Stadtrat:Penzberg drückt sich vor neuer Straßensteuer

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Das Rathaus vertagt die Einführung einmal mehr, wird die Abgabe aber wohl eintreiben müssen. Die Bürger sind empört.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Der Penzberger Stadtrat tut sich schwer, eine Straßenausbaubeitragssatzung zu erlassen. Schon vor etwa zwei Jahren flog das Thema von der Tagesordnung. Kürzlich hat das Gremium wieder gekniffen. CSU und SPD sprachen sich dafür aus, erst mit den Penzbergern in einer außerordentlichen Bürgerversammlung das Für und Wider zu erörtern, den Bürgern die Gelegenheit zu geben, ihre Fragen zu stellen. Zuvor hatten die Grünen und die Bürger für Penzberg (BfP) erklärt, dass sie gegen die Einführung der Satzung stimmen werden. Das hatte den Druck auf die beiden großen Fraktionen erhöht. Die vielen Bürger, die zur Sitzung gekommen waren, machten ihrem Unmut durch Zwischenrufe Luft. Was wiederum Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei) auf den Plan rief. Denn Zurufe von den Zuhörerrängen sind nicht erlaubt. Zehetner drohte an, den Saal räumen zu lassen.

Die Stadt Penzberg steckt in der Zwickmühle. Vor zwei Jahren hatte das Landratsamt Weilheim-Schongau in einem Schreiben deutlich gemacht, dass die Stadt Rücklagen aufbauen müsse. Und zwar für die drohende Gewerbesteuer-Rückzahlung an das Pharmaunternehmen Roche. Mit Zinsen sind das um die 46 Millionen Euro. So lange Penzberg sich nicht daran mache, hatte die Aufsichtsbehörde erklärt, werde Weilheim keine Kreditaufnahmen genehmigen. Was es für Kämmerer Hans Blank schwierig macht, in den kommenden Jahren einen Haushalt aufzustellen. Noch eines gab das Landratsamt der Stadt mit auf den Weg: Sie müsse ihre Einnahmen erhöhen, etwa durch den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung.

Das betrifft nicht nur Penzberg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied im November, dass Kommunen grundsätzlich verpflichtet seien, für die Erneuerung oder Verbesserung von Straßen und Wegen Beiträge von den Eigentümern der Grundstücke zu erheben, die an diese grenzen. Denn die Eigentümer hätten einen Vorteil, wenn sie die frisch sanierten Straßen benutzten. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: Städte und Gemeinden müssen die Satzung nicht einführen, wenn erstens die Kosten für den Verwaltungsaufwand zum Eintreiben der Beiträge höher sind als die zu erwartenden Einnahmen; zweitens, wenn die Kommune so reich ist, dass sie die Einnahmen aus der Satzung auf Dauer nicht braucht.

In der Sitzung schwankte die Stimmung bei den Stadträten zwischen Ablehnung und der Sorge, vor Gericht haften zu müssen, falls die Satzung nicht eingeführt wird. Die Sache könne durchaus der Staatsanwaltschaft übergeben werden, wenn Hunderttausende Euro quer übers Stadtgebiet nicht abgerechnet würden, sagte Bürgermeisterin Zehetner. Sie wies das Gremium darauf hin, dass aus diesem Grund auch namentlich über den Erlass abgestimmt werden müsse.

Die Möglichkeit, sich straffällig zu machen, schreckte die Grünen und die BfP nicht ab, klar gegen Straßenausbaubeitragssatzung Stellung zu beziehen. Grünen-Fraktionssprecherin Kerstin Engel wies auf die Möglichkeit hin, die Satzung auf drei Jahre rückwirkend einführen zu können. Zuerst solle man doch mal abwarten, ob die Rechtsaufsichtsbehörde tatsächlich ernst mache. Wolfgang Sacher (BfP) schlug vor, dem Landratsamt einfach zu zeigen, dass Penzberg sparen könne. Dann gebe es auch keine Probleme. Nach langer, intensiver Diskussion bat die CSU um eine Auszeit, damit die Fraktionen beraten können.

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Zurück im Sitzungssaal waren die beiden großen Fraktionen übereingekommen, den Tagesordnungspunkt erneut zu vertagen. Wegen des hohen Gesprächsbedarfs der Bürger wolle man eine außerordentliche Bürgerversammlung im Januar 2017 abhalten, fasste Zehetner zusammen. Das wiederum passte den BfP und Grünen nicht, die dagegen stimmten. Sacher betonte, dass eine weitere Verschiebung nur Augenwischerei sei. Man müsse den Bürgern ehrlich sagen, was mit der Satzung auf sie zukomme; Engel erklärte, dass die Vertagung nichts bringe. "Wir müssen zu unserer Haltung stehen." Die Bürgerversammlung sei ihre Idee gewesen, sagte SPD-Stadträtin und Dritte Landrätin Regina Bartusch. "Sonst gibt es heute gute und schlechte Stadträte."

© SZ vom 05.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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