Starkbierfest in Geretsried:"Es passiert bei den Leuten im Kopf"

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Ein Prosit auf den Humor: Der Fastenprediger nach getaner Arbeit. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ludwig Schmid will als Fastenprediger Barnabas nur Hinweise geben, die Assoziationen auslösen

Von Felicitas Amler, Geretsried

Es ist sein sechzehntes Mal - und er hat die Ruhe weg: Ludwig Schmid, den Geretsriedern als "Schmid-Bäck" so gut bekannt wie als Fastenprediger Luigi Barnabas, hat seine Rede fürs Starkbierfest der Gartenberger Bunker-Blasmusik noch nicht zu Papier gebracht. Sind ja noch drei Tage ... "Der Druck ist noch nicht hoch genug", sagt er am Dienstagvormittag. "Morgen wird er vermutlich auf vollem Level sein." So hat Schmid es bisher immer gehalten. Er schleicht sich an die humorvolle Predigt erst wenige Tage vorher heran, indem er - aus der Erinnerung - "potenzielle Themen und Personen" notiert. In einen Fließtext wird das Ganze dann erst kurz vor knapp gegossen.

Verraten wird natürlich wenig. Nur so viel: "Dieses Jahr wird ein großer Block die Kommunalwahl sein." Stadtrat und Bürgermeister in Geretsried, Kreistag, aber auch die "mittlerweile interkommunale Nachbarschaft". Kein großes Geheimnis, so Schmid, sei es, dass "die Bautätigkeit in der Neuen Mitte" für ihn ein Punkt sei, schließlich werde diese Stadtentwicklung immer noch sehr kontrovers diskutiert.

Die einen lachen sich schlapp (Landrat Josef Niedermaier) . . . (Foto: Hartmut Pöstges)

Genau mit diesem Thema hat Barnabas im vergangenen Jahr den Bürgermeister schwer verärgert. Er sei als Mafioso dargestellt worden, sagte Michael Müller (CSU) im Nachgang. Schmid widerspricht. Das sei generell ein Thema, das keineswegs nur den Bürgermeister betreffe, sagt er: "Ich sage so etwas nicht direkt. Ich gebe Hinweise, alles andere passiert bei den Leuten im Kopf." Im konkreten Fall habe er im Zusammenhang mit dem Umbau des Stadtzentrums das Wort "Betonmischer" fallen gelassen. Von Mafia sei keine Rede gewesen - die Assoziation hätten andere geknüpft. Auf die Frage, ob er es denn nicht genau darauf anlege, antwortet er: "So funktioniert das. Ich stelle nur ein Paar Stiefel hin, wer die anzieht ..."

"Auf guat Boarisch"

Eine andere Passage aus der Predigt 2019 betraf im Verständnis vieler Zuhörer Ute Raach, die leitende Beamtin im Rathaus. Schmid zieht sich darauf zurück, dass er sie gar nicht explizit genannt, sondern nur ein bairisches Wort eingesetzt habe. Tatsächlich hatte er von einer hohen Fluktuation gesprochen; hatte gesagt, die altvertrauten Gesichter verließen das Haus, und mit einem "Achtung, Wortspiel!" erklärt, die Leute verschwänden - "oder wia ma auf guat Boarisch sagt: Die gengan in Raach auf".

Ob es im Geretsrieder Rathaus wirklich eine hohe Fluktuation gab - eine Nachfrage ergab damals, nein, das sei keineswegs der Fall -, beschäftigt Schmid nicht zu sehr. Recherche? "Ich muss nichts nachrecherchieren", sagt er, "weil ich behaupte ja nichts."

...Bürgermeister Michael Müller findet's nicht immer komisch. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn er Leute verärgere, tue ihm "als Person Ludwig Schmid" das weh, betont er. "Meine Maxime ist, Spaß zu haben und nicht, jemanden zu verletzen." Dennoch müsse sich, wer Angriffsflächen biete, auch darauf einstellen, dass diese angesprochen werden. Bei einem Monolog, wie eine Fastenpredigt es nun einmal sei, gebe es allerdings oftmals "ein Sender-Empfänger-Problem". Die Rede lebe ja von einer gewissen Zweideutigkeit. Die Grenzen seines Humors benennt Schmid mit "gesundheitlichen, körperlichen und religiösen Merkmalen"; die dürften keinesfalls für Spott dienen.

Den am wenigsten erwarteten Lacher hat Barnabas vor Jahren erzielt, als der Karl-Lederer-Platz gerade mit einem künstlichen Bachlauf neu gestaltet worden war. Da habe er über die Notwendigkeit richtiger öffentlicher Toiletten statt einer "überdimensionalen Pinkelrinne" sinniert. Ein, wie Schmid sagt, "beiläufiger Pubertätswitz", über den sich die Leute aber ausgeschüttet hätten vor Lachen.

Der größte emotionale Treffer sei jener Auftritt gewesen, den er damit beendete, dass auf der Bühnenrückwand die Großbuchstaben G-E-R-E-T-S-R-I-E-D auftauchten. Scherzkekse hatten sie in der Freinacht in der sogenannten Högl-Kurve der B 11 aufgebaut. Sie waren entfernt und im Bauhof gelagert worden. Und dann feierten sie auf der Starkbierfest-Bühne Wiederauferstehung: "Das war die überwältigendste emotionale Reaktion", erinnert sich Schmid. Im wirklichen Leben sind diese handgemachten Exemplare längst durch einen wetterbeständigen und ganz stabil verankerten Schriftzug ersetzt - eine Auferstehung nach Wandlung gewissermaßen. Und aus der Högl- ist so die Hollywoodkurve geworden. Das Geheimnis, wer die Freinachtbastler waren, behalten Ludwig Schmid und Luigi Barnabas aber schön für sich.

Starkbierfest der "Gartenberger Bunker-Blasmusik": Freitag/Samstag, 28./29. Februar, 19 Uhr, Ratsstuben Geretsried, Karten unter Telefon 08171 / 643 30 oder 08171 / 66 03

© SZ vom 26.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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