SZ-Serie: Winterspuren:"Werther als alle Schlösser"

Der Altlacher Hochkopf ist ein unscheinbarer Berg zwischen der Jachenau und dem Walchensee, aber dort hat sich schon König Ludwig II. gern aufgehalten. Auch Richard Wagner soll dagewesen sein.

Von Arnold Zimprich

Der Altlacher Hochkopf ist nicht viel mehr als ein bewaldeter, 1325 Meter hoher Berg im für sich schon unscheinbaren Gebirgszug, der die Jachenau und den Walchensee vom Isartal trennt. Aus bergsteigerischer Sicht - und wenn man die Aussicht vom Gipfel eines Berges als das für die Besteigung ausschlaggebende Kriterium betrachtet - wäre der rund zehn Kilometer östlich gelegene Staffel der einzig interessante Gipfel in diesem abgelegenen Teil des Isarwinkels. Und doch wartet der Altlacher Hochkopf mit einer Besonderheit auf: der von Maximilian II. von Bayern erbauten und von Ludwig II. weiter benutzten Hochkopfhütte. Sie war dem Märchenkönig "werther als alle Schlösser mit ihrem Glanz und hohlen Prunk", wie er seinem Freund Richard Wagner schreibt, der im Jahr 1865 selbst zehn Tage auf und am Hochkopf verweilte.

Der Berg hat auch im 21. Jahrhundert nichts von seinem Zauber verloren. Die Wanderung beginnt auf historischem Grund, in Altlach am Walchensee. Wenn es der Terminplan nicht anders erlaubte, pflegte König Ludwig II. auf freier Wiese Staatsgeschäfte zu erledigen. Luise von Kobell, die Frau von Ludwigs Kabinettssekretär August von Eisenhart, berichtet: "Sein Kabinettschef im schwarzen Frack, den Claquehut unter dem Arm, berichtete mit lauter Stimme über die von den verschiedenen Ministern eingesandten Anträge und Vorschläge; dann und wann mischte sich das Tönen einer Kuhglocke darein."

SZ-Serie: Winterspuren: Beeindruckend sind die Tief- und Ausblicke auf den Walchensee, die bayerischen Vorberge, das Isartal, Wetterstein und das Karwendel.

Beeindruckend sind die Tief- und Ausblicke auf den Walchensee, die bayerischen Vorberge, das Isartal, Wetterstein und das Karwendel.

(Foto: Arnold Zimprich)

Altlach im Rücken folgen Hochkopf-Wanderer zunächst einem breiten Rückeweg, und gleich zu Beginn erinnert rechts ein großer Gedenkstein an Richard Wagners Hochkopf-Visite. Ehe es auf dem breiten Weg zu fade wird, folgt man einem kleineren Steig in den Zachengraben. Dessen landschaftliche Schönheit bezirzt Wanderer schon nach wenigen Metern - ein großer Wasserfall zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Es folgt eine Vielzahl Kaskaden, neben denen sich der Pfad stetig in die Höhe schraubt. Richard Wagner berichtete seiner Cosima vom "mühseligen Aufstieg". Die alte Trasse, auf der sich Ludwig II. in einem zweirädrigen Bergwagen emporbugsieren ließ, hat sich an besonders steilen Stellen im Laufe der Jahrzehnte in einen überwucherten Hohlweg verwandelt.

Und doch fällt die Eleganz der Wegführung auf: Der "Königsweg" nutzt Geländemerkmale fast unmerklich aus, windet sich um bewaldete Flanken, nutzt geschickt die Vielseitigkeit des Bergrückens, um schließlich auf rund 1100 Metern Höhe wieder in einen größeren Fahrweg zu münden. Das Gelände flacht ab, eine Lichtung im Talgrund gibt den Blick auf die bewaldeten Berge frei. Schließlich wird ein kleiner Sattel erreicht, der Hauptweg wendet sich gen Wallgau, zur Hochkopfhütte wird jedoch links abgebogen und einem kehrenreichen Reitweg gefolgt, der in seiner Eleganz erneut das königliche Erbe erkennen lässt. Nach etwa zwei Stunden steht man oben an der Hütte, Mauerreste verweisen auf einstige Nebengebäude, die Hütte selbst wurde erst vor kurzem mit frischen Holzschindeln herausgeputzt.

Abgelegen

Länge: zehn Kilometer, Auf- und Abstieg inklusive Hochkopf-Gipfel

Ausgangspunkt: kleiner Parkplatz kurz vor Altlach an der Mautstraße Einsiedl-Jachenau

Zeitaufwand: 3,5-4 Stunden (Auf- und Abstieg)

Einkehr: keine

Mit Bus&Bahn erreichbar: nein

Weitere Informationen: www.kulturpfad-ludwig2.de, Projekt des Staffelsee-Gymnasiums Murnau)

Wer hier oben ein Ambiente ähnlich dem Schachenschloss, Ludwigs Bergdomizil im Wetterstein, erwartet, wird jedoch enttäuscht. Der Holzbau zeigt sich schlicht, die Aussicht, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wegen des geringeren Bewuchses noch umfassender gewesen sein dürfte, begeistert immerhin durch einen freien Blick nach Westen zu Alp- und Zugspitze. Auf den Gipfel des Altlacher Hochkopfes sind es nur noch wenige Höhenmeter; lohnenswerter als der von dichtem Mischwald in Beschlag genommene Gipfel ist jedoch der noch gut sichtbare Rundweg, der wenige Höhenmeter unter der Hochkopfhütte den gesamten Gipfelaufbau des Bergs auf Höhenlinie umrundet. Während des rund einstündigen Spaziergangs gibt es beeindruckende Tief- und Ausblicke auf den Walchensee, die bayerischen Vorberge, das Isartal, Wetterstein und das Karwendel.

Der Altlacher Hochkopf ist zwar nicht überlaufen, aber kein ausgesprochener Geheimtipp mehr. Auch im Hochwinter ist der Aufstieg von Altlach am Walchensee häufig gespurt, verlassen sollte man sich darauf aber nicht und Schneeschuhe mitnehmen. Pflicht sind im Winter Grödel oder Schuheisen. Nach Neuschneefällen empfiehlt es sich, erst ein paar Tage abzuwarten, ehe sich der Schnee gesetzt hat und die Spur schon von einem übereifrigen Berggeher gelegt wurde.

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