Tassilo-Preisträger 2010:"Entscheidend ist die Begeisterung"

Imbrothersation; Raphael Mayrhofer, Schlagzeuger, Imbrothersation

Raphael Mayrhofer unterrichtet seit kurzem eine sechste und eine neunte Klasse in München.

(Foto: Christoph A. Hellhake/oh)

Und die gibt Raphael Mayrhofer am liebsten an Schüler und Laien weiter. Oder er teilt sie mit seinem Bruder.

Interview von Stephanie Schwaderer

Imbrothersation nennen sich Raphael und Gregor Mayrhofer, wenn sie - frisch, frech und brüderlich - an Schlagzeug und Klavier improvisieren. 2010 wurden die beiden Wolfratshauser mit einem Tassilo-Hauptpreis geehrt. Mittlerweile macht Gregor (28) als Dirigent Karriere, er studiert an der Juilliard School in New York; Raphael (26) hat sein Studium an der Münchner Hochschule für Musik abgeschlossen und arbeitet als Referendar am Münchner Theresien-Gymnasium.

SZ: Ein Schlagzeuger mit Dreadlocks - Sie sind vermutlich der coolste Lehrer an der Schule, oder?

Raphael Mayrhofer: Am Anfang hat man damit schon einen kleinen Bonus - das Tuscheln, wenn man durch den Gang geht und es sich nach und nach herumspricht, dass man tatsächlich Lehrer ist. Aber das gibt sich schnell. Und dann muss man sich die Aufmerksamkeit hart erarbeiten.

Gefällt Ihnen das Lehrerdasein?

Sehr! Es macht mir großen Spaß herauszufinden, was Kinder und Jugendliche hören, was sie wahrnehmen und was nicht. Die Arbeit ist anstrengend, es ist nicht leicht, sie bei der Stange zu halten, aber wenn ich selbst von etwas begeistert bin, kann ich auch sie begeistern. Und ich kann viel von ihnen lernen.

Zum Beispiel?

Vor kurzem habe ich in einer achten Klasse eine Stunde über Punk gehalten. Ein Schüler kannte sich richtig gut aus, er hat von Bands erzählt und Zusammenhänge aufgezeigt, die mir neu waren. Ich hatte die Stunde so vorbereitet, dass am Ende drei Schüler einen Punk-Song praktizieren konnten: mit E-Gitarre, Bass und Schlagzeug - obwohl sie diese Instrumente eigentlich gar nicht spielen. Das hat Spaß gemacht.

Wann haben Sie sich entschieden, Musiklehrer zu werden?

Relativ spät, als Abiturient am Geretsrieder Gymnasium hatte ich Kunst-Leistungskurs gewählt. Dann kam Bernhard Zink als Musiklehrer an unsere Schule und hat seine Musical-Projekte gemacht - das hat nicht nur mich, sondern viele von uns beeinflusst. Er hat uns durch seine Arbeit angespornt, bei der Musik zu bleiben.

Hätte es Sie nicht gereizt, Berufsmusiker zu werden?

Ich habe mir am Ende des Schulmusik-Studiums überlegt, Chorleitung als Hauptfach weiterzustudieren. Für die Arbeit mit Laien - in der Schule, im Kirchenchor, bei Projekten - ist eine ausgereifte Musikerpersönlichkeit wichtig. Aber entscheidend ist letztlich die Erfahrung, die man sammelt und die eigene Begeisterung für die Musik.

Beneiden Sie manchmal Ihren Bruder?

Wenn ich auf Facebook sehe, dass er in New York im 20. Stock wohnt und die besten Lehrer hat, die man sich vorstellen kann, dann finde ich das toll. Ich freue mich da wirklich sehr für ihn, weil er sich das mit seiner Arbeit hart erkämpft hat: sehr diszipliniert, perfektionistisch im positiven Sinne. Es ist schön zu sehen, wie weit er gekommen ist und vermutlich noch kommen wird. Aber ich merke auch, wie viel Spaß es mir macht, Menschen, die eigentlich gar nichts mit Musik zu tun haben, zu zeigen, wie erfüllend das ist. Wir arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen, die, glaube ich, gleichermaßen wichtig sind: Mein Bruder mit Spitzenmusikern, ich mit Laien.

Gibt es Imbrothersation noch?

Ja! Auch wenn es nicht einfach ist, Termine zum Proben und Auftreten zu finden. Ende Juni werden wir ein Konzert in Geretsried und vermutlich eines in Dachau geben. Das Grundlegende beim Musizieren ist sofort wieder da, wenn wir uns hinsetzen. An den Feinheiten muss man dann noch feilen. Aber wir genießen es, auf diese Art Jazz zu spielen: Aus dem Bauch und aus dem Herzen.

Welche Bedeutung hatte der Tassilo-Preis für Sie?

Für uns war Imbrothersation zunächst nur unser kleines Projekt. Dass wir plötzlich von einer höheren Instanz wahrgenommen wurden, dass wir im SZ-Hochhaus von Klaus Doldinger einen Preis überreicht bekommen haben, das war toll, inspirierend, ein neuer Ansporn, sich weiter zu professionalisieren und die Suche nach neuer Musik weiterzuführen.

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