil dieses Projekts sind auch die eCoaches. Bisher haben 17 Tourismusfachkräfte die zweisemestrige Spezialisierungsausbildung durchlaufen. Inhalte des Lehrgangs sind neben der Bedeutung der Digitalisierung in der Region auch Suchmaschinenoptimierung, Social-Media-Marketing oder Texten im Internet. Es steht auch Kommunikation im Betrieb auf der Agenda: "Nicht jeder weiß, wie er mit seinem Gast reden soll", erklärt Lortz. Dabei sei der persönliche Kontakt immer noch ganz wichtig.

Kürzlich hat Lortz seine Expertise übrigens am Tourismustag in Wilhelmshaven vorgestellt. "Im hohen Norden ist die Situation ähnlich wie in Bayern", sagt Lortz. Wie im Tölzer Land so müsse man auch dort viele Übernachtungsbetriebe noch fit fürs Internet machen.

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