Tölzer Kurviertel:Der Tourismus geht weiter vor

Wandelhalle

In ihre leer stehende Wandelhalle im Kurviertel möchte die Jod AG Wohnungen einbauen. Mit dem neuen Bebauungsplan ist dies erst einmal nicht möglich.

(Foto: Manfred Neubauer)

Damit das Quartier nicht zum reinen Wohnviertel wird, hat der Tölzer Stadtrat ein Sondergebiet geschaffen. Es kann aber Ausnahmen geben.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Kurviertel in Bad Tölz soll nicht zu einer reinen Schlafsiedlung verkommen. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung dem Bebauungsplan "Sondergebiet Bäderviertel Mitte" zugestimmt, das auf dem Gelände vom Kurhotel Eberl bis hinüber zur Wandelhalle und dem Herderpark eine touristische Nutzung vorschreibt. Zugleich verhängte er eine Veränderungssperre. Dagegen votierte lediglich Florian Rein (FWG). Zusammen mit den Bebauungsplänen Zollhausweg sowie "Badeteil Mitte" für das Areal des Hotels Jodquellenhof und des ehemaligen Spaßbads Alpamare hat sich die Stadt damit im Herzen des Kurviertels eine Fläche von 8,8 Hektar gesichert, auf der Hotels, Tagungsstätten, Arztpraxen oder andere Angebote für Gesundheit entstehen sollen.

"Wir sollten Pflöcke einschlagen", sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger. Derzeit sind die Eigentümer von Grundstücken in dem neuen Sondergebiet nach seinen Worten schon dabei, mit potenziellen Bauträgern zu verhandeln, die dort Wohnhäuser errichten wollen. Käme dies so, wären die Flächen für touristische Projekte ein für alle Mal weg, sagte Fürstberger. Außerdem sollen einige Besitzer dem Landratsamt auch angeboten haben, ihre Areale für Asylunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Über diesen Umweg könnte später ein Baurecht für Wohnungen juristisch durchgedrückt werden. Eine Vorgehensweise, die Stadträtin Camilla Plöckl (SPD) als "Frechheit" bezeichnete. Das meist aus Grünflächen bestehende Gebiet, das der neue Bebauungsplan umfasst, sei für Tourismus und Gesundheit entscheidend. "Wir würden sonst viel aufgeben."

Dem Vorhaben der Jod AG, Wohnungen in die denkmalgeschützte Wandelhalle einzuziehen, ist damit baurechtlich erst einmal ein Riegel vorgeschoben. Zugleich signalisierte Fürstberger jedoch Gesprächsbereitschaft. Eine Veränderungssperre bedeute nicht, dass ein Eigentümer auf seinem Grund und Boden gar nichts mehr machen dürfe, sagte der Bauamtschef. "Er kann aktiv mitplanen." Lege die Jod AG zum Beispiel ein touristisches Konzept vor, das tragfähig sei, "dann können wir sagen, wir nehmen Wohnungen zur Querfinanzierung in Kauf". Das dürfte beim Kurhotel Eberl der Fall sein. Die Inhaber wollen ihr Haus ausbauen und planen zur Quersubventionierung nebenan Ferienwohnungen, die in dem neuen Sondergebiet eigentlich nicht erlaubt sind. "Die Botschaft heißt: Wenn du mit einem gescheiten Konzept kommst, stehen dir alle Türen offen", resümierte Willi Streicher (SPD). Zugleich erlaubt er sich den Schlenker, dass er immer noch "beleidigt" sei, weil der Herderpark zum Teil mit den Fontavia-Parkvillen bebaut wurde. "Das ist unser Englischer Garten."

Die Wandelhalle bezeichnete Christof Botzenhart (CSU) als "prekäres Objekt". Über die Idee der Jod AG, das lang gestreckte Gebäude mit Appartements zu füllen, sprach er nach eigenem Bekunden mit dem Landesamt für Denkmalschutz. "Die können sich das überhaupt nicht vorstellen", sagte Botzenhart. An einen Erfolg von Verhandlungen zwischen der Stadt und der Jod AG über die Zukunft der Wandelhalle glaubt er nicht. "Ich denke, da ist kein vernünftiger Dialog möglich." Anders äußerte sich Peter Wiedemann (FWG). Die Stadtverwaltung solle hier alle Möglichkeiten ausloten und das Gespräch suchen, forderte er. Eine Wandelhalle, von der Putz herunterfalle, blockiere auch Hotelpläne, schon das nahe Hotel Jodquellenhof wirke inzwischen alles andere als einladend. Für Bürgermeister Josef Janker (CSU) ist nicht die Stadt am Zug. "Deshalb müssen wir jetzt nicht schon übers Stöckerl springen."

Eine einsame Position vertrat Florian Rein im Stadtrat. Eine Wandelhalle mit Wohnmodulen apostrophierte er als "super Idee", um das denkmalgeschützte Gebäude vor dem Verfall zu bewahren. Im Übrigen bezweifelte er, dass sich Hotelinvestoren für das Sondergebiet finden lassen. "Wir brauchen nicht nur Betreiber, sondern auch die entsprechende Menge an Gästen", sagte er. Mit dem Haus Bruckfeld und dem Areal Jodquellenhof/Alpamare habe die Stadt schon genügend Flächen im Bäderviertel, die dem Tourismus dienen sollen. Die Folge sei nur, dass die Grundstücke im "Bäderviertel Mitte" in den nächsten zehn, 20 Jahren brach liegen, warnte Rein. Dem widersprach Fürstberger: Komme ein Hotelbetreiber, würden auch andere auf den Standort in Tölz aufmerksam. Einen unansehnlicher Stillstand, wie er jahrzehntelang im Ortszentrum von Bad Heilbrunn herrschte, befürchtet der Bauamtsleiter nicht: "Unbebaute Grundstücke kann man nicht mit schwarzen Kreuzen vernageln."

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