Vor Corona herrschten im Tölzer Landratsamt unhaltbare Zustände. Der Bürger und die Bürgerin, also Krethi und Plethi, marschierten unaufgefordert die langen Gänge entlang, steckten ihre Nase in Büros, wo sie nichts zu suchen hatten, und wurden auf den mündlichen Erlass "Sie warten draußen!" manchmal sogar pampig. Sie hockten die Kfz-Zulassungsstelle voll, bildeten krumme Warteschlangen vor der Fahrerlaubnisstelle, lümmelten auf den Sitzen vor dem Empfang herum wie Obdachlose auf Parkbänken. So konnte es nicht mehr weitergehen. Aber dann kam gottlob die Pandemie - und seither ist Schluss mit diesem Politiker-Quatsch von der bürgernahen Behörde.
Vor dem Haupteingang wachen seit Jahr und Tag freundliche Security-Leute. Haben Sie einen Termin? Nein? Dann tut es uns wirklich leid, auf Wiedersehen. Nun ist Corona allmählich vorüber, aber der Sicherheitsdienst steht immer noch dort. Anders als in den Rathäusern, wo der Durchgang für die Gemeindebürger längst wieder freigegeben ist. Die Kreisbehörde in Bad Tölz ist hingegen einen Schritt weiter, sprich zurück, und erinnert sich wieder an die glorreichen Beamtenzeiten unter Kaiser Wilhelm, wo man ohne Arbeit keine Aufenthaltserlaubnis und ohne Aufenthaltserlaubnis keine Arbeit bekam. Hier gilt nun: Ohne Termin kein Einlass und ohne Einlass kein Termin.
Denn wer glaubt, er könne im Landratsamt einfach anrufen - eben wegen eines Termins oder auch nur, weil er eine Verständnisfrage zu einem Bescheid hat -, der täuscht sich. Die Telefone sind in der Regel nicht besetzt. Auch nicht Notfallnummern wie im Frühjahr, als ukrainische Flüchtlinge ankamen - die Unterbringung in der Nacht durfte damals meist die hilfsbereite Tölzer Polizei bewerkstelligen. Nur online hat der Bürger eine Chance, vielleicht eine Antwort zu bekommen. Wobei auch hier die Betonung auf "vielleicht" und nicht auf "Antwort" liegt. Aber das ist ja auch normal: Die Mitarbeitenden im Landratsamt haben eben sehr viel zu tun, mehr als Leute in anderen Berufen mit Kundenkontakt, so zwischen Mittagspause und Kaffeepause und Dienstschluss.
Verständlich also, dass das Landratsamt die Bürgernähe jetzt gleich ganz im Keller verräumen will - Corona hin, Pandemie her. Ein neuer Empfang soll im Eingang der Behörde entstehen - mit Drehkreuzen, wo man die Terminbestätigung per Smartphone einscannen darf. Der Umbau kostet dann 48.000 Euro und noch eine 1,15-Stelle dazu für die Info-Theke dahinter. Ein rechter Krethi, der nun lästert, der Bürger bezahle also mit Steuergeld, dass er besser draußen bleibt. Den Plan hält Barbara Schwendner, Kreisrätin der Grünen, für keinen guten Umgang. Aber das stimmt so nicht. Es soll ja weder ein guter noch ein schlechter, sondern kein Umgang sein. Für die nächste Stufe böte sich da an, das alte Kasernengeviert wieder in das zu verwandeln, was unter der US-Army einmal war: eine Sperrzone. Unbefugtes Betreten verboten. Vorsicht, Schusswaffengebrauch.