Susanne und Christoph Kessler setzen einen neuen Akzent:Contestissimo

Susanne und Christoph Kessler setzen einen neuen Akzent: Günter Pichler (Erste Geige, links) ist Vorsitzender der Jury des neuen Wettbewerbs. Hier ist er auf einer Probe mit dem legendären Alban-Berg-Quartett zu sehen.

Günter Pichler (Erste Geige, links) ist Vorsitzender der Jury des neuen Wettbewerbs. Hier ist er auf einer Probe mit dem legendären Alban-Berg-Quartett zu sehen.

(Foto: Hermann Wöstmann/picture-alliance/dpa)

"Quartettissimo" veranstaltet den Ersten Internationalen Streichquartettwettbewerb Bad Tölz.

Von Friedrich-Karl Bruhns, Bad Tölz

"Quartettissimo" - wie gut, dass niemand woanders auf diesen Titel für Streichquartett-Abende gekommen ist. Von den Quartett-Aficionados Susanne und Christoph Kessler und ihrem Verein Klangerlebnis 2018 in Bad Tölz ins Leben gerufen, hat sich diese Konzertreihe, trotz des bedrohlichen Handicaps durch Corona, schnell einen sehr guten Ruf weit über die Grenzen der Region hinaus erspielt. Nun kommt der Superlativ im Namen erst so richtig zur Geltung: Am 16. und 17. April tragen zehn Ensembles den Ersten Internationalen Streichquartettwettbewerb Bad Tölz aus. Für die Organisatoren ist das ein beachtliches Wagnis, hat man doch den mächtigen ARD-Wettbewerb quasi nebenan in München - und viel Arbeit im Vorfeld, vielleicht noch mehr als erwartet.

Die Jury, sechs Streichquartett-Koryphäen plus als Vorsitzender Günter Pichler, der langjährige Primarius des großen Alban-Berg-Quartetts, war also schon weit vor dem eigentlichen Beginn intensiv fleißig. Aus 34 Bewerbungen, allein das schon ein erster Erfolg, mussten die zehn Teilnehmer bestimmt werden. Sie kommen aus Australien, den USA, Kanada, Südkorea, Finnland, den Niederlanden, Frankreich, Österreich und Deutschland. Einige von ihnen haben beim vergangenen ARD-Wettbewerb schon das Publikum begeistert, als sie bis ins Halbfinale gekommen sind.

In der Hauptrunde hat jedes Quartett maximal 45 Minuten, um sich mit einzelnen Sätzen aus selbst ausgewählten Werken der Klassik, Romantik und des 20. Jahrhunderts zu beweisen. Fünf Ensembles dürfen weiter in die Finalrunde, wo jedes ein komplettes Streichquartett aus der vorgegebenen Liste mit Repertoire von Beethoven, Brahms, Dvořák und Schubert spielt. Gleich danach gibt die Jury die drei Gewinner bekannt.

Unabhängig vom Urteil der Juroren können die Zuschauer über einen separat dotierten Publikumspreis abstimmen. Die Erfahrung zeigt: So ein Publikumspreis ist keinesfalls nur eine Art Trostpreis - und oft geht er auch nicht an den offiziellen ersten Preisträger. Professionelle Ohren hören und beurteilen doch nach anderen Kriterien als die fachkundiger Laien. Für die Musiker ist dieses Votum des Publikums immens wichtig. Für dieses treten sie schließlich auf, für ihre Zuhörer brennen sie. Beide Runden sind öffentlich und kosten keinen Eintritt, man sollte sich aber möglichst eine - kostenlose - Platzkarte sichern.

Das von den Sponsoren des Vereins und auch von Kesslers persönlich gestiftete Preisgeld von insgesamt 27 000 Euro (dazu noch ein Sonderpreis) geht an die drei Gewinner. Diese geben an den drei Folgetagen jeweils abends ein vollständiges Konzert. Für den Sieger gibt es außerdem später eine Konzerttournee durch Europa, die die Musikagentin und Mit-Jurorin Andrea Hampl organisiert.

Was unterscheidet so einen Wettbewerb von "normalen" Konzerten? Gerade bei Kammerkonzerten sind die Künstler leider nicht selten mit Abstand die Jüngsten im Saal. Im Gegensatz zum eher steigenden Durchschnittsalter der Besucher ist es ein Phänomen, wie viele junge Musiker sich für Kammermusik begeistern. An den Musikhochschulen boomt Kammermusik geradezu, ganz besonders beim Streichquartett, das so hohe Anforderungen an das Miteinander im Ensemble stellt. Bei Wettbewerben entsteht nun oft eine besondere Beziehung zwischen Teilnehmern und Publikum. Das fiebert mit den jeweils eigenen Favoriten mit, es diskutiert leidenschaftlich, und längst nicht nur die Kenner. Ob die Jury "richtig" entschieden hat, welche Kandidaten weiterkommen oder ausscheiden, ist Anlass für teils heftige Kontroversen. Das alles kann gerade für jüngere Besucher spannend sein und weckt vielleicht auch bei ihnen Neugier auf künftige Konzerte.

Der Titel "Erster Wettbewerb" lässt hoffen, dass die Arbeit aller Beteiligten durch großen Erfolg belohnt werde mit weiteren Auflagen des Wettbewerbs und sich Bad Tölz so einen festen Platz in dieser Szene erobert.

Hauptrunde Sonntag, 16. April, Finalrunde Montag, 17. April, Preisträgerkonzerte Dienstag bis Donnerstag, 18. bis 20. April, Kurhaus Bad Tölz, Gabriel-von-Seidl-Konzertsaal, Informationen und Karten: www.quartettissimo.de

Teilnehmer

Abeo Quartet, USA; Affinity Quartet, Australien; Animato Kwartet, Niederlande; Ast Quartet, Südkorea/Deutschland; Chaos String Quartet, Österreich; Dior Quartet, Kanada; Erinys Quartet, Finnland; Malion Quartett, Deutschland; Nebel Quartet, Südkorea/Deutschland; Quatuor Mona, Frankreich

Susanne und Christoph Kessler setzen einen neuen Akzent: Gustav Frielinghaus (rechts), Primarius des Amaryllis-Quartetts, ist einer der Juroren.

Gustav Frielinghaus (rechts), Primarius des Amaryllis-Quartetts, ist einer der Juroren.

(Foto: Tobias Wirth/oh)

Jury

Günter Pichler, Gründungsprimarius Alban-Berg-Quartett; Gustav Frielinghaus, Primarius Amaryllis-Quartett; Andrea Hampl, Leiterin Konzertagentur; Volker Jacobsen, Gründungsbratscher Artemis-Quartett; Helena Poggio, Cellistin Cuarteto Quiroga; František Souček, Primarius Zemlinsky Quartet; Antti Tikkanen, Primarius Meta4

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