SZ-Serie: Hippes von Hier:Nachhaltigkeit zum Umhängen

SZ-Serie: Hippes von Hier: SNIB steht für sustainable new iconic bag. Damit will Nina Good "eine Tasche für alle Fälle" anbieten.

SNIB steht für sustainable new iconic bag. Damit will Nina Good "eine Tasche für alle Fälle" anbieten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Pandemie ließ das Geschäft ihrer Event-Agentur einbrechen. Also gründete die Münsingerin Nina Good das Start-up SNIB und verkauft nun praktische, robuste und modische Taschen aus recyceltem Kunststoff.

Von Benjamin Engel

Manchmal zwingt einen ein disruptives Momentum, kreativ zu werden. 44 Jahre alt war Nina Good aus Ammerland, als ihr bisheriges Geschäftsmodell im März 2020 abrupt zusammenbrach. Mit Veranstaltungen konnte die Inhaberin einer Event-Agentur wegen der Pandemie kein Geld mehr verdienen. Plötzlich hatte Good keine Einnahmen mehr, dafür aber Zeit, um ihre Idee für ein eigenes Start-up umzusetzen - und nachhaltige, unverwüstliche Taschen zu machen.

Die Aufgabenstellung: ein genauso schönes, stylisch-lässiges wie einfaches, strapazierfähiges, für alle Zwecke greifbares, nachhaltiges und trotzdem langlebiges Produkt. Wenn die Taschen etwa im Matsch gestanden haben, sollten sie ganz leicht wieder abzuwaschen sein, ohne zu schnell kaputt zu gehen. Das Ergebnis: ein Kunststoffmodell aus fast hundert Prozent recyceltem Polypropylen in verschiedenen sommerlichen Farben - die SNIB. "Wir wollten ein lässiges Lifestyle-Produkt, das schön ist und beim Skifahren oder im Urlaub einfach zu verwenden", sagt Nina Good. "Eine Tasche für alle Fälle eben."

SZ-Serie: Hippes von Hier: Die SNIB-Taschen gibt es bislang in zwei Versionen, eine zum in-der-Hand-Tragen, eine zum auf-den-Rücken-Schnallen.

Die SNIB-Taschen gibt es bislang in zwei Versionen, eine zum in-der-Hand-Tragen, eine zum auf-den-Rücken-Schnallen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

SNIB steht für sustainable new iconic bag, also nachhaltige neue ikonische Tasche. Vorbild waren die scheinbar unverwüstlichen Taschen des großen Einrichtungskonzerns Ikea, nur möglichst umweltverträglich sollten die Modelle sein. Mit ihrer Berliner Partnerin Sandra Poorhosaini hat Nina Good daran getüftelt, die Idee kreativ umzusetzen. Das Duo engagierte zudem die Designerin Petra Wohlmann vom Ammersee. Einen Hersteller für ihr Wunschprodukt aus umweltverträglichen Materialien zu finden, war für die Start-up-Gründerinnen allerdings komplizierter als ursprünglich gedacht. "Viele Produzenten in Europa wollen nicht mit unbekannten Kunden zusammenarbeiten", sagt Good. In Deutschland habe sie zwar beispielsweise einen Hersteller von Garnen aus recyceltem Nylon gefunden. Damit wären die Produkte aber viel zu teuer geworden. "Die Taschen sollten leistbar bleiben."

Erschwinglich sind die 70 Liter fassenden "Classic Bags" und die etwas höher und schmaler geschnittenen "Back Bags" mit Trageriemen für den Rücken sicherlich, die Goods Label nun zu je 25 Euro verkauft. Der Preis dafür ist aber, die Taschen in China verarbeiten zu lassen. Dort hat das Unternehmen Waste2Wear einen Sitz. Das bedeutet zwar längere Lieferwege und damit auch wieder höhere Umweltbeeinträchtigungen. Dafür recycelt der niederländische Hersteller Polypropylen aus den Kunststoffummantelungen ausrangierter Kühlschränke und weiterer Weißware zu Stoffen. Aus diesen lässt Goods Start-up SNIB die Taschenkörper für seine Produkte anfertigen. Auf den fertigen Taschen gibt es auch einen QR-Code, den die Kunden mit ihrem Handy einscannen und so mittels Blockchain-Technologie den Herstellungsprozess nachvollziehen können. Nur für Henkel und Zugbänder greifen die Gründerinnen auf nicht recyceltes Material zurück.

Da sie in China produzieren lassen, blieben auch Lieferschwierigkeiten nicht aus. "Im Sommer 2021 haben wir geordert, am 21. Dezember kam die Lieferung bei uns an", berichtet Good. Seitdem sind die Taschenmodelle über den Online-Shop von SNIB bestellbar. Die Programmierung der Homepage haben sich Nina Good und Petra Wohlmann autodidaktisch selbst beigebracht. "Ich verpacke und verschicke auch selbst", sagt die 46-jährige Good. Die Werbe-Fotoshootings, mit denen die "Bags" präsentiert werden, fanden meist direkt am Starnberger See in Ammerland statt.

Zu den Kunden kommen die Taschen in einer Box aus recycelter Pappe. Auf aufwendiges Verpackungsmaterial verzichtet SNIB, die Rechnung gibt es nur per Mail. Auch der Concept Store "Mein Lieber Schwan" an der Münsinger Hauptstraße und ein Geschäft in München haben die Taschen im Sortiment.

Inzwischen läuft Nina Goods Geschäft mit der Event-Agentur auch wieder an. Glücklicherweise, sagt sie, stehe sie in dem 2004 mit einem Geschäftspartner gegründeten Unternehmen nicht mehr direkt an der Front. So könne sie aus dem Hintergrund agieren und hauptsächlich ihr neues Start-up managen. Die Resonanz für die SNIB-Taschen sei bislang erfreulich, sagt Good. Ihre große Vision ist es, die Taschen umweltverträglich nur in Deutschland produzieren zu lassen. Das hängt für die Gründerin aber maßgeblich davon ab, ob die Produktion auch preiserschwinglich geleistet werden kann. Erst einmal soll es bald zwei neue Modelle geben - ein fahrradkorbtaugliches und ein verschließbares mit Reißverschluss. Das große Ziel bleibe, sagt Good: schöne, praktische Taschen herzustellen, ohne der Umwelt zu schaden.

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