Standortstreit:Die Quadratur des Klosters

Die Pläne der Fraunhofer-Gesellschaft, in Benediktbeuern ein Tagungszentrum zu bauen, erweisen sich aus Sicht des Denkmalschutzes als äußerst schwierig.

Kathleen Hildebrand

Kloster Benediktbeuern Fraunhofer

Hinter der Klostermauer könnte bald ein Tagungshaus der Fraunhofer-Gesellschaft stehen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Fraunhofer-Gesellschaft plant ein Tagungszentrum mit Übernachtungsmöglichkeiten in Benediktbeuern. Laut Klosterleitung geht es in den bisherigen Plänen um eine Geschossgrundfläche von 1900 Quadratmetern. Weil Joseph Fraunhofer Anfang des 19. Jahrhunderts im Kloster zum Sonnenspektrum forschte, erscheint das Kloster als guter Ort dafür. Alle Beteiligten wollen, dass das Fraunhofer-Tagungszentrum nach Benediktbeuern kommt. Doch wo es gebaut werden soll, ist heftig umstritten. Generalkonservator Egon Greipl, Chef des Landesamts für Denkmalpflege, bezeichnete die Pläne, im Klostergarten zu bauen, als "schlimm". Sie seien ein Beispiel für die Vernachlässigung des Denkmalschutzes in ganz Bayern.

Der Klostergarten

Dieser Standort für das Tagungshaus ist momentan der wahrscheinlichste. In der nordöstlichen Ecke des ummauerten barocken Südgartens stehen alte Hühnerställe. Der barocke Ziergarten, den es im 18. Jahrhundert auch im Südgarten gab, lag weiter östlich. Seine Fläche würde nicht, wie oft befürchtet wurde, bebaut. Dort befindet sich heute ein Biotop. Das Problem: Das Eck-Grundstück, das die Fraunhofer-Gesellschaft in Erbpacht nutzen will, liegt innerhalb der denkmalgeschützten Klosteranlage, was den kompletten Klostergarten mit einschließt. Einige Obstbäume müssten dem Neubau voraussichtlich weichen. Der Vorteil an diesem Standort: Er liegt in der Nähe der Klosterküche, die die Gäste versorgen soll.

Kloster Benediktbeuern Fraunhofer

Ein Stich aus dem Jahr 1740 zeigt die Klosteranlage mit Gärten.

(Foto: Manfred Neubauer)

Jenseits der Gleise

Bei dieser Lösung würde der Neubau außerhalb der denkmalgeschützten Anlage auf einer Wiese gebaut. Die historischen Gebäude südlich davon blieben laut Landesamt für Denkmalpflege erhalten. Allerdings würde hier die Sichtachse vom Ort zum Kloster eingeschränkt, was man über die letzten Jahrzehnte immer vermeiden wollte. Die Fraunhofer-Gesellschaft würde den Standort akzeptieren.

Standortstreit: Benediktbeuern ist eine der wenigen fast komplett erhaltenen barocken Klosteranlagen in Europa.

Benediktbeuern ist eine der wenigen fast komplett erhaltenen barocken Klosteranlagen in Europa.

(Foto: Kloster Benediktbeuern)

Im Klostergebäude

Einige Teile des Klosters Benediktbeuern stehen leer. Und im kommenden September wird die Philosophisch-Theologische Hochschule (PTH) aufgelöst, das Konventgebäude, in dem sie residiert, wird frei. Die Fraunhofer Gesellschaft habe diese Variante geprüft, aber nicht weiterverfolgt, sagt Pressesprecher Franz Miller. Von Anfang an habe man einen Standort außerhalb des Klosters geplant , um moderne Anforderungen an ein Tagungszentrum erfüllen zu können. Im Kloster gäbe es ebenfalls Denkmalschutzauflagen, und baulich sei es "äußerst schwer", das Projekt umzusetzen.

Position der Gemeinde

Der Gemeinderat Benediktbeuern hat sich Ende 2012 einstimmig für den Standort im Klostergarten ausgesprochen, um die Sichtachse zwischen Ort und Kloster frei zu halten. Der Flächennutzungsplan wurde dementsprechend geändert und auch bereits von Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) unterschrieben. Von Seiten der Gemeinde könnte der Architektenwettbewerb für das Tagungshaus beginnen. Sie hat die Planungshoheit, muss aber Denkmalschutz-Aspekte in ihre Entscheidung einbeziehen. Das Wissenschaftsministerium prüft dann, ob das in ausreichendem Maß geschehen ist. Vom Ministerium in München hieß es dazu am Freitag: "Bei einem Standort im Südgarten ist insbesondere wesentlich, dass die Gemeinde ihren unbedingten Willen zur dauerhaften Freihaltung der Freiflächen im Außenbereich um das Kloster planungsrechtlich ausreichend dokumentiert."

Bürgermeister Georg Rauchenberger (parteilos) erhofft sich von dem Fraunhofer-Tagungshaus positive Auswirkungen, zum Beispiel auf die Gastronomie von Benediktbeuern. Doch es gibt auch leise Zweifel im Gemeinderat: Rudolf Mühlhans (SPD) verweist auf die leer stehenden Trakte des Klosters: "Soweit ich weiß, ist darüber im Gemeinderat noch nie gesprochen worden", sagt er. In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag schlug Margarete Steffens (CSU) vor, ein Gerüst mit den geplanten Maßen des Neubaus aufzustellen, damit die Bürger sehen könnten, worum es genau gehe: "Niemand will dem Kloster einen Stein in den Weg legen, aber das Problem ist vor allem die Größe."

Landesamt für Denkmalpflege

Generalkonservator Egon Greipl warnt vor einer "irreparablen Schädigung" des Denkmals Kloster Benediktbeuern durch einen Neubau am Standort Klostergarten. Schon gegen die neue Mensa der Katholischen Stiftungsfachhochschule (in der Luftaufnahme links unten), habe das Amt vor Baubeginn Bedenken vorgetragen. Man könne im Klostergarten nicht zwischen Nutz- und Ziergarten differenzieren, sondern müsse die gesamte Anlage schützen. Von Süden her betrachtet werde die bisher unverändert erhaltene barocke Entwurfsidee gestört. Das Amt befürwortet den Alternativ-Standort jenseits der Gleise, weil die Sichtachse ohnehin bereits durch ein Studentenwohnheim eingeschränkt sei, gegen dessen Bau an diesem Ort das Landesamt protestiert habe. Verglichen mit einem Eingriff in die Klosteranlage sei dies das kleinere Übel. Jedoch habe das Amt "von Anfang an die Auffassung vertreten, dass die Nutzung der vorhandenen Räumlichkeiten im Kloster die beste Lösung wäre", erklärt Greipl. Zudem würde er gern den barocken Ziergarten wieder aufbauen. "Dafür würden wir Geld in die Hand nehmen", heißt es in der Pressestelle.

Klosterleitung

Für Pater Claudius Amann steht die Jugendarbeit als Kernaufgabe des Klosters im Mittelpunkt. Finanziell würde das Tagungshaus dem Kloster sehr nützen und die Weiterführung seiner sieben Einrichtungen sichern. Der Standort ist ihm dabei fast gleich: "Ich bin zu 60 Prozent für den Klostergarten und zu 40 Prozent für den Standort jenseits der Gleise."

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