Ist es statthaft, dass eine Kommune die Besitzer von Hotels, Pensionen und Gästehäusern auf eine touristische Nutzung festlegt? Eben diese Frage verneinen Gastgeber, die ihre Häuser auf der kurzen Strecke an der Buchener Straße zwischen Berliner Platz und Seppstraße in Bad Tölz haben. Als der Stadtrat im Jahr 2021 den Bebauungsplan „Innere Buchener Straße“ verabschiedete, protestierten unter anderem ein Vermieterpaar von Ferienwohnungen und die Betreiber eines Sanatoriums – allerdings erfolglos. Nun werden sie wohl auch in einem Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) den Kürzeren ziehen.
„Ziel ist doch, dass es bei der Nutzung bleibt“, sagte die Vorsitzende Richterin Gertraud Beck in der mündlichen Verhandlung. „Das ist doch ein legitimes Ziel der Stadt.“ Nach Ansicht des Gerichts sei die Stadt berechtigt, das Sondergebiet mit den Nutzungsbeschränkungen festzusetzen. Das Urteil steht aber noch aus.
„Der Wert des Grundstücks wird nahezu halbiert“, so ein Anwalt
Die Betreiber der Ferienwohnungen und des Sanatoriums waren vor Gericht gezogen, um die „Unwirksamkeit des Bebauungsplans“ feststellen zu lassen. Von einer „willkürlichen Enteignung“ sprach die Inhaberin des Sanatoriums. Wie die Anwälte der Kläger argumentierten, schränke die Stadt mit dem Bebauungsplan deren Eigentumsrechte ein. „Der Wert des Grundstücks wird nahezu halbiert“, sagte der Anwalt der Sanatoriumsbetreiber. Das begrenze die Entwicklungsmöglichkeiten. Weil derzeit „kein Silberstreif“ zu sehen sei, dass sich das kriselnde Tölzer Badeteil zum Besseren entwickeln werde, müssten seine Mandanten ihre wirtschaftliche Tätigkeit womöglich einstellen. Allein an ihnen liege es, dass das Haus aktuell erfolgreich sei.
Die Anwältin des Betreiberpaars der Ferienwohnungen sprach von einem „Nebeneinander von Fremdenbeherbergung und Dauerwohnen“ im gesamten Kurviertel. Die Stadt habe den Geltungsbereich des Bebauungsplans willkürlich gesetzt, meinte sie. Zudem hätte die Kommune im Sondergebiet auch einen gewissen Prozentsatz an dauerhaft vermietbaren Wohnungen zulassen können. Durch eine entsprechende Verpachtung könnten so die Betreiber ihr Tourismusgeschäft am Laufen halten, so die Anwältin. Die Ferienwohnungen seien nur noch in der Sommersaison profitabel, ergänzte die Inhaberin, und im Winter kaum noch zu vermieten. Es sei wirtschaftlich nicht darstellbar, dass ihre Tochter von sieben Ferienwohnungen leben könne.
Mit Bebauungsplänen gegen Wohnungsspekulation
Im Badeteil arbeitet die Stadt generell mit Bebauungsplänen, um die touristische Infrastruktur zu erhalten oder weiterzuentwickeln. „Wir wollen die Flächen für den Tourismus erhalten. Das ist doch eigentlich im Sinne Ihres Geschäfts“, hielt der Anwalt der Stadt den Klägern vor. Zwar greife man durch die Bebauungspläne in Eigentumsrechte ein. Aus kommunaler Sicht gebe es jedoch keine Alternative, um zu verhindern, dass alles mit Wohnungen zugebaut werde und der Tourismus weiter zugrunde gehe. Der Anwalt widersprach deshalb auch, im Bebauungsplan einen Anteil an dauerhaften Wohnungen zu gestatten. Im Zentrum des Badeviertels sollten wegen der bereits dichten Bebauung keine zusätzlichen Baufenster geschaffen werden.

In unmittelbarer Nähe der Inneren Buchener Straße liegen die Wandelhalle und der dazugehörige Parkplatz, etwas weiter entfernt auch das ehemalige Spaßbad Alpamare. Das Gelände liegt seit Jahren brach und wächst zu. Von „einem Saustall“ mit sich ansammelndem Müll sprach der Inhaber der Ferienwohnungen. Auch dort möchte die Stadt eine touristische Nutzung mithilfe eines Bebauungsplans festsetzen. Die Jod AG als Eigentümer will aber unter anderem Wohnungen bauen und hat deshalb eine Normenkontrollklage beim Bayerischen Verwaltungsgericht eingereicht.
Laut der Vorsitzenden Richterin hat Bad Tölz aktuell die meisten Normenkontrollverfahren an diesem Gericht. Das sei nicht negativ zu sehen, weil sich viele Kommunen davor drückten, Bebauungspläne aufzustellen. Wo eine Kommune dafür die rechtliche Grenze setze, stelle die Rechtsprechung relativ frei. Aus Sicht des Gerichts habe die Stadt bei der Buchener Straße umfassend zwischen öffentlichem Interesse und dem der Eigentümer abgewogen. Mit den Bebauungsplänen hoffe die Kommune auf eine eine Chance, um die Wohnungsspekulation wegen des hohen Zuzugsdrucks in den Griff zu bekommen, so der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner (CSU).