Als man sich vor rund vierzig Jahren in einem Weilheimer Kellerraum um einen Tisch versammelt hat, war den Beteiligten wahrscheinlich nicht bewusst, dass ihre Mission solche Früchte tragen würde. Inzwischen ist der Verein „Brücke Oberland“, der 2024 seinen runden Geburtstag feiern konnte, in drei Landkreisen aktiv mit einer Vielzahl von engagierten Helferinnen und Helfern. Die Aufgabe ist dieselbe wie 1984: Zumal jungen Menschen eine Chance bieten, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, sich ein gutes, selbstbestimmtes Leben aufzubauen.

Die Arbeit seines Vereins drückt Geschäftsführer und Vereinsvorstand Tobias Bihlmaier in einem Motto aus: „Menschen verbinden, damit Möglichkeiten entstehen.“ Die Felder, auf denen der Verein diese Möglichkeiten entstehen lässt, sind vielfältig. Es geht dabei um Hilfe für straffällig gewordene Jugendliche, die besondere Unterstützung brauchen, um sich wieder in einen geordneten Tagesablauf zu fügen – nach wie vor, denn die Hilfe für Jugendliche, die in Konflikt mit dem Gesetz gekommen waren, gehörte zur Gründungsüberzeugung des Vereins. „Man konnte die Jugendlichen ja nicht einfach ins Gefängnis stecken“, sagt Bihlmaier.
Damit hat der Verein einen sozialen Bereich abgedeckt, der zuvor beinahe unsichtbar war. „Die Brücke war immer ein Verein, der in die Lücke gegangen ist. Wir waren da auch Pioniere.“ Auch Sozialarbeit an Berufsschulen gehört heute zu den Aufgaben des Vereins, ebenso wie die Arbeit mit Gruppen und Schulklassen, die zum Beispiel auf den Gmünder Hof in Weilheim eingeladen werden, um am großen landwirtschaftlichen Projekt des Vereinssitzes teilzuhaben. Auch Streetwork-Tätigkeit bietet der Verein an, ein Anliegen des Vereinsvorsitzenden. Bihlmaier hat früher selbst mit Jugendlichen als Streetworker gearbeitet.
Erziehungshilfe und Schulbegleitung
Seit beinahe zwanzig Jahren ist die Brücke Oberland auch im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen tätig, vor allem im Bereich der Erziehungshilfe und der Schulbegleitungen. Fünfzehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten ihre Hilfe im Landkreis an, in allen vier der sogenannten Sozialräume vom Norden bis in den Süden des Kreises. Damit ist der Verein der einzige Träger, der die gesamte Fläche des Kreises mit seinen Hilfsangeboten versorgt, wie Isabel Pschorn betont. Die Sozialpädagogin ist für den Bereich der ambulanten Erziehungshilfen zuständig und weiß daher, welche Familien sich an den Verein wenden.
Da ist etwa die afghanische Großfamilie mit fünf Kindern, von denen eines körperlich beeinträchtigt ist. Die Familie hat nach der Flucht aus dem Herkunftsland mit sprachlichen und finanziellen Hürden zu kämpfen. Der Verein unterstützt dann beim Suchen nach medizinischer Versorgung, bei Behördengängen oder einfach beim Vorbereiten der notwendigen Formulare, doch auch sozialpädagogisch. Ein Kind der Familie braucht mehr Aufmerksamkeit, aber „gleichzeitig dürfen die anderen Kinder nicht vergessen werden“, sagt Isabel Pschorn.
Trauerbewältigung
Ein anderer Fall, um den sich die sozialpädagogische Familienhilfe kümmert: Die Mutter einer kleinen Familie mit traditioneller Rollenverteilung ist unerwartet gestorben. Plötzlich muss also der Vater die Erziehungsaufgaben übernehmen, dabei die eigene Trauer und die der Tochter auffangen. Der Verein unterstützt die Familie bei der Trauerbewältigung. „Wir sind aber auch Vertrauenspersonen für die Tochter, die vielleicht nicht alles mit Papa besprechen kann“, sagt Pschorn. Neben der konkreten Unterstützung bei Vorhaben ist deshalb für den Verein der persönliche Kontakt zu den Menschen essentiell. „Sehr viel der Arbeit ist auch einfach das Da-Sein für die Personen“, sagt Bihlmaier. „Unsere Werkzeuge sind die Worte“, ergänzt seine Mitarbeiterin. „Wir versuchen so, den Familien die Leichtigkeit zurückzugeben.“
Dennoch braucht es auch Materialien für die gelingende Arbeit des Vereins. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kreis wünschen sich (die oftmals teure) Fachliteratur, um sich gut mit sich ändernden Forschungslagen auseinandersetzen zu können. Zudem sei es ratsam, für die Arbeit mit Kindern auf besondere pädagogische Spielzeuge zurückgreifen zu können. Und nicht zuletzt steht eine Möblierung des Vereinsbüros in Bad Tölz an. Die Räume in der Hindenburgstraße 21 werden zu Teambesprechungen und für Beratungen genutzt. Damit diese in einer angenehmen, neutralen Atmosphäre stattfinden können, möchte der Verein etwa ein Sofa anschaffen. Dafür ist der Verein auf Spenden angewiesen, denn die Finanzierung durch die Kostenträger wie das Jugendamt, die Kommunen oder Gerichte sei nicht immer auskömmlich, wie Tobias Bihlmaier erklärt.
„Ressourcen werden weniger, finanziell wie personell“
„Die Bedarfe werden größer, angesichts der größer werdenden Komplexität von allem – die Gesellschaft ist herausgefordert. Aber die Ressourcen werden weniger, finanziell wie personell. Das wird die Herausforderung der Zukunft sein“, sagt Bihlmaier. „Aber was würde es kosten, wenn es uns nicht gäbe? Denken Sie an die Kosten von Arbeitslosigkeit oder Psychiatrie. Wir sind wie ein Schmierstoff, wir halten Dinge zusammen.“ Dazu bedarf es der Unterstützung von außen.
SZ Gute Werke möchte den Verein mithilfe der Spenden von Leserinnen und Leser unterstützen: SZ Gute Werke e.V., HypoVereinsbank, IBAN DE 04 7002 0270 0000 0822 28, BIC HYVEDEMMXXX