SZ-Kulturpreis Tassilo:Spezialist für allerlei

SZ-Kulturpreis Tassilo: Kann alles außer Langweile: Heinrich Zapf bei einer Laudatio für den Wolfratshauser Kinderchor.

Kann alles außer Langweile: Heinrich Zapf bei einer Laudatio für den Wolfratshauser Kinderchor.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Heinrich Zapf ist ein reflektierter, bescheidener Mensch - doch wenn er künstlerisch loslegt, wird's intensiv. Egal, ob bei der Musik, beim Kabarett oder beim Volkstanz: Das Publikum bekommt etwas Besonderes geboten.

Von Gregor Miklik, Wolfratshausen

Wie er das macht, bleibt sein Geheimnis. Heini Zapf braucht nur seine Bassklarinette zu stimmen, und schon wird es still in der Runde. Das liegt nicht nur an den tiefen brummenden Tönen. Gelassen konzentriert er sich auf die Klappen und Tonlöcher, leckt sich noch einmal über die Lippen - und füllt mit seiner Präsenz den ganzen Raum in der Wolfratshauser Musikschule aus. Er selbst nennt sich eine "Rampensau". Um die Bandbreite seines Schaffens zu erleben, bräuchte man eigentlich mehrere Abende. Als Musiker und Kabarettist hat Zapf sich ebenso einen Namen gemacht wie als Lehrer für Klarinette, Hackbrett, Gitarre, Volkstanz und Schul-Musik sowie als Musical-Regisseur. An diesem Abend hat er wieder einmal zum Musikantenstammtisch eingeladen.

Mit dabei sind die von ihm geleiteten Musikschul-Ensembles Bassd Scho und Irish Bayerisch sowie zwei befreundete Gruppen. Alle haben nicht nur Noten, sondern auch etwas fürs Buffet mitgebracht. Bevor es mit der Musik losgeht, macht Zapf erst einmal eine Inspektionsrunde, stellt breit grinsend einen Träger Helles zu den Schüsseln und Tellern und öffnet sich gleich selbst die erste Flasche. Bierernst muss es an diesem Abend nicht zugehen.

SZ-Kulturpreis Tassilo: Heinrich Zapf beim Musikantenstammtisch.

Heinrich Zapf beim Musikantenstammtisch.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Geboren wurde Heinrich Zapf 1957 in München als zweites von vier Kindern. Der Vater war Hausverwalter, spielte abends die Zither und unterhielt gesellige Runden mit Pantomime und Geschichten. Privat war ihm wichtig, dass die Familie gemeinsam Musik machte. Die Kinder erlernten mehrere Instrumente, bei Heinrich waren es Hackbrett, Zither, Gitarre und Klarinette. Als Mitglieder im Trachtenverein wurden die Zapfs für Auftritte gebucht: Singen, Spielen und Schuhplatteln brachten Applaus, Geld und warmes Essen. "Das gefiel mir alles", sagt Zapf im Rückblick. Mit 13 Jahren improvisierte er vor seiner Schulklasse erstmals eine Pantomime, die er sich vom Vater abgeschaut hatte, dann begann er mit G'stanzln, also Spottliedern. "Mir ging's darum, mit Worten zu spielen, schräge Gedanken zu platzieren und das Publikum zu unterhalten." Das habe gut geklappt. Auch später, während seiner Ausbildung zum Bauzeichner.

Und es klappt auch an diesem Abend. Zapf sinniert beim Musikantenstammtisch darüber, warum die Deko-Elemente wohl nicht passen ("Wer hat da seit dem letzten Mal die Schrauben an der Wand versetzt?"), begrüßt seine Gäste mit und ohne Instrument ("Daniela, mogst du ned vielleicht doch mitspielen?"), hilft noch rasch mit fehlenden Noten und im ersten Ensemble mit der Bassklarinette aus. Beim zweiten Ensemble greift er zum Hackbrett: "Spui ma jetza den Weihnachts-Landler, dann hob I den weg." Letztlich spielt er bei allen Stücken mit.

Eine Triebfeder seines Schaffens ist seit jeher die Neugierde, die Lust, Tradiertes aufzubrechen und mit neuen Stilelementen weiterzuentwickeln - in allen seinen unterschiedlichen Kunstformen. 1980 beschloss er, einen Beruf zu ergreifen, "der mir jeden Tag Spaß macht: jungen Menschen etwas beibringen". Bis 1985 studierte er Klarinette am Konservatorium - finanziert durch Auftritte der Musik-Kabarett-Gruppe Guglhupfa. Zusammen mit seinem Bruder Rudi Zapf, Andi Lechner und Karl Well verhalf er alten Volksliedern mit modifizierten Texten zu einem neuen Biss, ähnlich wie es Fredl Fesl und die Biermösl Blosn damals bereits erfolgreich taten. Die Programme wurden auf Münchner Bühnen im Wettstreit mit Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied oder dem Zither-Manä feingeschliffen, und dann ging's auf Tournee im deutschsprachigen Raum. "Mit dem Dieter Hildebrandt zusammen haben wir Säle mit 1000 Leuten locker vollgemacht." 1987 gewann Guglhupfa noch die Münchner Ludwig-Thoma-Medaille - und löste sich kurz danach auf.

1988 trat Zapf seine Stelle als Musiklehrer für Klarinette, Gitarre und Hackbrett an der Musikschule Wolfratshausen an und engagierte sich von Anfang an auch über sein Stunden-Deputat hinaus. Als ein Jahr später mit Yoshi Kinoshita ein ähnlich gesinnter Kollege an Bord kam, entwickelten sie gemeinsam die Kinder-Singspiele. 1990 führte Zapf erstmals bei einer Aufführung Regie und tat dies bis zum Sommer 2022 regelmäßig; die Kindermusicals sind längst fester Bestandteil des Kulturlebens in der Region. Weil das Gehalt in Wolfratshausen nach Heirat, Familiengründung und dem Umzug nach Eurasburg nicht mehr ausreichte, begann Zapf zusätzlich an der Musikschule Geretsried zu unterrichten, trat als Solo-Kabarettist auf und gründete 2002 das Trio ZAKK - vermutlich das einzige Trio der Nation, das aus vier Musikern besteht. "Da hatte ich wieder richtig Lust, Klarinette zu üben und Neues zu erarbeiten, wie Tango oder Swing."

SZ-Kulturpreis Tassilo: Heinrich Zapf (links) mit seinem vierköpfigen Trio ZAKK.

Heinrich Zapf (links) mit seinem vierköpfigen Trio ZAKK.

(Foto: Privat/OH)

Seit 15 Jahren lädt Zapf zu Volkstanz-Abenden im Geltinger "Hinterhalt" ein, wo er als Tanzmeister die Gäste anleitet und wechselnden Musikgruppen wie der Waldramer Tanzl-Musi oder Fei Scho eine Bühne bietet. Zuletzt formte er an der Musikschule die Auftanz-Musikanten, die ebenfalls bei derartigen Anlässen spielen und seinen Worten nach inzwischen "den Drive draufhaben, den's da halt braucht, damit d'Leit tanzen".

Im Sommer 2021 ging Zapf nach 33 Jahren als Instrumentallehrer in Rente. Gleichwohl betreut er im Landkreis weiterhin drei Musikschul-Ensembles und organisiert den Musikantenstammtisch. Höhepunkt an diesem Abend wird ein Stück, bei dem alle vier Gruppen gemeinsam spielen. "Jetza macht's ihr was, und i hear zua", erklärt Zapf. "I kriag des ja ois gar ned zoid." Letztlich dirigiert er dann vergnügt das Impro-Orchester. Das Stück klappt gut, Zapf grinst zufrieden und alle genießen die heitere Atmosphäre. Ganz nach Zapfs Credo: "Fehler san wurscht. Die Musiker müssen Spaß haben. Dann haben auch die Zuhörer a Freid."

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