Tölzer Verdienstmedaille:Im Einsatz für Flüchtlinge, Leonhardifahrt und die Isar

Tölzer Verdienstmedaille: Mit der Tölzer Verdienstmedaille wurden (v.li.) Waltraud Haase vom Verein Asylplus, Manfred Haff vom Bezirksfischereiverband und Ingrid Dostthaler (Leonhardifahrt) von Bürgermeister Ingo Mehner (re.) ausgezeichnet.

Mit der Tölzer Verdienstmedaille wurden (v.li.) Waltraud Haase vom Verein Asylplus, Manfred Haff vom Bezirksfischereiverband und Ingrid Dostthaler (Leonhardifahrt) von Bürgermeister Ingo Mehner (re.) ausgezeichnet.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadt Bad Tölz zeichnet Ingrid Dostthaler, Waltraud Haase und Manfred Haff bei einer Feierstunde im Rathaus für ihr ehrenamtliches Engagement aus.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor Corona war es der Brauch in Bad Tölz, ehrenamtlich Engagierte kurz vor Weihnachten im Stadtrat mit der Tölzer Verdienstmedaille auszuzeichnen. Das Ambiente im holzgetäfelten Saal des Stadtmuseums passte zu der Würdigung, ebenso die Stimmung, die unmittelbar vor den Feiertagen schon ein wenig gehoben war. Nach Corona ist vieles anders: Erstmals seit 2019 ehrte die Stadt mit Ingrid Dostthaler (Leonhardifahrt), Waltraud Haase (Asylplus) und Manfred Haff (Bezirksfischereiverein) wieder Bürgerinnen und Bürger für ihren unermüdlichen Ehrendienst, nun aber im modernen Sitzungssaal des Rathauses, dazu mitten im Hochsommer. "Wir haben festgestellt, dass der Juli auch Vorteile hat, denn wir können hernach zum Umtrunk auf die Dachterrasse gehen", sagte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU).

Vorlesen im Pflegeheim, Trikots waschen, Rettungseinsätze, Kuchen backen für einen guten Zweck, Lebensmittel an Bedürftige ausgeben, Kindern zu Ausflügen oder Turnieren begleiten, soziale Hilfsdienste leisten: Die Bandbreite freiwilliger Arbeit sei enorm, sagte Mehner. "Ohne das Ehrenamt wäre das Leben in unserer Stadt und auch andernorts nicht so, wie es heute ist." Über die Träger der Tölzer Verdienstmedaille befindet der Stadtrat, vorschlagsberechtigt ist jedermann in der Kurstadt. Mit Dostthaler, Haase und Haff seien die Richtigen auserkoren worden, meinte der Bürgermeister. "Jeder von Ihnen hat die Ehrung im hohem Maße verdient." Zugleich danke die Stadt allen, die sich ehrenamtlich in und für Bad Tölz einsetzen.

Seit mehr als zehn Jahren organisiert Ingrid Dostthaler die Stadtwägen mit der Alttölzer Tracht bei der Leonhardifahrt. "So wie ich das mitbekommen habe, ist das mehrere Wochen lang ein 24-Stunden-Job", sagte Mehner. Schon nach den Osterferien kümmert sie sich um die Besetzung der Wägen, wofür insgesamt 70 Frauen und Mädchen gefunden werden müssen. Sie berät über die Tracht, besucht Schneiderinnen, die sie nähen können, bemüht sich um Friseure für Kronen- und Grandlfrisuren. Außerdem setzt sie sich für den richtigen und rechtzeitigen Schmuck der Wägen ein und sorgt noch schnell für Ersatz, falls die eine oder andere Teilnehmerin kurz vor Leonhardi krank wird und ausfällt. "In außerordentlicher Form", so Mehner, setze sich Ingrid Dostthaler für die Tölzer Leonhardifahrt und damit für den Fortbestand dieses Immateriellen Unesco-Kulturerbes ein.

"Wir schaffen das": Dieser kurze Satz der Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise 2015 dürfte in die deutsche Geschichte eingehen. Geschafft wurde die Integration von Migranten aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern jedoch nur, weil es hierzulande Menschen wie Waltraud Haase gibt. Sie habe Merkels Satz nicht als Floskel, sondern als Herausforderung aufgefasst, sagte Mehner. Weil damals Menschen mit unterschiedlichem Bildungsniveau ankamen, recherchierte sie Lernangebote im Internet, fasste diese zusammen und vernetzte sie auf einer eigenen Plattform: Das "Tölzer Modell" war geboren, das sich rasch in Bayern und dann im gesamten Bundesgebiet verbreitete. Die Mathematikerin - von Flüchtlingen liebevoll "Oma Haase" genannt - gründete den Verein Asylplus und richtete einen Computerraum in Kurviertel ein. Inzwischen gibt es auch die multi-linguale App "Ingreat". Wichtig sei ihr stets gewesen, "den Angekommenen Hilfe zu Selbsthilfe zu bieten und ihnen eine berufliche Perspektive zu schaffen", sagte der Bürgermeister.

Ein leidenschaftlicher Kämpfer für die das Ökosystem Isar ist Manfred Haff, der von 1991 bis 2020 als Vorsitzender den Bezirksfischereiverein Bad Tölz führte. Sein Anliegen war vor allem der Schutz und der Erhalt seltener Fischarten. Schon 1995 setzte er sich - auch über den Verein "Rettet die Isar" - für den Bau der ersten Fischaufstiegshilfe an der Geschiebesperre in Vorderriß ein. 2005 war er Mitinitiator der Fischaufstiegshilfe am Tölzer Isarkraftwerk. Um den Lebensraum "Isar" nachhaltig zu verbessern, habe er unermüdlich den Dialog über die kontrovers diskutierte Geschiebeeinbringung in den Wildfluss am Leben erhalten, sagte der Bürgermeister. Haff habe es verstanden, mit allen Beteiligten auf einer sachlichen Ebene über die Renaturierung der Isar zu reden - "das ist eine Fähigkeit, die nicht viele haben und die man nicht hoch genug einschätzen kann". Außerdem gelang dem früheren Vorsitzenden und heutigen Ehrenvorstand noch etwas anderes: Er öffnete den Bezirksfischereiverband für Frauen. "Seit Jahren gibt es dort nun auch aktive Fischerinnen", sagte Mehner.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: