Kultur in Penzberg„Ich dachte, ich mache die Musik lieber selber“

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Thomas Kopf hat sich ein Tonstudio im Keller seines Wohnhauses eingerichtet.
Thomas Kopf hat sich ein Tonstudio im Keller seines Wohnhauses eingerichtet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Penzberger Liedermacher Thomas Kopf hat ein Album mit zwölf Songs eingespielt, von und mit Kindern. Inspiriert wurde er von seiner Tochter Amelie.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Authentizität ist ein Begriff, der oft genannt wird, wenn es um die Bewertung von Musik geht – begleitet von Adjektiven wie „unverfälscht“ oder „bodenständig“. Thomas Kopf macht solch „echte Musik“, geerdet wie er selbst, mehr Kumpel als Popstar. Der 46-jährige Penzberger schreibt Lieder und baut mit seiner Musik Brücken zwischen Menschen und ihren Geschichten. Seine größte Inspiration ist Tochter Amelie. Thomas Kopf hat ein Album mit Kinderliedern herausgebracht: zwölf Songs für Kids und ihre Eltern – selbst geschrieben, komponiert und produziert. Der Titel der CD bot sich an: „Lieder im Kopf“.

Bei sich zu Hause bietet Thomas Kopf Kaffee an, bevor er sich an den Esstisch setzt. „Das macht keine Umstände.“ Musik, erzählt er nach dem ersten Schluck, habe er schon immer gemacht. Sein Instrument ist die Gitarre, seine Stimme kraftvoll markant und doch einfühlsam. Den ersten Song schrieb er als Jugendlicher mit 14, 15 Jahren. „Über das Ozonloch. Das Thema hat mich damals bewegt.“ Liedermacher nenne er sich erst seit zwei, drei Jahren, betont Kopf. Seit er begonnen habe, Kinderlieder zu schreiben. Als Schüler stand er auf Hardrock. „AC/DC und so. Wuid und laut.“ Später, zu Abi-Zeiten, wandte er sich der Folk-Musik zu. „Mehr irische Richtung.“ Mit seinen beiden besten Freunden trat er als Band mit dem Namen Nothing else better auf, sang im Schul- und Gospelchor in seiner Heimatstadt Schwandorf. „Das war schon krass“, meint Kopf, „Auftritte bei 40 Hochzeiten im Jahr.“ Daraus ist eine lebenslange Verbundenheit entstanden. Wenn ihn der Ruf ereile, „dann spiel’ ich daheim auf dem Bürgerfest“.

Neben der Gitarre spielt Kopf auch Ukulele.
Neben der Gitarre spielt Kopf auch Ukulele. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Musik machen ist das eine, Geld verdienen das andere. Kopf entschied sich, nach dem Abitur Polizeibeamter zu werden. Von Nürnberg ging es im Jahr 2000 nach München. Seine Musik gab er nie auf, wenngleich in der räumlichen Enge seiner Wohnung nicht viel Platz für entsprechendes Equipment war. Aber: „Mit iPad und Kabel geht das Aufnehmen relativ gut“, erzählt er. Heute arbeitet Kopf beim Landeskriminalamt in München. Der Freistaat sei ein sozialer Arbeitgeber, sagt der 46-Jährige. Dank Homeoffice habe er Zeit für seine Familie – und für seine Musik.

Der Donnerstag gehört ganz dem Komponieren. Oder auch mal dem Spintisierten. Denn nicht jeder Song, der im eigenen Tonstudio entsteht, schafft es auch vors Publikum. „Manchmal beißt sich ein Reim einfach fest.“ Was nicht bedeuten müsse, dass er letztlich „zündet“. Das Lied, mit dem alles angefangen habe, gesteht Kopf, sei nie veröffentlicht worden. Der britische Singer-Songwriter Ed Sheeran habe gesagt, dass Ideen einfach heraus müssten. „Auch wenn ein Schmarrn dabei rauskommt“, sagt Kopf. Wenn ihn ein Reim „antriggert“, sei die Melodie schnell gefunden.

„Bei dem Singsang krieg ich einen Vogel“

Als er sich mit seiner Frau Johanna entschied, in ihr Elternhaus nach Penzberg zu ziehen, stand fest: „Im Keller bekomme ich einen Raum, wo ich mich austoben kann.“ Thomas Kopf führt die Treppe hinab in sein Reich. Für ein paar Hundert Euro, erzählt er, habe er sich eine Grundausstattung für sein Tonstudio angeschafft. Nach oben gebe es da kein Limit, je nachdem, was man wolle. 80 Prozent seien allerdings in die Optimierung der Akustik geflossen. „Für weitere Wünsche müsste ich erst mit meiner Frau streiten“, scherzt der 46-Jährige.

Wer Kinder hat, wisse, wie nervtötend die üblichen Lieder sein können. „Bei dem Singsang kriege ich einen Vogel“, erzählt Kopf. Gerade im Auto. Da könne es schon mal Zank „von hier bis Bibione“ geben. Und es bleibe ja meist nicht bei einmal anhören. „Ich dachte, ich mache die Musik lieber selber, hole die Kids mit den Texten ab und komponiere zugleich Lieder, die die Eltern auch noch halbwegs gerne anhören.“

In seinem Hobbykeller nimmt der Penzberger seine Lieder auf.
In seinem Hobbykeller nimmt der Penzberger seine Lieder auf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Grillen auf der Terrasse nahm das Kinderliederprojekt „Lieder im Kopf“ seinen Anfang. Ein Bandmitglied aus der Jugendzeit war mit seinen Kindern zu Gast. „Wir haben rumgereimt“, erzählt Kopf. Aus einem Vierzeiler entstand das „Piratenlied – voll genial“. Kopf war begeistert, wie sich die Kinder animieren ließen und engagiert bei der Sache blieben. „Auch wenn es Fantasiewörter waren, es kamen Superideen heraus.“ Die Texte für Songs selbst zu erfinden, fördere die Kreativität, das Sprachempfinden und erweitere den Wortschatz der Kinder, betont Kopf. Obendrein mache es Laune. „Wenn die Kids sehen: Der Reim ist von mir, dann ist das wie ein Stück Unsterblichkeit“, sagt er, fügt dann aber schnell hinzu: „Das ist ein großes Wort.“

Aus den Liedern für seine mittlerweile siebeneinhalb Jahre alten Tochter wurde ein Projekt. Das Album, das 2024 erschien, war der erste Schritt. Die Songs wie „Monster“ oder „Morgenkreis“ laden zum Mitsingen, Mitklatschen und Mitmachen ein und helfen den Kindern dabei, sich mit der Musik und den Geschichten darin zu identifizieren. Davon sollten mehr Mädchen und Buben profitieren, fand Kopf und bot Workshops für dritte Klassen an. Darin leitete er Kinder an, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen und setzte mit ihnen Songs um. Die Arbeit mit jungen Menschen möchte er künftig ausweiten. Beim Kinder- und Jugendtag am Sonntag, 4. Mai, (13 bis 18 Uhr) rund um das Geretsrieder Jugendzentrum Saftladen tritt Thomas Kopf live auf der Bühne auf.

Mit dem Lied „Bunt“ traf Kopf einen Nerv

In Penzberg hat der 46-Jährige mit seinem Song „Bunt“ einen Nerv getroffen. Er habe nicht den Drang, ein politischer Liedermacher zu sein, erzählt Kopf. Aber es sei momentan so viel los auf der Welt, das nachdenklich stimme. Seiner Tochte Amelie müsse er erklären, was da passiere.  Da könne es schon sein, dass ihn sein Füller zu Themen hinführe wie Krieg oder Fremdenfeindlichkeit. Bei der Kundgebung „Penzberg bleibt bunt“ vor der Bundestagswahl im Februar 2025 hat er mit seinem Song, der sich gegen Rassismus positioniert, viel positives Feedback erhalten. „Das motiviert schon, wenn ich Menschen emotional abholen kann. Und es ehrt mich“, sagt Kopf.

Man dürfe nie aufhören, miteinander in den Dialog zu kommen, sinniert er weiter. Das gelte für den „Typ überm Deich“ genauso, wie für Menschen hierzulande, die die AfD wählen. „In Diskussionen wird man sie nicht überzeugen, aber man muss auf sie zugehen und zuhören, warum sie Ängste haben.“ Das sei der Wesenskern eines Kompromisses. Das gegenseitige Zuhören sei jedoch eine Kunst, die verloren gegangen zu sein scheine, sagt Kopf.

Kopf ist nicht nur Liedermacher, sondern auch sein Produzent und Marketingleiter. Er bespielt mehrere Online-Kanäle wie Spotify oder Youtube. Die Musik ist für den 46-Jährigen trotz seines Engagements aber ein „Hobby mit Verlustanteil“, wie er sagt.  Aber: „Träumen darf man.“ Es gebe durchaus Beispiele für erfolgreiche Musikmacher, die mit Kinderliedern ihren Lebensunterhalt verdienten, erzählt er weiter. Simone Sommerland etwa, der wohl unbekannteste Star Deutschlands, verwies Helene Fischer oder Abba in den Albumcharts auf hintere Plätze. Ihr folgen Millionen online. 2023 war ihr Album „Die 30 besten Spiel- und Bewegungslieder“ 460 Wochen in den deutschen Charts.

Von seinem Album „Lieder im Kopf“ hat der Penzberger 300 Exemplare pressen lassen und schon etliche verkauft. Aber darum geht es dem Singer-Songwriter nicht. Er möchte mit Kindern arbeiten, sagt Kopf. Was dabei zurückkomme, mache ihn glücklich. „Damit habe ich meinen Auftrag als Liedermacher schon erfüllt.“

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