Stichwahl in Geretsried:Von der Böhmwiese zur Bürgerbeteiligung

Was die beiden Kandidaten für die Bürgermeister-Stichwahl wollen: Robert Lug und Michael Müller im direkten Vergleich

Von Thekla Krausseneck

Kommunalwahl  2014

Am Sonntag gilts: Die Bürgermeisterkandidaten Robert Lug (FW, li.) und Michael Müller (CSU)

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Bürgermeisterkandidaten Robert Lug (Freie Wähler) und Michael Müller (CSU) stehen sich bei der Stichwahl am Sonntag gegenüber. Lug ist Diplom-Betriebswirt und hat von seinen 49 Lebensjahren 24 im Stadtrat verbracht, seit 2008 ist er Dritter Bürgermeister. Müller ist Diplom-Volkswirt; auch er ist von klein auf in Geretsried zu Hause.

1. Inwiefern unterscheiden sich Ihre Pläne und Ziele von denen Ihres Konkurrenten - Ihrer Meinung nach?

Robert Lug:Die größten Unterschiede sehe ich darin, dass ich mich ohne Wenn und Aber zum interkommunalen Hallenbad bekenne und dass ich bei der Frage der Sportstätten - also des Eisstadions und der beiden Fußballplätze auf der Böhmwiese - einen Neubau in der Nähe des Geländes der Fußballfreunde Geretsried, also zu Fuß erreichbar, bevorzuge. Unterschiedliche Ansichten gibt es auch bei der Wohnbebauung, denn ich will der Baugenossenschaft Baugrund vergünstigt verkaufen, damit sie dort günstige Wohnungen baut. Ich möchte keine eigene Baugenossenschaft von Seiten der Stadt.

Michael Müller:Unterschiedliche Meinungen haben wir in der Frage der Perspektiven der Sportstätten. Ich plädiere für die Beibehaltung der Sportstätten an den jetzigen Standorten und dafür, dass das Eisstadion saniert wird und ein Dach bekommt. Das Isaraustadion soll in einen wettkampftauglichen Zustand gebracht werden. Auf dem Gelände des Hallenbads will ich einen Familiensportpark errichten. Zur Böhmwiese sage ich, wir müssen sie natürlich entwickeln, aber mit Augenmaß. Zuerst müssen die Egerlandstraße und der Karl-Lederer-Platz gestärkt werden. Nebenzentren wie der Neue Platz brauchen ebenfalls Einzelhandel, auch durch alternative Konzepte wie den Cap-Markt, der sozial Benachteiligten Arbeitsplätze gibt.

2. Was wollen Sie zum Ende Ihrer sechsjährigen Amtszeit als Bürgermeister angestoßen oder umgesetzt haben?

Lug:Die Themen, die wir jetzt auf der Tagesordnung haben: Das Hallenbad ist in zwei Jahren gebaut und eröffnet, der Sportpark ist innerhalb von fünf bis sechs Jahren gebaut und die Fußballplätze dorthin verlegt, außerdem gibt es zusätzliche Beachvolleyball- und Soccer-Five-Plätze, die von den Jugendlichen und von den Elternbeiräten gefordert werden. Der ESC wird bis zur Eröffnung des neuen Eisstadions mit jährlich 50 000 Euro zusätzlich finanziell unterstützt. Was die Böhmwiese, S-Bahn und B-11-Verlegung angeht, da soll in den kommenden sechs Jahren mit dem Bau begonnen werden.

Müller:Auf alle Fälle hat das Eisstadion dann ein Dach. Es gibt eine vernünftige Ortsentwicklung und es sind Grundlagen dafür geschaffen worden, dass Geretsried keine zu starke Verdichtung hat, etwa über Bebauungspläne oder einen Kriterienkatalog für familienfreundliche Stadtplanung. Durch den könnten auch mehr Freiräume für Kinder geschaffen werden. Mit der S-Bahn wird es vorangegangen sein.

3. Wie sieht die Böhmwiese in 20 Jahren aus, wenn Sie Bürgermeister werden?

Lug:Die Böhmwiese ist in 20 Jahren ein sehr locker bebautes, sehr urbanes Gebiet. Was wir nicht wollen, ist, dass auf der Böhmwiese lauter Einfamilienhäuser stehen, aber auch keine flache Bebauung mit ein- bis zweistöckigen Häusern. Wir stellen uns das vor wie das Haus an der Egerlandstraße, in dem der Sport-Utzinger ist. Dazwischen sind viele Freiflächen und Grün. Die Idee ist: Ich baue in die Höhe, dadurch muss ich nicht so viel Fläche bebauen. Also eher Erdgeschoss plus vier. Dann gibt es dort den S-Bahnhof mit einer Tiefgarage, ein Bürgerhaus, Gastronomie, eine Disco und ein Kino mit mehreren Sälen.

Müller:Am Schwaigwaller Hang verläuft die B 11, die S-Bahn fährt, die Böhmwiese ist ein lockerer, maßvoll bebauter Ortsteil mit viel Grün und Gartenanlagen, in dem gewohnt und eingekauft werden kann. Kino und Disco sind allerdings Dinge, die ein privater Investor machen muss, aber die Stadt kann die Rahmenbedingungen schaffen, indem sie den Platz zur Verfügung stellt. Was wir noch machen können, ist, ein Kulturhaus zu schaffen.

4. Wie wollen Sie gleichzeitig den hohen Bedarf an Wohnraum für Senioren, Einkommensschwache und Besserverdienende decken?

Lug:Man könnte die 30 000 Quadratmeter große Fläche am Isardamm nutzen, die frei wird, wenn das Eisstadion in den Neubau am Robert-Schumann-Weg umzieht. Außerdem gibt es einige schlecht genutzte Flächen, leer stehende Bunker und Industriebrachen, auf denen ohne immense Verdichtung gebaut werden könnte. Ich halte es für realistisch, in meiner Amtszeit 800 neue Wohnungen mit bezahlbaren Mieten für Einheimische zu schaffen.

Müller:Im Vordergrund steht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auf der Böhmwiese sehe ich dazu durchaus die Möglichkeiten. In der Entwicklungsplanung müssen wir sehen, wie groß der Bedarf ist. Das geht einher mit der Frage: Wie sehr muss ich da nachverdichten? Deshalb schlage ich den Kriterienkatalog für familiengerechte Stadtplanung vor. Mir geht es darum, den Menschen hier in Geretsried optimale Bedingungen zu schaffen.

5. Ist die Bürgerbeteiligung in ihrer derzeitigen Form sinnvoll oder wollen Sie etwas an ihr ändern?

Lug:Die Bürgerbeteiligung haben wir intensiv und das bleibt auch dabei, da gibt es nichts zu kritisieren. Bisher lief es etwas doppelspurig durch die Erstellung des Leitbilds und den Workshop zur Böhmwiese. Jetzt müssen Ausschüsse, Beiräte und Beteiligungsgruppen stärker vernetzt werden, damit sie nicht nebeneinander arbeiten. Das heißt, Beiräte und Beteiligungsgruppen werden zusammengeführt. Beiräte müssen dann öffentlich tagen, außer bei Ausnahmen, wenn es zum Beispiel um die Interessen Dritter geht.

Müller:Die Bürgerbeteiligung muss man sich noch mal genau anschauen. Da ist derzeit viel Idealismus dabei und nicht alles ist optimal gelaufen. Es ist die Frage, wie bekommt man durch eine Vielzahl an Beteiligungsgruppen die Leute dauerhaft an die Themen heran? Das ist ein Dickicht, das undurchschaubar ist. Man muss Strukturen schaffen, durch die der notwendige Spannungsbogen erhalten bleibt.

6. Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Ihnen im Stadtrat nach diesem emotionalen Wahlkampf noch gelingen?

Lug:Die Zusammenarbeit wird sehr gut funktionieren. Wir brauchen uns alle, es gibt in einer Stadt keine Regierung und keine Opposition, der Stadtrat ist ein Kollegialorgan.

Müller:Die Zusammenarbeit wird funktionieren müssen, im Interesse der Stadt. Deshalb werden sich die Wogen glätten - sie müssen sich glätten.

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