Süddeutsche Zeitung

Tölzer Prügel:Teurer Hund, günstiger Grund

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In mehreren Gemeinden im Landkreis wurde die Hundesteuer deutlich erhöht. Auch in Icking. Dort bleibt allerdings die Grundsteuer weit unter Niveau - was die Villenbesitzer freuen dürfte. Denn sie können sich dadurch ein weiteres Zamperl leisten

Glosse von Claudia Koestler

Der amerikanische Late-Night-Talkshow-Moderator und Comedian Jimmy Kimmel hatte sich jüngst den Zorn des Publikums zugezogen: Als er über den frühmorgendlichen Terror seiner Kinder sprach, die sich weigerten, seine selbst gemachten Pfannkuchen zu essen, plauderte er auch seine Lösung aus. "Alexa", habe er in den Raum gerufen, "bestelle Fertigteigmischung." Woraufhin das internetvernetzte Sprachassistenten-Gerät tätig wurde und die Order aufgab - und zwar bei allen Zuhörern von Kimmel, die ebenfalls ein solches Teil besitzen. Es folgte ein Beschwerdesturm der unfreiwilligen Konsumenten, und Kimmel sah sich nach dieser Erfahrung mit einer ganz neuen Macht ausgestattet: "Alexa", rief er deshalb provokant in der nächsten Sendung, "stelle den Ton auf Maximum und spiele ,Who let the dogs out'!"

Nun ist nicht wirklich bekannt, wie viele Zuschauer Kimmel hier in der Region hat, und ob Alexa zwischen Isar und Loisach zweisprachig ist. Einen nicht unähnlichen Proteststurm dürften aber jüngst Gemeinderäte in mehreren Kommunen ausgelöst haben, weil sie die Hundesteuer erhöhten. Denn die ist einerseits ja grundsätzlich ein diskutables Instrument. Erstmals wurde die Hundesteuer 1807 in Deutschland angewendet - um Kriegsschulden zu tilgen. Heute dient sie eher dazu, die Anzahl der Vierbeiner im Zaum zu halten, die Hinterlassenschaften zu beseitigen und zugleich auch, ja, ein paar Löcher im Haushalt zu stopfen. Abschreckend wirken sollen ferner die Sätze für die Haltung bestimmter Rassen, die als Kampfhunde gelten - für sie werden künftig pro Schnauze und Jahr 1000 Euro in Schäftlarn und Icking und 1200 Euro in Lenggries fällig.

Es ließe sich nun trefflich diskutieren, ob die Hundesteuer nicht doch eine verkappte Luxussteuer ist - und warum diese dann nicht auch für Pferde und Koi-Karpfen gilt. Im Ickinger Fall lässt aber noch eine Diskussion um eine andere Steuer aufhorchen, weshalb anzunehmen ist, dass dort auch nach der Hundesteuererhöhung von 25 auf 60 Euro pro friedvollem Zamperl keiner seinen Vierbeiner verkaufen muss, um künftig selber zu bellen: Die Verwaltung moniert schon seit Jahren, dass die Ickinger Grundsteuer signifikant unter dem Regionsdurchschnitt liegt. An dieser Schraube wollte aber der Gemeinderat nicht auch noch drehen. Was sich dort also der Villenbesitzer seit Jahren spart, kann er nun sicher locker in einen weiteren Hund investieren. Der hat dann ja auch viel Platz im Garten. Und wenn die Gemeinde das nächste Mal für eine Abgabe anklopft, muss er gar nicht Rex, den Rottweiler, rufen, um die Zähne zu zeigen. Er kann zur Abschreckung einfach Alexa bellen lassen.

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SZ vom 01.03.2021
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