Starnberger See:Die Vogelgrippe rückt näher

Am Ammersee wird ein Verdachtsfall gemeldet. Das hiesige Landratsamt und Geflügelhalter sind alarmiert - denn das Virus kann sich schnell verbreiten.

Von Sabine Bader und Ingrid Hügenell

Die europaweit grassierende Vogelgrippe kommt dem Landkreis näher: Am Sonntag hat das Landratsamt Starnberg einen Verdachtsfall am Ostufer des Ammersees gemeldet. Bei dem toten Tier handelt es sich um eine Seeschwalbe, einen schnellen Zugvogel, der weite Strecken zurücklegen kann. Vom Ammersee zum Starnberger See sind es nicht einmal 20 Kilometer, nach Schlehdorf am Kochelsee knapp 50 - in Luftlinie.

Die Geflügelhalter im Landkreis sind bereits alarmiert. So hat Saro Ratter, der im Klostergut Schlehdorf für die Landwirtschaft zuständig ist, eine E-Mail vom Hersteller des mobilen Stalls erhalten, in dem die etwa 200 Legehennen des Guts untergebracht sind, die tagsüber draußen umherlaufen. Sie könnten auch mehrere Tage in dem Stall bleiben, sagt Britta-Marei Lanzenberger vom Gut, der sei groß genug. "Wir hören aufmerksam die Nachrichten, um auf dem Laufenden zu sein." Wenn die Vogelgrippe auf dem Gut aufträte und die Tiere alle getötet werden müssten, "das wäre eine Katastrophe", sagt sie.

Bis Sonntagabend gab es im Landkreis keinen Verdachtsfall. Auch im Landratsamt verfolgt man die Lage gespannt, es ist festgelegt, wer wen informiert, sollte ein an der auch Geflügelpest genannten Krankheit verendeter Vogel gefunden werden, erklärt Sprecherin Marlis Peischer.

Nach dem Fund des toten Vogels in Breitbrunn am Ammersee hat die Starnberger Die Kreisbehörde am Wochenende die Geflügelhalter im Umkreis von drei Kilometern um den Fundort informiert und eine Stallpflicht angeordnet, teilte Amtssprecher Stefan Diebl gestern mit.

Am Freitag hatte ein Spaziergänger etwa 150 Meter südlich des Breitbrunner Dampferstegs die tote Seeschwalbe gefunden. Der Vogel wurde im Rahmen des Wildvogelmonitorings zur Untersuchung auf Vogelgrippevirus an das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gebracht. "Ein Verdacht auf Geflügelpest bestand zu diesem Zeitpunkt nicht", sagt Diebl. Der habe sich erst ergeben, als das Landesamt in den Organen der Seeschwalbe Aviäres Influenza Genom vom Subtyp H5 nachgewiesen habe. Die Proben wurden zur Bestätigung und für weitere Untersuchungen an das Nationale Referenzlabor, Friedrich-Loeffler-Institut, weitergeleitet. Für diesen Montag werden von dort die Ergebnisse erwartet.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, muss die Kreisbehörde handeln. Laut Diebl werden dann zum Schutz der Hausgeflügelbestände Schutzzonen - Sperr- beziehungsweise Beobachtungsgebiete - eingerichtet. Für einen Umkreis von drei Kilometern um den Fundort hat man die Einrichtung eines sogenannten Beobachtungsgebiets vorbereitet.

In dieser Zone befinden sich laut Diebl 16 Geflügelhalter mit etwa 7850 Tieren. Das Veterinäramt habe alle betroffenen Geflügelhalter informiert und vorsorglich eine Stallpflicht angeordnet. "Die Stallpflicht soll verhindern, dass Wildvögel durch Futter- und Tränkeeinrichtungen von Hausgeflügel angelockt werden und so das Vogelgrippevirus in den Bestand eingeschleppt wird", erklärt Amtstierarzt Johannes März. Die Kreisbehörde rät dazu, tote Tiere nicht zu berühren. Aus dem Landkreis Lindau war am Samstag zu erfahren, dass man tote Vogel auch nicht mit dem Schuh berühren sollte.

Der Fall der toten Ente

Januar 2004: Wegen der in Asien grassierenden Vogelgrippe müssen alle Enten-, Gänse-, Fasanen-, Rebhühner-, Wachtel- und Taubenbestände in Bayern ans Veterinäramt gemeldet werden. Die Eilverordnung des Bundes hat vorsorglichen Charakter.

Februar 2006: Nach dem Ausbruch der Vogelgrippe am Bodensee rechnen Veterinäre und Umweltschützer damit, dass das Virus auch im Landkreis auftaucht. Tatsächlich wird am 20. Februar in Sachsenkam eine tote Wildente gefunden, die das Virus H5N1 in sich trägt. Um den Fundort werden eine Drei-Kilometer-Sperrzone und eine Beobachtungszone mit zehn Kilometer Radius eingerichtet. Vögel, deren Fleisch und andere Geflügelprodukte dürfen das Gebiet nicht verlassen. Gut drei Wochen später wird die Sperrzone wieder aufgehoben. In den Ort kommen viele Journalisten, die Jäger sagten eine Veranstaltung dort ab. Der Rummel ist für die Sachsenkamer schlimmer als die Vogelgrippe.

April 2006: Im Straßlacher Ortsteil Mühlthal, direkt an der Isar, wird ein infizierter Uhu gefunden. Er hatte vermutlich von einem toten Wildvogel gefressen und sich so angesteckt. Der Uhu stirbt später. Auch um diesen Fundort werden ein Sperrgebiet und eine Beobachtungszone eingerichtet. Das Gebiet umfasst Schäftlarn und Teile der Gemeinden Icking und Egling. Im Mai wird die Beobachtung aufgehoben.

März 2009: Der europaweit erste Vogelgrippe-Fall des Jahres tritt im Landkreis Starnberg auf. Eine mit dem H5N1-Erreger infizierte Stockente wird bei Possenhofen entdeckt. Sie war im Januar bei einer Jagd am Starnberger See mit 34 weiteren Stockenten und vier Kanadagänse im Flug erlegt worden. Die übrigen Tiere zeigen laut Landratsamt keine Anzeichen der Erkrankung. Grund der Untersuchung ist ein EU-weites Wildvogelmonitoring. Ein Sperrbezirk wird nicht festgelegt - der Fall liegt zu lange zurück. phaa/ihr

Am Bodensee wurden sieben tote Vögel gefunden, mindestens zwei von ihnen waren mit dem Vogelgrippevirus H5N8 infiziert. Die anderen werden noch untersucht. Auch diese Ergebnisse werden an diesem Montag erwartet. Das Starnberger Landratsamt rät, Hunde und Katzen im Uferbereich nicht frei laufen zu lassen. Wer eine tote Wildente, Wildgans oder einen Schwan findet, kann das Landratsamt unter Telefon 08041/505-0 verständigen. Informationen zur Vogelgrippe findet man im Internet auf der Homepage des bayerischen Verbraucherschutzministeriums.

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