Wolfratshausen:Keine Neuregelung für günstigen Wohnraum

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Wolfratshausen ist die am dichtesten besiedelte Kommune im Landkreis. Flächen für neuen Wohnraum sind rar. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Wolfratshauser Stadtrat lehnt einen Antrag der Grünen ab, den Grundsatzbeschluss von 2004 für Bebauungspläne zu ergänzen. Die sprechen von einer vertanen Chance, die CSU von Bürokratisierung.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Eine Sondersitzung zur sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) im Wolfratshauser Stadtrat hat kontrovers geendet. Schlussendlich lehnte das Gremium mit 13 zu elf Stimmen ab, einen seit 2004 existierenden Grundsatzbeschluss zur sozialen Komponente in Bebauungsplänen auf Antrag der Ortsgrünen zu aktualisieren. Dafür stimmten die SPD-Fraktion (Fritz Meixner fehlte in der Sitzung), die Grünen sowie Ulrike Krischke (Bürgervereinigung), ihre Stimmen aber reichten nicht für eine Mehrheit.

Das Prinzip der sozialgerechten Bodennutzung gilt etwa bereits in München und vielen umliegenden Kommunen. Es verpflichtet unter anderem Bauherren dazu, einen festgelegten Teil des neu geschaffenen Wohnraums zu bezahlbaren Preisen anzubieten. Das kann etwa dadurch gewährleistet werden, dass die Kommune einen Anteil des Bruttobaulandes im Erwerbsmodell direkt kauft – in Wolfratshausen war ein Mindestumfang von 50 Prozent im Gespräch – oder mit von Verträgen arbeitet, die den Eigentümer an eine sozialverträgliche Entwicklung binden. Zudem soll, wer auf den Grundstücken gebaut, die sogenannten Folgekosten übernehmen, wenn entsprechende Infrastruktur, beispielsweise Kindergärten, zu schaffen sind.

Die CSU-Fraktionsvorsitzende Claudia Drexl-Weile warf den Grünen vor, mit ihren Anträgen „planwirtschaftliche“ Ansätze zu verfolgen. „Ich spreche mich gegen Regelungswut und Bürokratisierung aus.“ Ihre Fraktion werde sich gegen die beantragte Neuregelung aussprechen, weil damit nur ein zusätzlicher Verwaltungsakt beschlossen werde. „Wir sind der Meinung, dass wir mit der bisherigen Fassung gut gefahren sind“, so Drexl-Weile.

Claudia Drexl-Weile, die Sprecherin der CSU-Fraktion, sieht in dem Antrag des Grünen "planwirtschaftliche Ansätze". „Wir sind der Meinung, dass wir mit der bisherigen Fassung gut gefahren sind“, sagt sie. (Foto: Hartmut Pöstges)

Rechtsanwalt Gerhard Spieß, den die Stadt in der Sache als Berater hinzugezogen hatte, berichtete in der Sitzung, dass der SoBon teilweise eine „preisdämpfende“ Wirkung zugeschrieben werde. „Das Problem der stark steigenden Bodenpreise wird sie aber nicht lösen“, so Spieß. Letztlich müssten beide Seiten profitieren, die Kommune, in dem sie ihr Ziel, möglichst bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erreiche, und der Eigentümer, der Gewinn daraus ziehe.

Relativ weitgehend ist zum Vergleich das Münchner Modell der SoBoN. In der Landeshauptstadt müssen 60 Prozent des neu geschaffenen Wohnbaurechts im geförderten und preisgebundenen Segment entstehen. Für Manfred Fleischer (Wolfratshauser Liste) sind die strengen Regelungen in München ein negatives Beispiel. In der Landeshauptstadt verfolgten Bauträger deswegen praktisch keine Projekte mehr, sagte er.

Die SoBon in Wolfratshausen sei wie mit „Kanonen auf Spatzen zu schießen“, sagt Eibl

Der in Wolfratshausen nun weiterhin geltende „Grundsatzbeschluss zur sozialen Komponente“ ist aus Sicht von Rechtsanwalt Spieß für die damalige Zeit hochmodern. „Es kommt nicht so viel wesentlich Neues hinzu.“ Mit dem 2004 verabschiedeten Modell habe die Stadt geschafft, sich im Speckgürtel von München moderat zu entwickeln, sagte BVW-Sprecher Josef Praller, der an der Regelung mitgearbeitet hatte. Der Erfolg gebe Wolfratshausen recht. Auch der Zweite Bürgermeister Günther Eibl (CSU) fand, dass die Entwicklung der Stadt mit verschiedenen Instrumenten wie Einheimischenmodell oder einkommensorientierter Förderung gut gelungen sei. Es sei zu überlegen, ob die Kommune durch eine Neuregelung nicht mit „Kanonen auf Spatzen“ schieße. Zumal, wie Eibl sagte, es in Wolfratshausen kaum relevante Entwicklungsflächen gebe. Für eine neue SoBoN stand eine Bagatellgrenze von 500 Quadratmetern Geschossfläche im Raum.„Wir reden von vielleicht drei, vier großen Grundstücken“, sagte er.

Bereits im Oktober 2023 hatte es im Wolfratshauser Stadtat eine Informationsveranstaltung zur SoBon gegeben. Die nun mehrheitlich ablehnende Haltung verwunderte daher die Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth (Grüne). Es gehe darum, den 20 Jahre alten Grundsatzbeschluss zu aktualisieren, sagte sie. Die Stadt sei gesetzlich verpflichtet, eine soziale Komponente zu haben. Eine Chance werde vertan. Ihr Fraktionskollege Hans-Georg Anders erklärte, dass alle Grundeigentümer gleich behandelt werden müssten. Die nun getroffene knappe Entscheidung sei eben Demokratie, sagte Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW). Zur Informationsveranstaltung im Oktober seien weniger als zehn Stadträte gekommen. Der Rest sei offenbar der Meinung, dass sich nichts ändern müsse.

Die Grünen hatten außerdem beantragt, dass der Bürgermeister alle städtebaulichen Verträge dem Stadtrat noch einmal zur Genehmigung vorlegen müsse, bevor er unterschreibe. Das sehe er als Misstrauensantrag gegenüber seinem Amt, so Heilinglechner. Dem pflichtete Vorgänger und Wirtschaftsreferent Helmut Forster (Wolfratshauser Liste) bei. „Es geht nicht um Misstrauen“, sagte Hans Schmidt (Grüne). In der Vergangenheit habe er festgestellt, dass Verträge teils von den Vorgaben, die der Stadtrat gemacht habe, abwichen. Das Gremium lehnte den Grünen-Antrag mit 18 zu fünf Stimmen ab.

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