Die künstliche Surfwelle in Wolfratshausen wird erneut deutlich teurer als bislang veranschlagt. Eine aktuelle Kostenberechnung kommt auf ein Gesamtvolumen von knapp 969 000 Euro, 2019 war man noch von rund 800 000 ausgegangen. Die Baumehrkosten von 172 000 Euro brutto, die unter anderem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind, hätten nach bisheriger Beschlusslage eigentlich das Aus für die Welle bedeutet. Schließlich war der Anteil der Stadt an den Baukosten per Beschluss auf 400 000 Euro gedeckelt. Doch der Stadtrat hält am Bau der Welle fest: Nach langer Diskussion hat das Gremium am Montag mit knapper Mehrheit beschlossen, die Planungen auszuführen und die Gewerke auszuschreiben. Der Verein "Surfing Wolfratshausen", der die Welle betreiben wird, will sich vertraglich verpflichten, die Mehrkosten aus dem Überschuss der Betriebseinnahmen an die Stadt zurückzuzahlen. Der Kostendeckel wurde aufgehoben.
Der entsprechende Finanzierungsplan wurde dem Stadtrat im November in nicht öffentlicher Sitzung vorgestellt. Wie die für das Projekt zuständige Tourismusmanagerin Gisela Gleißl am Montag erläuterte, habe der Verein schlüssig dargelegt, dass mit dem Betrieb der Welle ein Überschuss erwirtschaftet werde, der in weiten Teilen der Stadt zurückgezahlt werden könne, um die Finanzierungslücke zu schließen. Jan Görner vom Vorstand des Vereins geht davon aus, dass dies in den zehn Jahren Mindestlaufzeit des Vertrags mit der Stadt erreicht werden kann. Die Welle soll von April bis Oktober donnerstags bis sonntags betrieben werden. Gesurft werden soll über ein Slot-Buchungssystem: Mitglieder zahlen zehn Euro für eineinhalb Stunden auf dem Wasser, Tagesgäste 25 Euro. Man habe sich an Erfahrungen anderer bestehender Surfwellen orientiert, erklärt Görner auf Anfrage. "Wir haben das im Detail durchgerechnet." Bereits bei 50-prozentiger Auslastung sei der Betrieb der Welle kostendeckend. Im ersten Jahr müsse man Rücklagen schaffen, vom zweiten Jahr an aber könne man weite Teile des Überschusses an die Stadt abführen.
Das Modell überzeugte zahlreiche Stadträte indes nicht. Sie hielten das Risiko angesichts der klammen Haushaltslage, der schwer zu beurteilenden Auflagen der wasserrechtlichen Genehmigung und möglichen erneuten Baukostensteigerungen für nicht zu verantworten. "Ich habe große Sorge, dass die finanzpolitische Vernunft, die wir künftig brauchen, die Loisach runterschwimmt", sagte Zweiter Bürgermeister Günther Eibl (CSU). Gerlinde Berchtold (SPD) sprach von einem "Millionengrab" und Richard Kugler (Wolfratshauser Liste) prophezeite: "Wer heute die Hand hebt, um den Mehrkosten zuzustimmen, wird sie noch öfter heben müssen."
Die meisten Stadträte folgten jedoch dem Appell von Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), dem Verein erneut das Vertrauen auszusprechen, um die Surfwelle zu verwirklichen, die eine "überregionale Wirkung wie kein anderes Projekt" habe. Grünen-Sprecher Peter Lobenstein erinnerte daran, dass der Stadtrat auch gewählt sei, um "Projekte, die die Bürger wollen, umzusetzen". Man müsse zwar mehr in Vorleistung gehen als erhofft, sagte Patrick Lechner (FDP). "Aber ich glaube, die Stadt braucht dieses Projekt". Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth (Grüne) erklärte, dass es auch wirtschaftlich nicht vernünftig sei, die Welle "zu beerdigen". Nicht nur, weil die Stadt schon 200 000 Euro an Planungskosten investiert habe, sondern auch, weil vom EU-Programm Leader geförderte Projekte den Kommunen viele Einnahmen brächten. Man müsse nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen sehen, sagte sie. Dem stimmte Fritz Meixner (SPD) zu. "Wie viele Projekte schieben wir noch an, um dann wieder auszusteigen?", fragte er. "Wir haben es in der Hand, unsere Stadt attraktiver zu machen."
Mit 14 zu elf Stimmen wurde schließlich der Beschluss gefasst, die Baumehrkosten zu übernehmen und im Betreibervertrag eine jährliche Rückzahlung des Vereins festzuschreiben. Gegen den Beschluss stimmte die Fraktion der Wolfratshauser Liste, die CSU mit Ausnahme von Sepp Schwarzenbach und Susanne Thomas, Helmuth Holzheu (BVW), Hans Schmidt (Grüne), sowie Fritz Schnaller, Gerlinde Berchtold und Manfred Menke (SPD). Der Beschluss zur Aufhebung des Kostendeckels und zur Ausschreibung der Gewerke wurde mit 15 zu zehn Stimmen gefasst.
Der Betreiberverein hat damit wieder eine Hürde genommen, nachdem er im Winter 2019 durch eine beispielhafte Crowdfunding-Aktion seinen Eigenanteil auf 125 000 Euro mehr als verdoppeln konnte, um die Lücke der mit 270 000 Euro niedriger als erwartet ausgefallenen Leader-Förderung zu schließen. "Wir freuen uns riesig", sagt die Vereinsvorsitzende Stefanie Kastner. Nach neun Jahren Planung habe man endlich die Sicherheit, dass das Projekt umgesetzt werden könne. "Wir sind uns sicher, dass wir den nötigen Überschuss erwirtschaften", erklärt sie. Laut Heilinglechner soll die Ausschreibung noch im Januar erfolgen. Ziel sei es, die Welle 2022 zu errichten.