Na, wer hätte das gedacht. Ein Tête-à-Tête zwischen Bürgermeister Stefan Korpan und Landrätin Andrea Jochner-Weiß? Auf der Bühne ist alles möglich, wenn das Stammwürze-Team des Oberlandler Volkstheaters zum Starkbier-Anstich in die Penzberger Stadthalle lädt. Wieder einmal wurde derbleckt, gfrotzelt und herrlich gesungen - auch wenn Fastenpredigt und Singspiel an der ein oder anderen Stelle durchaus mehr Würze hätten vertragen können. Dennoch alles in allem ein unterhaltsamer Premierenabend.
Vorhang auf! Der Wilde Westen wartet auf das Publikum in der ausverkauften Stadthalle. „Welcome to Penzylvania“, die Stadt, in der sich Sheriff Korpan the Kid (Benno Arnstadt) mit schießwütigen Konkurrenten und klammen Kassen herumschlagen muss. Vorab ein Kompliment an die Schaffer des Bühnenbildes: ein Saloon wie aus dem Western-Bilderbuch dient dem Singspiel als Kulisse. Kostüme und Maske sind ebenfalls ein Lob wert.


Man könnte den Eindruck gewinnen, dass in der Stadt so gar nichts los ist. Penzylvania als Synonym für „tote Hose“. Kein Eismärchen - worauf Markus Calliari als Pianomann mit dem etwas abgewandelten Refrain aus dem Vanilla-Ice-Song „(No) Ice, ice, baby!“ erinnerte. Keine Kneipen oder Discos. Und überhaupt: Penzylvania ist pleite. Wer Amusement sucht, muss sich ins Auto setzen und zum Stadelfest ins benachbarte Antdorf fahren. Das ist schon bitter. Wenigstens gibt es den Bürgerbahnhof. Allerdings sind Chanson-Marathons halt nicht jedermanns Geschmack.
Da bleibt nur der Saloon von Antonio alias Stefan David. Ramazotti und „vino bianco“ kann der kredenzen. Und wenn es hart auf hart kommt auch mal Whisky. Dort rekeln sich in ihrer Langeweile die leichten Bar-, pardon Vorzimmer-Damen des Sheriffs gemeinsam mit der frivolen Burgl (Stadträtin Maria Probst), großartig gespielt von Michi Rößle. Plötzlich kommt Leben in die Bude. Schmuckhawkins (Stadtrat Ludwig Schmuck) alias Rainer Babel meldet einen Banküberfall. Das muss ein Irrtum sein, sind doch die Kassen leer. Wo bleibt nur der Sheriff? Korpan the Kid tut mal wieder eines: Er glänzt durch Abwesenheit.

Endlich öffnet sich die Tür zu einem der Boudoirs der Bardamen. Gemächlich betritt der Sheriff die Szene, lässt sich die Sachlage erklären und stellt die Frage: „Und was dean mir jetzt?“ Handeln ist nicht das Ding von Korpan the Kid. Und so kommt es, wie es kommen muss: Nix wird gemacht. Was eine der Bardamen zum Ausspruch verleitet: „Der hat doch die Sache nicht im Griff!“
Neben Sheriff Korpans phlegmatischem Einsatz ist die Vereinsförderung ein Thema. Die Stadt stellt die Nutzung von Hallen und mehr in Rechnung, die Vereine müssen daher ihre Mitgliedsbeiträge erhöhen. Auftritt Stefan Rosenberger als Kapfer-Arrington, in Penzylvania Ansprechpartner für die vielen, vielen Vereine. Der beteuert, er müsse das tun, was der Sheriff anschafft.

Überragend in ihrer Rolle als Weilheim-Schongaus Landrätin Jochner-Weiß ist Ramona Frick. Sie ist so gut, dass man die CSU-Politikerin bei der nächsten Kommunalwahl wiederwählen müsste, um noch einmal in den Genuss von Frick in dieser Rolle zu kommen. Ebenfalls als Saloon-Mädchen gekleidet kommt sie aus jenem Zimmer, das kurz zuvor Korpan the Kid verließ und begrüßt das Publikum, als ob Jochner-Weiß leibhaftig dort oben an der Ballustrade stehen würde: „Griaß eich mitanand. Griabig is wieder bei eich!“
Zum Schlagerhit „Ich will einen Cowboy zum Mann“ schmettert Frick „Ich weiß, der Korpan ist mein Mann“. In ungeahnte Höhen erhebt sie ihre Stimme: „Dabei kommts mir gar nicht auf die Größe an, denn ich weiß, dass dieser Korpan liefern kann.“ Doch die anfängliche Begeisterung für den Parteifreund lässt schnell nach: „Fünf Jahr nix auf die Fiaß ned gstellt - jetzt is furt des ganze Geld!“ Das Ende vom Lied: „Vielleicht is da Korpan ned mein Mann. Vielleicht hängt es doch von den Erfolgen ab, und da macht mein Korpan jetzt doch leider schlapp.“ Mag der so angesprochene der Eigenreflexion mächtig sein, müssten dem Penzberger Bürgermeister diese kleinen Sticheleien zu denken geben.
Denn die Wahl steht vor der Tür. Wer wird der nächste Sheriff in Penzylvania? Das Stammwürze-Team bringt einen Reigen an Anwärtern ins Spiel. Da wäre mal Sebastian Oldfirehand Fügener (Stadtrat Sebastian Fügener), dargestellt von Andreas Mummert. Der setzt als Grüner auf Drahtesel statt Pferdestärken, muss indes zugeben, dass Kerstin Los Angeles (Stadträtin Kerstin Engel) ihm nie die Erlaubnis geben würde zu kandidieren.
Oder Buffalo Boxi (Zweiter Bürgermeister Markus Bocksberger), ein recht rabiater Kerl, der gleich mal von der Pistole Gebrauch macht. Wie stets, viel Rauch um nichts, lautet der Kommentar der Saloon-Gäste. Ein weiterer Kandidat wäre noch Lucky Lenk. „Naa, des erlaubt mei Frau ned! De is eh so zwiada“, lautet seine Antwort.

Das Ende des Kandidatenpokers: Es kommt zu einer Saloon-Schlägerei, bei der auch noch der Mystery Meikis (SPD-Ortsvorsitzender Clemens Meikis), gespielt von Valentin Lenk, mitmischt. „Noch bin ich der Sheriff da! Ohne mich schubst sich hier koana“, beendet Korpan the Kid die Auseinandersetzung. Der Wunsch nach einem „Superbürgermeister“ wird laut: einer, der alle Namen weiß und Hände schüttelt; der reden kann „und es fällt ihm gar nicht schwer“. Ja und einer, der die überbordenden Wünsche der Bürgerinnen und Bürger von Penzylvania erfüllt. Das versuchen diese in einer Pokerrunde mit Korpan the Kid zu erreichen. Doch wird es kein neues Feuerwehrhaus geben, die Vereine müssen blechen ... ohne es zu merken, sägt Burgl am Stuhl des Sheriffs. Wumms, verloren. „Ich wollt so gerne was bewirken, dass Penzberg auf mich stolz sein kann. Ich fühl mich nie so richtig glücklich, weil ich bin letztlich nur der Pleitemann. Wenn mich die Leute draußen sehn, bleiben sie vor Mitleid stehn, doch ich geh weiter Richtung Rathaus, ohne umzudrehen“, singt ein einsamer Sheriff.

Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne, heißt es. Zum letzten Mal trat Rainer Hofmann als Bruder Servatius in die Kanzel. Assistiert von Nonne Tina (Bettina Calliari) nahm er die anwesenden Lokalpolitiker ins Gebet. In der Fastenpredigt ging es ebenfalls um die Finanznöte Penzbergs und um eine gewisse Ödnis in der Stadt. Schöner ausgedrückt, um „Lost Places“, also verlassene und in Vergessenheit geratene Orte. Da machen Servatius und Tina gleich eine ganze Handvoll aus: der Bürgermeisterstuhl nach der Haushaltssperre; das Zörner-Haus und die ehemalige Bäckerei Edlfurtner, beide seit Jahren leer stehend; die Landesgartenschau, die schon „lost“ war, ehe sie überhaupt nach Penzberg gekommen ist; das Schwimmbad-Parkhaus, weil kaum genutzt; und die Kirche im Stadtteil Steigenberg, für die es keine Verwendung mehr gibt. Die Liste kann beliebig verlängert werden.

Zum Abschied gab Bruder Servatius ein Best-of seiner früherern Fastenpredigten. Als Höhepunkt ehrten er und Nonne Tina die „Meistderbleckten“ mit dem „Starkbier Dablecki 2025“. Die Oscar-ähnliche Trophäe nahmen Elke Zehetner (SPD), Ludwig Schmuck (CSU) und Evi Mummert, Ehefrau von Altbürgermeister Hans Mummert, entgegen. „Seit 2009 hat er für uns gepredigt“, würdigte Regisseurin und Oberlandler-Chefin Claudia Herdrich den scheidenden Hofmann. Nun dürfe er seinen wohlverdienten Ruhestand antreten.