Süddeutsche Zeitung

SZ-Talentiade: SC Reichersbeuern:Gewinnender Burschen-Charme

Der Reichersbeurer Eishockey-Nachwuchs räumt nicht nur bei der SZ-Talentiade ab: Die jungen Spieler siegen auch in Berlin, Düsseldorf und Mannheim.

Matthias Köpf

Den, mit dem daheim so vieles begann, haben sie natürlich auch mitgebracht, denn in Reichersbeuern halten sie zusammen. Nur auf die Bühne will Hans Harrer, früher Bürgermeister und vor allem vier Jahrzehnte lang Vorsitzender des örtlichen SC, lieber nicht. Harrer ist für das Reichersbeurer Eishockey Vater, Großvater und Urgroßvater des Erfolgs in Personalunion. Er sitzt unten im Publikum und schaut hinauf zu denen, die seine Urenkel sein könnten - und droben auf der Bühne gerade recht unbefangen ihren lederhosenunterstützten Isarwinkler Burschen-Charme verbreiten.

Zumindest sportlich sind die Knaben respektive die U 13 des SC Reichersbeuern die große Bühne sowieso gewöhnt. In Eishockey-Metropolen wie Berlin, Düsseldorf oder Mannheim müssen sich die Gegner warm anziehen, wenn die Reichersbeurer in ihren zwei Kleinbussen und dem Familienvan vorfahren, wie sie das am Donnerstag auch zur Talentiade getan haben. Zu den Turnieren kommen sie zwar nicht in Tracht, sondern im Trainingsanzug. Um eine Veranstaltung aufzumischen reicht das aber auch, und so können den Isarwinklern in ihrer Altersklasse deutschlandweit höchstens noch die Landshuter das Wasser reichen.

Hans Harrer ist früher oft in seinem alten Lloyd durchs Dorf gefahren, hat alle freilaufenden Buben eingepackt und sie auf diesem Weg zum Eishockey gebracht. Inzwischen geht der Verein andere Wege und legt etwa in den Kindergärten Broschüren aus. Dass in Reichersbeuern Eishockey gespielt wird, weiß aber eigentlich längst jeder rundherum. Anderswo wären die Buben wohl im Fußballverein, aber dorthin schickt sie Trainer Bene Huß in Reichersbeuern ja sowieso auch. Talent scheinen sie ohnehin alle zu haben, denn das 2300-Einwohner-Dorf im Isarwinkel hat über 20 Nationalspieler hervorgebracht - und eine Nationalspielerin, nämlich Harrers Enkelin Viona.

Zur aktuellen "Knaben"-Generation der Jahrgänge 97 bis 99 gehört auch wieder ein Mädchen. Die sind in dem Alter den Buben gern ein Stück voraus, und zumindest oben auf der Bühne überragt Jenny Schuster ihre Mitspieler um einiges. Autoritätsprobleme hat sie keine, auch wenn Stürmer Josef Reiter an dem Abend erklärtermaßen von den Gründen nichts wissen will, aus denen ihm Jenny am Eis gern die Meinung sagt.

Dass manchmal ein Pass zurück besser wäre, muss ihm ohnehin Bene Huß beibringen. Der war früher ein bekannt raubeiniger Stürmer und hält seine Schützlinge, von denen ihm manche bis an den Bauchnabel und manche schon fast über den Kopf reichen, auch auf der Bühne beieinander.

Ihren Scheck für die Jugendarbeit erhalten sie vom Münchner EHC-Manager Christian Winkler und von Klaus Kathan. Der hat es inzwischen auf 153 Länderspiele gebracht und entstammt ebenfalls der Isarwinkler Eishockey-Schule - allerdings derjenigen der benachbarten Tölzer. Zu denen zieht es wohl bald auch die Buben auf der Bühne, denn in Reichersbeuern konzentriert man sich längst ganz auf die Kleinen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1123732
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.07.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.