Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Heimatwerkstatt:Penzberger Leuchten

Die Firma "AS LED Lighting" stellt LED-Lampen her. Das Unternehmen versucht, möglichst nachhaltig und regional zu produzieren. In diesem Jahr feiern die Gründer das zehnjährige Bestehen.

Von Marie Heßlinger

Das Jahr 2009, mitten in der Wirtschaftskrise: Zwei Ingenieure kommen bei einer Schulveranstaltung ihrer befreundeten Söhne ins Gespräch. Sie sind sich einig: Bei LED-Lampen tut sich gerade viel. Im Jahr darauf haben Stefan Kirner und Andreas Thum die Firma AS LED Lighting in Penzberg gegründet. Ihr Grundsatz: Nachhaltigkeit.

Zehn Jahre später betritt Stefan Kirner das Besprechungszimmer an der Penzberger Hauptstraße. "Das alte Gebäude macht nichts Besonderes her", sagt er entschuldigend und drückt den Lichtschalter. Es wird schlagartig hell, sehr hell, sonnenhell. Und wer an die Decke schaut, erkennt, dass der Raum ganz und gar nicht gewöhnlich ist.

Im Eck hängt eine kastenförmige Lampe, die so grell leuchtet, dass es blendet: "Für Industriehallen mit 20 Metern Höhe", erklärt der 53-Jährige. Daneben eine Lampe, in deren grauweißes Licht man direkt blicken kann - die Sporthallenleuchte: "Blendfreiheit, Ballwurfsicherheit, Flickerfreiheit für Fernsehübertragungen." An Kirners weiteren Ausführungen wird deutlich: Es gibt Lampen für alle Zwecke. Für Extremtemperaturen, Öldämpfe und Hygienestandards. Das eigentlich Besondere aber: Alle Leuchten sollen möglichst lange leben. Wie aber ist das möglich, bei einem Elektronikgerät, das täglich im Einsatz ist?

Der Schlüssel zu Kirners und Thums Leuchtenrezept lautet: Wärme. "Je mehr Wärme, desto kürzer lebt ein Bauteil", sagt Kirner. Deshalb sind die Lampengehäuse von AS LED aus Aluminium. Das Leichtmetall leitet Wärme ab und hält die Lampen kühl. Das soll sie viele Jahre halten lassen, "30 Jahre", sagt Thum, und fügt mit Blick auf die Firmengründung vor einer Dekade hinzu: "Bewiesen haben wir schon zehn." Und da die Haltbarkeit davon abhängt, wie oft die Leuchten im Einsatz sind: Nach 120 000 Stunden sollen sie noch mindestens 80 Prozent ihrer Leuchtkraft haben.

Das Gehäusematerial selbst ist nach Angaben der beiden größtenteils recycelbar. "Aluminium kann man immer wieder einschmelzen ohne Qualitätsverlust", sagt Kirner, "80 Prozent des jemals abgebauten Aluminiums sind noch immer im Kreislauf." Die Leuchten ließen sich einfach in ihre Einzelteile zerlegen. Diese könne man dann reparieren oder in den Materialkreislauf zurückführen.

Das Innenleben der Lichtquellen besteht aus stromsparenden LED-Lampen. Die Chiptechnologie dafür hat in den vergangenen Jahren viele Fortschritte erlebt. "2006 hatte ich ein Projekt für das Militär, es ging um Flughafenbeleuchtung. Da gab es noch kaum weiße LED-Lampen", erinnert Thum sich. Heute lassen sich LED-Lampen nahezu überall und in allen Lichtfarben einsetzen. Im 14-köpfigen Team der Penzberger Firma sitzen vier Lichtplaner. Ihre Aufgabe ist es, die Leuchten an die jeweiligen Raumanforderungen anzupassen. Dabei sollen sie den Stromverbrauch so gering wie möglich halten. Die Kunden des Unternehmens wollen möglichst helle Räume, mit möglichst wenigen Leuchten.

Im Untergeschoss der Firma begrüßen Kirner und Thum nun zwei konzentriert arbeitende Technikerinnen. Eine der beiden steht an einem langen Tisch mit hellblauer Plastikplane. Darauf Schachteln mit bunten Drähten und eine lange Reihe von Platinen. "Unsere Leuchten werden nur von Menschen, nicht von Maschinen gebaut", sagt Kirner. Er fügt hinzu: "Wir haben viele Teilzeitkräfte. Viele Frauen mit Familien." Thum ergänzt: "Wir arbeiten auch mit dem Arbeitsamt zusammen und beschäftigen in der Produktion Leute mit wenig oder keiner Ausbildung." In der ehemaligen Bergarbeiterstadt Penzberg werden die Leuchten entwickelt, in Augsburg und Pfronten werden sie produziert. Neben den 14 Angestellten im Hauptsitz in Penzberg beschäftigt AS LED Lighting 50 weitere in der Auftragsfertigung.

Das Aluminium für die Produktion stammt aus einer Firma in Kempten. Weitere Zulieferer sitzen in Telfs in Tirol und in Holzkirchen. "Maximal zwei Autostunden sollen alle Standorte von Penzberg entfernt liegen", sagt Kirner. So will sein Unternehmen CO2 einsparen und die regionale Wirtschaft stärken. Die Herkunft anderer Kleinteile, wie beispielsweise der Chips, kennt Kirner jedoch nicht.

Die fertigen Leuchten fahren zu Kunden in ganz Deutschland und der Schweiz. Sie finden Einsatz in Krankenhäusern, Schulen, Fabrik- und Lagerhallen, nicht jedoch in privaten Haushalten. "Unser Ziel für 2020 ist die weitere Expansion im europäischen Ausland", sagt Thum.

Gerade arbeitet sein Team an der Beleuchtung sogenannter Klimadecken, die Häuser wärmen und kühlen. An den aufwendigen Decken noch Platz für die Beleuchtung zu finden ist eine Herausforderung. Genau diese sich ständig ändernden Anforderungen machen die Arbeit der beiden Ingenieure spannend.

"Man freut sich auf die Arbeit", sagt Kirner, und gibt sich überzeugt: "Wir können jeden Morgen mit einem guten Gefühl aufstehen. Weil wir was Gutes leisten, weil wir die heimische Wirtschaft stärken." Seine Heimatverbundenheit begründet der gebürtige Penzberger damit, dass seine Familie schon seit 1750 im Ort ansässig sei. Er ergänzt: "Wir haben hier alles, in Penzberg kann man gut leben."

Seitdem Thum nach München gezogen ist, sind Kirners und Thums Söhne nicht mehr miteinander befreundet. Dafür die beiden Männer. "Wir sind mittlerweile wie ein Ehepaar", sagt Thum und zwinkert.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2020/aip/cat
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