SZ-Gespräch:"Ein Team braucht ein Wir-Gefühl"

Lesezeit: 3 Min.

Sabine Asgodom: "Wer im Beruf unzufrieden ist, sollte sich Alternativen überlegen, mit dem Vorgesetzten reden oder einfach die Klappe halten." (Foto: oh)

Sabine Asgodom, eine der bekanntesten Coaches Deutschlands, kommt zu einem Seminar nach Benediktbeuern.

Interview von Benjamin Engel

Sabine Asgodom zählt zu den bekanntesten Coaches in Deutschland. Sie hat 32 Bücher geschrieben zu Themen wie Selbstvermarktung und Konfliktlösung. Die 62-jährige Wahl-Münchnerin hilft ihren Klienten, sich ihrer Wünsche bewusst zu werden, hält Vorträge und gibt Seminare. In der Reihe "Lernen von den Besten" ist Asgodom im Benediktbeurer Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) zu Gast. Sie organisiert einen Workshop unter dem Thema "Emotionaler führen und vom Fußball siegen lernen" für Führungskräfte.

SZ: Emotionaler führen und Fußball: Als erstes fallen mir an der Seitenlinie aufbrausende Trainer oder auch der frühere FC-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni mit seiner "Flasche leer"-Wutrede ein. Bringt ein solches Verhalten das Team voran?

Sabine Asgodom: Das bringt mehr als keine Emotion. Emotionen partiell wegzuschieben ist schlecht. Nur daneben zu stehen und sich für das Team zu schämen, ist sicher die schlechtere Reaktion.

Was heißt das für Führungskräfte in der Wirtschaft?

Fußballer, so wie alle Sportler, gewinnen und verlieren. Doch sie gehen anders mit Niederlagen um. Ein guter Trainer weiß, wo ein Spieler gut eingesetzt wird. Er muss die Stärken stärken und nicht die Schwächen bekämpfen. Dazu gehört, etwas zu riskieren. Sonst bleibt alles gleich.

Braucht eine Führungskraft also Mut zum Risiko?

In Unternehmen wird zu viel verwaltet. Zu viele Prozesse werden nur beschrieben. Es wird aber nicht geführt. Die Menschen werden vergessen. In einem Team braucht es eine gemeinsame Vision. Wenn jeder etwas anderes denkt, kann es nicht funktionieren. Können Führungskräfte den Sinn des Tuns nicht klar machen, ist die Motivation dahin.

Ist dies das Geheimnis einer guten Führungskraft?

Sinnlosigkeit ist sicher das größte Problem. Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat gesagt: "Wer ein Warum fürs Leben hat, kann viele Wie ertragen". Weiß ein Mitarbeiter, wofür er etwas tut, leistet er mehr. Führungskräfte können schnell demotivieren, wenn sie keine Zeit für ihre Mitarbeiter haben, nicht zuhören oder gar SMS schreiben, während jemand ein Projekt vorstellt. Das ist respektlos. Dafür möchte ich sensibilisieren. Der Mensch macht den Unterschied. Mit Lust, Spaß und Hingabe funktioniert es besser.

Aber das Arbeitsleben besteht doch nicht nur aus Spaß?

Der Druck ist größer geworden. Es wird immer mehr verlangt. Immer weniger Leute müssen immer mehr Arbeit machen. Die Führungskräfte geben den Druck oft an ihre Mitarbeiter weiter. Viele Ziele sind unrealistisch. Daran können die Leute nur scheitern.

Der große Leistungsdruck ist also das Problem?

Druck ist nicht per se schlecht. In einem Team muss es trotzdem menschlich stimmen. Es braucht ein Wir-Gefühl. Führungskräfte müssen verstehen, dass das Leben für die Kollegen mehr als Arbeit ist. Sie sollten herzlich und hilfsbereit sein. Wir brauchen mehr Führungskräfte, die begeistern können. Dann dürfen sie sich auch mal einen Ausrutscher erlauben.

Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen oder starken Willen assoziieren viele mit einer Führungskraft.

Das war früher so. Heutzutage ist Motivationsfähigkeit das Entscheidende. Eine Führungskraft kann einen Mitarbeiter mit Druck dazu bringen, schneller zu arbeiten, aber nicht schneller zu denken. Und auf mitdenkende Arbeitskräfte kommt es an. Ich hatte einmal mit Unternehmensvertretern zu tun, die haben gesagt: "Wir erreichen mit Druck, dass unsere Mitarbeiter 60 Prozent Leistung bringen. Das reicht uns." Damit verschenken sie aber 40 Prozent Potenzial.

Auf Ihrer Homepage verkaufen Sie sogar ein eigenes Parfüm mit dem Namen "Sweet Success" für Frauen (Kopfnote: Zitrone, Cassis, rosa Pfeffer und Grapefruit). Ein echtes Erfolgsgeheimnis?

Ich habe mir schon lange ein eigenes Parfüm allein für mich selbst gewünscht. Das habe ich mir zum 60. Geburtstag geschenkt. Ich helfe Menschen, ihre Träume zu erfüllen. Damit habe ich mir eben meinen eigenen Traum erfüllt. Und weil noch etwas übrig ist, verkaufe ich es. Am Rande ist natürlich ein gewisser Marketing-Gag mit dabei. Ich bin aber durch die Sache mit dem Parfüm auch ein besserer Coach geworden. Ich war damit Unternehmerin von der Herstellung bis zur Vermarktung. Jetzt verstehe ich die Abläufe in der Wirtschaft noch besser.

Sie haben bislang 32 Bücher veröffentlicht. Haben Sie keine Angst, sich zu wiederholen?

Ich suche mir immer neue Themen. Ich war früher Journalistin und schreibe in erster Linie über spannende Themen, die mich selbst interessieren. In meinem jüngsten Buch habe ich mich damit beschäftigt, wie Menschen die eigenen Lebensträume verwirklichen können.

Den Mut dazu findet aber nicht jeder.

Mut ist die Verbindung zwischen Wollen und Handeln. Wer etwas verändern möchte, braucht Mut. Wer im Beruf unzufrieden ist, sollte sich Alternativen überlegen, mit dem Vorgesetzten reden oder einfach die Klappe halten. Mit der Jammerei sollte man aber aufhören. Es gilt der Spruch: "Love it, change it or leave it."

Ihr junges Ich haben Sie einmal als "Dorfmaus" bezeichnet, der es an Mut fehlte. Auf dem Fußballplatz haben Sie als 16-Jährige aber durchaus Mut bewiesen.

Ich stamme aus einer Fußballerfamilie. 1969 habe ich meinen Schiedsrichterschein gemacht. Ich habe damals Jugendspiele gepfiffen. Zu sehen, wie die jungen Männer sich nach mir richten mussten, fand ich klasse.

Katholisches Kreisbildungsbildwerk: "Lernen von den Besten", Dienstag, 5. April, 17 bis 20 Uhr, Workshop mit Sabine Asgodom, "Emotionaler führen und vom Fußball siegen lernen", Zentrum für Umwelt und Kultur, Benediktbeuern, Anmeldungen unter www.kbw-toelz.de oder Telefon 08041/6090

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Taktgefühl und Dialog
:Der Chef ist bestenfalls ein halber Kollege

Wie Führungskraft und Untergebene miteinander umgehen sollten, hat der große Soziologe Niklas Luhmann in so trockenen wie witzigen Aufsätzen untersucht.

Von Johan Schloemann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: