Tourismus:Gelernt war gelernt

Das Gastgewerbe im Landkreis tut sich immer schwerer, seine Ausbildungsplätze zu besetzen. Harte Arbeit und ein niedriges Einkommen halten viele Bewerber ab. Die Betriebe und Verbände betonen die Karrierechancen

Von Julia Kronwitterund Sebastian Raviol

Anna Puchka

Die 18-jährige Anna Puchka hat sich für eine Ausbildung im Tölzer Posthotel Kolberbräu entschieden und rechnet sich auch für danach gute Chancen auf eine Karriere im Gastgewerbe aus. Mit dem mageren Gehalt in der Lehrzeit kommt sie zurecht, weil sie bei ihren Eltern wohnen kann.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das Gastgewerbe im Landkreis leidet unter wachsendem Nachwuchsmangel. Im vergangenen Jahr haben sich nur noch 37 Auszubildende für die Berufe Koch, Hotel- oder Restaurantfachmann entschieden. Das sind 13 weniger als noch 2011. Damit liegt das Gastgewerbe im allgemeinen Trend, denn auch für die übrige Wirtschaft im Landkreis wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu finden oder selbst auszubilden.

Die Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistung schlossen 2013 nach Angaben der Industrie- und Handelskammer insgesamt 321 Ausbildungsverträge ab, ein Minus von 9,1 Prozent im Jahresvergleich.

Als Hauptgrund gaben die Unternehmen laut IHK an, dass es keine geeigneten oder überhaupt keine Bewerber gegeben habe. Und doch scheinen gerade im Gastgewerbe spezielle Faktoren hinzuzukommen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastronomie (NGG) klagt über die unattraktiven Arbeitsbedingungen. "Stressjobs zum Billiglohn" hatte sie erst im November kritisiert. Auszubildende im zweiten Lehrjahr müssen laut Tarifvertrag mit einem Monatsgehalt zwischen 500 und 640 Euro auskommen. Für auswärtige Auszubildende ist es schwierig, sich damit den Lebensunterhalt und eine Wohnung zu finanzieren. Daher gibt es im Landkreis viele Lehrlinge aus der näheren Umgebung, die noch bei ihren Eltern leben.

Zum Beispiel die 18-jährige Anna Pochka. Die angehende Hotelfachfrau arbeitet im Posthotel Kolberbräu in Bad Tölz und ist gerade im dritten Lehrjahr. "Ich wohne noch bei meinen Eltern und muss keine Miete zahlen. Das geht dann schon mit dem Gehalt, das ich bekomme", erzählt sie. Ihrer Meinung nach seien jedoch alle in der gesamten Branche unterbezahlt für das, was sie täglich leisten müssten. "Für die Anzahl an Stunden, die die meisten von uns arbeiten, ist das wirklich nicht viel Geld", sagt Pochka. Hinzu komme auch noch die körperliche Beanspruchung wie das lange Stehen in der Küche oder die besondere Belastung der Handgelenke in der Gastronomie.

Und doch sei der Lohn angemessen und machbar, befindet Reinhold Krämmel, Vorsitzender des IHK-Gremiums im Landkreis. "Die Vergütung ist nicht der springende Punkt, in eine Branche zu gehen." Selbst eine Lohnverdopplung sei nicht die Lösung. "Alle Branchen kämpfen derzeit um Attraktivität." Da müssten die betroffenen Sektoren mit Ausbildungsqualität punkten. Den Betrieben rät er, Aussichten auf eine gute Karriere zu bieten. Dazu gehöre auch, neue Angebote wie ein Duales Studium und Teilzeitausbildungen einzuführen. Die Schüler hingegen sollten den "Akademisierungswahn" hinterfragen und prüfen, ob es für den jeweiligen Abschlussgrad überhaupt Bedarf gebe. Auch Absolventen mit weniger guten Noten sollten eine Chance bekommen, meint Krämmel.

Karlheinz Leimer, Geschäftsführer des Posthotels Kolberbräu, nennt es sehr wünschenswert, den mittleren Schulabschluss zu haben, um die nötige Vorbildung mitzubringen. "Die erforderlichen Kenntnisse müssen ansonsten in der Ausbildung erst noch gelernt werden. Das kostet viel Zeit." Es sei schwierig, unter den wenigen Bewerbern passendes Personal zu finden.

Der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen und geburtenschwächere Jahrgänge werden laut den Prognosen der Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) dazu führen, dass bis 2022 etwa ein Fünftel weniger Schüler auf die Berufsschulen gehen. Dem Arbeitgeberverband sind diese Probleme bewusst. "Wir haben deshalb die Entgelte für Auszubildende erneut angehoben", sagt die Geschäftsführerin des Dehoga Bayern, Susanne Droux. Mit etwa 40 Euro mehr können die jungen Leute der Branche ab April rechnen - einen Zuschlag in ähnlicher Höhe gab es auch schon im Vorjahr.

Die Arbeitgeber im Landkreis sind sich einig: Schulabgänger müssten besser über die Chancen und Weiterbildungen in der Hotel- und Gastronomiebranche informiert werden. "Man muss die Möglichkeiten der Branche aufzeigen", sagt Leimer. Zum Beispiel diejenige, nach der Ausbildung ins Ausland zu gehen, auf Kreuzfahrtschiffen oder bei Fluggesellschaften zu arbeiten. "Man kann einen guten und abwechslungsreichen Job finden. Doch dafür müssen Hotels und Gastronomie erst einmal die Grundlagen schaffen."

Anna Pochka will diesen Weg gehen: "Ich möchte auf alle Fälle in der Branche bleiben und mich weiterbilden. Es gibt dort wirklich gute Chancen."

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