Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft in Bad Tölz-Wolfratshausen:"Wir brauchen die Gastronomie"

Taxifahrer kämpfen seit Ausbruch der Corona-Pandemie um ihre Existenz. Die neuerlichen Lockerungen geben ihnen nun wieder etwas Hoffnung

Von Paulina Porer

Auch sie hat die Corona-Pandemie stark getroffen: die Taxler im Landkreis, denen vor allem der Lockdown zu schaffen machte. "Wir machen halt die paar Krankenfahrten, die wir noch haben", sagt der Taxiunternehmer Michael Much, aber ansonsten sei das Fahrgastaufkommen seit Ausbruch der Pandemie sehr gering. "Wer braucht im Lockdown schon ein Taxi", sagt er.

Muchs Firma fährt in der Regel mit bis zu neun Fahrzeugen - 365 Tage, rund um die Uhr. Mit der nächtlichen Ausgangssperre habe das aber keinen Sinn mehr ergeben. Das Nachtgeschäft ist komplett ausgefallen, auch aufgrund der ganzen Schließungen. "Tagsüber ist es eigentlich recht okay, denn da haben wir noch die Schüler, Krankenfahrten und diverse Besorgungsfahrten mit älteren Herrschaften", erklärt Taxifahrerin Claudia Podobnik. "Aber nachts ist es sehr, sehr ruhig." Und ihr Wolfratshauser Kollege Peter Schwuchow berichtet von ähnlichen Erfahrungen, wenn man mit ihm spricht. "Man kämpft halt", sagt er. "Aber es scheint ein Lichtblick am Ende des Tunnels." Denn wegen der kürzlich auf den Weg gebrachten Öffnungen merke man schon, dass sich auch wieder mehr Menschen chauffieren lassen. So sei es auch schon im vergangenen Jahr gewesen. "Vor dem zweiten Lockdown wurde es dann immer besser", berichtet Schwuchow. "Bis dann zugesperrt wurde. Und puff wieder war alles weg." Das Hauptgeschäft bleibe jedoch immer noch aus, betont er: die Flughafenfahrten. "Es fliegt kein Mensch mehr", sagt Schwuchow.

Diese lukrativen Aufträge fehlen auch einem selbständigen Taxler, der in Wolfratshausen und Geretsried mobil ist, seinen Namen aber lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Aufgrund der fehlenden Flughafenfahrten, den ausbleibenden Transfers zum Münchner Hauptbahnhof und den nur noch seltenen Fahrten mit Touristen und Geschäftsleuten sei sein Geschäft seit dem ersten Lockdown komplett eingebrochen. "Wir leben jetzt im Endeffekt nur noch von den treuen Stammkunden, die zum Friseur fahren oder zum Arzt und von Krankenfahrten." Denn die Leute seien alle vorsichtiger geworden. Langfristig aber könne er so nicht überleben.

Taxifahrerin Podobnik hat ähnliche Erfahrungen gemacht: "Die Kunden fragen immer nach, wie viel Leute mitfahren dürfen", sagt sie. Maximal zwei Personen nimmt sie auf der Rückbank mit. "Die Leute haben richtig Angst, das merkt man noch." Die Wolfratshauserin macht sich wegen der zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen keine Sorgen, dass sie sich anstecken könnte. Und auch Peter Schwuchow beschwichtigt. "So wild ist das nicht", sagt er. "Wir desinfizieren ja die Autos - und bei uns sind jetzt schon fast alle zum ersten Mal geimpft." Taxifahrer werden als Dienstleister im öffentlichen Personennahverkehr der Prioritätsgruppe Drei zugeordnet. Auch für Unternehmer Much sind die Impfungen eine Erleichterung. Dennoch sorgt er sich um die eigene Gesundheit: "Du bist nah am Kunden, sitzt im Auto, weißt nicht, wen du drin hast, ist die Person infiziert oder nicht."

Finanzielle Erleichterung hat den Taxifahrern die staatlichen Soforthilfe im vergangenen Jahr verschafft. Längerfristig geholfen habe diese aber nicht, sagt Much. "Die war nach zwei Monaten verpufft, da haben wir dann Verluste eingefahren ohne Ende." Er hofft nun auf die Wiederöffnungen der Gasthäuser, die für die Taxifahrer besonders wichtig ist. "So wie die Gastronomie ein Taxiunternehmen braucht, brauchen wir die Gastronomie", sagt Much. "Wir sehen uns auf Augenhöhe und freuen uns natürlich, wenn es jetzt wieder aufwärts geht." Wenn die Wirtshäuser wieder richtig aufsperren dürften, würde er auch wieder mehr Fahrzeuge zum Einsatz bringen.

Trotz der Lichtblicke gibt es auch Taxler, die daran zweifeln, ob ihr Geschäft jemals wieder so laufen wird wie früher, vor Corona. Durch die Pandemie-Erfahrung hätten sich die Leute oft besser organisiert, nun gebe es oft schon einen alternativen Plan für die Rückfahrt, sagen manche. Schwuchow dagegen glaubt, dass die Leute wieder schnell in ihre alten Rhythmen zurückfallen werden. Und auch Podobnik hat Hoffnung: "Wenn die Jugend wieder in Lokale darf und man sich untereinander mit mehreren Personen trifft, dann geht es auf alle Fälle wieder aufwärts", ist sie überzeugt. Auch Much blickt positiv in eine Zukunft ohne Ausgangsbeschränkungen. "Die jungen Leute freuen sich wieder, und der eine oder andere ruft dann auch wieder ein Taxi".

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SZ vom 02.06.2021
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