Essen für Bedürftige:"Da werden schon mal Würschtel gegen Nudeln getauscht"

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Die ehrenamtlichen Mitarbeiter um Astrid Orthey (v.l.n.r.), Angela Lutterbach und Marianne Huschka versorgen zwischen 500 und 600 Personen wöchentlich. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel versorgen jede Woche viele Menschen mit Lebensmitteln. Doch die Spenden sinken - und die Zahl der Abnehmer steigt.

Von Enno Lug, Bad Tölz

"Willkommen zur heutigen Ausgabe - wir legen los mit der Nummer neun." Diese Worte eröffnen, wie jeden Samstag, die Lebensmittelausgabe bei der Tafel in Bad Tölz. Etwa vierzig Personen haben sich im sonnigen Vorhof der Südschule auf die verschiedenen Sitzgelegenheiten verteilt und warten darauf, dass ihre Nummer aufgerufen wird. Es ist eine bunte Mischung an Menschen: Ein junges Pärchen steht bereit, einige Männer im Rentenalter diskutieren auf einer osteuropäischen Sprache und auch eine Frau mit Kinderwagen wartet, bis sie an der Reihe ist. Für Neuankömmlinge im Schulhof geht es zunächst zum Anmeldeschalter. Mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und Handgesten wird hier so manche Sprachbarriere überwunden und die Reihenfolge vorbereitet.

Zwischen 500 und 600 Personen versorgt die Tölzer Tafel unter Trägerschaft des Bayerischen Roten Kreuzes wöchentlich mit Lebensmitteln. Zuständig ist sie neben der Kreisstadt auch für die umliegenden Gemeinden Greiling, Sachsenkam, Reichersbeuern, Wackersberg, Bad Heilbrunn und Gaißach. Geh- oder schwerbehinderte Menschen beliefert die Tafel ebenfalls, zehn Haushalte fahren die Ehrenamtlichen pro Woche an. Insgesamt rund 120 Personen helfen mit, zwischen 25 und 30 sind es jeden Samstag. Auch unter der Woche gibt es Schichten, zum Beispiel für die Fahrer. Das Team wird seit August 2022 von vier Frauen geleitet: Marianne Huschka, Angela Lutterbach, Astrid Orthey und Ursula Hölzl.

Die Tafeln tauschen auch mal "Würschtel gegen Nudeln"

"Es ist gut, dass wir zu viert sind - denn es ist schon einiges zu tun", betont Orthey. Dieser Meinung ist auch Lutterbach: "Für eine alleine wäre das nicht machbar." Die vier Frauen sorgen wöchentlich dafür, dass alles koordiniert wird, stehen auch im Austausch mit den anderen Tafeln im Umkreis - wortwörtlich. "Da werden schon mal Würschtel gegen Nudeln getauscht", so Orthey. Abhängig sei dies von den Spenden, die die jeweiligen Tafeln erhalten. Positiv für die vier Frauen im Leitungsteam sei es, dass immer genug Helfer bereitstünden. "Es ist selten, dass wir einmal herumtelefonieren müssen", betont Orthey.

Allgemein habe sich der Helferkreis in den letzten Jahren, vor allem nach Corona, deutlich erweitert. Einige Ukrainer, die bei der Tafel zuerst Abnehmer waren, helfen inzwischen selbst mit - das sei, so Lutterbach, vor allem bei der Anmeldung und beim Erklären der Regeln sprachlich eine große Hilfe - und dringend notwendig: Die Zahl der Abnehmer ist in letzter Zeit drastisch gestiegen, teilweise doppelt so viele Kisten wie noch vor wenigen Jahren müssen die Ehrenamtlichen packen. Erst die Ukraine, dann die Inflation: Das merkten die Leute. "Wir kriegen jede Woche neue Abnehmer, und die Menge an Lebensmitteln ist stabil oder sinkt", so Orthey.

Damit zeigt sich in Bad Tölz ein Trend, der auch an den anderen knapp 1000 Tafeln in Deutschland für Schwierigkeiten sorgt. Im Juli teilte der Bundesverband Tafel Deutschland einen starken Anstieg der Abnehmer mit, bei einem Fünftel der deutschen Tafeln sind es seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine mehr als doppelt so viele. Zeitgleich sanken die Lebensmittelspenden um rund 76 Prozent.

165 Kisten mit Milchprodukten, Nudeln, Obst und weiteren Lebensmitteln stehen für die Bedürftigen bereit. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Diese Entwicklung beobachtet auch die Erste Vorsitzende der Tafel in Geretsried und Wolfratshausen, Heidemarie Ritter. "Die Geschäfte kalkulieren anders. Da ist nicht mehr so viel übrig." Zusammen mit etwa 110 Ehrenamtlichen versorgt sie an drei Tagen etwa 450 Bedürftige mit Lebensmitteln, darunter Bürgergeldempfänger, Geflüchtete, Rentner und Großfamilien. Jeder, der die Sozialcard des Landkreises hat, kann kommen - so wird es auch in Bad Tölz gehandhabt. "Das ist für uns eine große Erleichterung - woanders müssen die Leute erst einmal bei der Tafel nachweisen, dass sie bedürftig sind", erklärt Orthey.

An Arbeit mangelt es den Ehrenamtlichen trotzdem nicht. Bereits am frühen Samstagvormittag trifft sich die erste Helferschicht an der Südschule, um die Ausgabe vorzubereiten. Seit Corona bekommt jeder Bedürftige eine Kiste mit den wöchentlichen Lebensmitteln: Je mehr Personen in einem Haushalt leben, desto größer. Früher sei es "wie auf dem Jahrmarkt" gewesen, jeder hätte sich seinen Teil aussuchen können. "Unsere Abnehmer sind jetzt viel zufriedener, weil es fair ist: Der Letzte bekommt das gleiche wie der Erste", betont Orthey.

Doch die Kisten müssen in stundenlanger Arbeit vorbereitet werden. Diese Situation könnte sich für die Tölzer Tafel allerdings bald deutlich verbessern: Ein Teil des Fahrradkellers der Südschule soll den Ehrenamtlichen fest zugewiesen werden, sodass sie nicht die gesamte Ausgabe immer auf- und abbauen müssen. Eine "tolle" Lösung, so Orthey. "Wir haben viele über 70, und viele Frauen. Da ist das Schleppen der Bierbänke viel Arbeit."

165 Kisten haben die Helfer an diesem Samstag vorbereitet

Trotz der Anstrengungen wirkt die Stimmung zwischen den Ehrenamtlichen wenige Stunden vor der Ausgabe gut. Es wird viel gelacht und sich gegenseitig unterstützt. Heute sind drei neue, junge Kräfte dabei: Zwei 13-jährige Firmlinge und ein zehnjähriges Mädchen, alle aus Sachsenkam, packen mit an: "Mia brauchn' noch Quark!", ruft eines der Mädchen. Alle drei sprühen vor Tatendrang - und sind somit eine echte Unterstützung. "So eifrig die Firmlinge heut' - super!", findet auch Huschka.

165 Kisten mit Milchprodukten, Nudeln, Obst und weiteren Lebensmitteln haben die Helfer an diesem Samstag gemeinsam vorbereitet. Auch Tiefkühlpizzen des Dauerspenders Gustavo Gusto sind darunter. "Sie tun, was sie können", sagt ein Bezieher der Tafel, der lieber anonym bleiben möchte. Er sei jede Woche hier - und sehr zufrieden.

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