Summer Village:Bei der Schwarzmann dahoam

Martina Schwarzmann

Dutt, Brille, Gitarre, Kleid vom Flohmarkt: Martina Schwarzmann in ihrem Bühnenoutfit.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im Palastzelt im Moraltpark bleibt für einen Abend die aus den Fugen geratene Welt draußen.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Ein Abend mit Martina Schwarzmann fühlt sich an wie Heimkommen. Es tut gut, wenn sich im Palastzelt auf dem Summer Village die Planen schließen und die aus den Fugen geratene Welt für zweieinhalb Stunden draußen bleibt. Wenn es drinnen um die kleine Welt geht, in der Probleme lösbar scheinen und die Wirklichkeit so wirkt, als könnte man sie tatsächlich im Griff haben. Sie tut gut, diese Auszeit im rappelvollen Zelt - zweieinhalb Stunden lachen und sich aufgehoben fühlen.

So weit man das aus den hinteren Reihen erkennen kann, hat sich an Schwarzmanns Bühnenoutfit nichts geändert: Die Haare streng nach hinten zum Dutt frisiert, Brille, Kleid vom Flohmarkt, Gitarre über der Schulter. Das Leben und die Leute auf dem Dorf sind der Stoff, aus dem sie ihre Kabarettprogramme strickt: Die liebe Verwandtschaft, der Alltag als "Haushaltsopfer", ihre inzwischen drei kleinen Kinder mit den "materiellen Kontrollzwängen", will heißen - Schränke ausräumen. "I kann scho den Kasten zuheben, aber die san zu dritt." Oder der unbändige Basteltrieb der Kinder, der dazu führt, dass sich zu vieles anhäuft: "Aber wegschmeißen geht ned, die machen Stichproben."

Sehr persönliche Geschichten sind das - nicht grell und überzeichnet, nicht gschnappig oder kratzbürstig. Ihre Miniaturen zeichnen den Alltag an einem mittelmäßigen Wochentag, der Himmel bewölkt. Kein Hochglanz-Ambiente mit Jahreszeiten-Deko wie aus dem "Landlust-Magazin", sondern eine liebevoll gezeichnete, ganz und gar unperfekte, heile Welt ist das. Das Klischee sollen andere verkörpern; da wo die Martina dahoam is, hängt die Jugend schon am Nachmittag bekifft und besoffen am Bushäusl rum.

Da lässt man keine Fremden rein, aber stellt an Weihnachten das Kripperl auf. Und da hängt beim Metzger im Fasching eine einzige Luftschlange im Schaufenster. Eigentlich ist die 37-Jährige aus Überacker gelernte Köchin. Sie ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat wieder in einen eingeheiratet und ist ins 20 Kilometer von ihrem Heimatdorf entfernte Altomünster gezogen. Weil: "No risk, no fun."

Politisch war die Schwarzmann nie, und auch am Montag gibt es keinen Kommentar zu den jüngsten Attentaten. Das Tempo der vielfach preisgekrönten Kabarettistin ist gemächlich: Aus einer Alltagsbeobachtung spinnt sie ihre absurden Ideen fort. Wie die von den Arschtoupets für Paviane zum Beispiel. Oder von der Chamäleonwurst im Kühlschrank und der spannenden Frage, ob man die am nächsten Tag wieder findet. Oder die mit dem im Backofen ausgebrüteten Biberl. "I mog des, wenn's euch graust", sagt sie und freut sich diebisch, wenn kleine Stoßseufzer durchs Publikum wehen.

Die niederbayerische Bauerntochter erzählt ungeniert vom Vögeln, vom Amazon-Kondompaket und vom nackert Einkaufen. "Gscheid gfreit" heißt ihr fünftes Kabarettprogramm. Ein treffender Titel. Denn Schwarzmanns Gedankenspiele sind frech und komisch, skurril und dabei auch noch gscheid lebensklug. Noch vor der Pause zieht das obligatorische Gewitter über das Summer Village. Donner grollt - just bei dem respektlosen Gedicht "Mit Gott um die Welt". "Is ja guad", sagt Schwarzmann, der das himmlische Tohuwabohu, das es in dieser Heftigkeit bei ihr zu Hause auf dem flachen Land nicht gebe, offenbar nicht ganz geheuer ist.

Der Regen trommelt mit Macht auf das Zeltdach, Schwarzmann ist kaum mehr zu verstehen und klampft mit ihrer Gitarre tapfer gegen das Tosen an - ehe der Regen nach der Pause so plötzlich aufhört, wie er begonnen hat. Viel Zeit habe sie mit der Komposition der Musik nicht vergeudet, gibt sie freimütig zu. Auch der Fredl Fesl wundere sich immer wieder, wie sie auf die gleichen Melodien offenbar problemlos andere Texte finde.

Ein schönes, ruhiges Schlaflied gibt es jedenfalls als Zugabe und zur Beruhigung des johlenden Publikums. Und dann muss man dieses Zelt verlassen, in dem man einen Abend lang sehr dahoam war.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: