Süddeutsche Zeitung

Streit um Verkehrspolitik:Bad Tölz verteuert das Parken im Stadtzentrum

Der Stadtrat stimmt mit denkbar knapper Mehrheit für eine Gebührenerhöhung auf den Stellplätzen nahe der Marktstraße. Hintergrund ist die Umsatzsteuer, die für die Kommune auch dort ab 2023 fällig wird.

Von Klaus Schieder

Die Stadt Bad Tölz hebt ihre Parkgebühren an. Am Isarkai, am Kolbergarten und am Schlossplatz kostet eine Stunde Parken vom nächsten Jahr an 1,50 statt einen Euro. Im Zentralparkhaus an der Bockschützstraße, an der Stadtbibliothek und nahe des Schulzentrums an der Peter-Freisl-Straße hinter dem Josefistift steigt der Obolus von 20 auf 30 Cent pro Stunde. Auf dem Stellplatz vor den Stadtwerken an der Lenggrieser Straße werden künftig 30 statt zehn Cent fällig, bei vier Stunden sind es ein Euro statt 80 Cent. Die Dauerparker im Zentralparkhaus zahlen fortan 40 statt 30 Euro im Monat. Auf dem Wohnmobilparkplatz ändert sich nichts. Als Grund für die Erhöhung nannte Kämmerer Hermann Forster, dass die Stadt künftig für alle Parkplatzeinkünfte umsatzsteuerpflichtig wird, was im Jahr rund 127 000 Euro kostet. Der Tölzer Stadtrat konnte sich zu den neuen Entgelten am Dienstagabend nur mit Mühe und einer denkbar knappen Mehrheit von 13 zu zwölf Stimmen durchringen.

Im Vergleich zu anderen Städten ist das Parken in Tölz immer noch günstig. Zwei Drittel der etwa 3000 Stellplätze im Stadtgebiet seien ohnehin gebührenfrei, sagte Forster. Für das restliche Drittel gilt: je näher an der Innenstadt, desto teurer. Weil die Kurstadt ein Parkraum-Bewirtschaftungskonzept erarbeitet hat, das den Verkehr lenken soll, musste sie bislang nicht für alle Parkflächen die Umsatzsteuer von 19 Prozent bezahlen. Dieser ordnungspolitische Ansatz habe den finanziellen Aspekt überwogen, so der Kämmerer. Weshalb das Finanzamt nicht alle Parkplätze berechnet hat. Das ändert sich am 1. Januar 2023. Dann komme es nur darauf an, "ob eine im Wettbewerb befindliche wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt", sagte Forster. Der Haushalt sollte durch die neue Steuer nicht geschwächt werden, zumal man am Gesamtkonzept mit seiner Verkehrssteuerung festhalten wolle. Stellflächen an der Peripherie sollten weiter kostenlos bleiben.

Im Stadtrat hob darauf eine lange Debatte an. "Parken ist ein emotionales Thema in Bad Tölz", meinte Peter von der Wippel (FWG). "Und es ist ein Standortfaktor." Er plädierte dafür, ein positives Signal zu senden und generell eine halbe Stunde Parken gebührenfrei zu lassen. Was die Mehrkosten von 127 000 Euro anbelangt, so müsse man da auch die Ausgaben für die Parkraumbewirtschaftung gegenrechnen. Außerdem dürfe man diese Gebühren "nicht dazu missbrauchen, den städtischen Haushalt zu sanieren".

Ähnlich äußerte sich Gabriele Frei (CSU). Bad Tölz sei eine der wenigen Städte im Umkreis, die für die ersten 30 Minuten Parken noch etwas verlange. Ihr Appell: "Tun Sie etwas für den Handel in der Innenstadt!" Matthias Winter (CSU) erinnerte an die Zahlen im Etat 2022, die ja nicht so schlecht seien. "Ich weiß nicht, ob das der richtige Zeitpunkt ist, man sollte zumindest auf den Parkplätzen in unmittelbarer Nähe zur Marktstraße keine Erhöhung machen." Auf den sozialen Aspekt verwies Willi Streicher (SPD). Es gebe gesellschaftliche Gruppen in Tölz, denen auch 50 Cent mehr täten, sagte er. Besser wäre es, die höheren Parkgebühren in einem Gesamtpaket zu verpacken, "an dem noch ein paar Blumensträuße außer rum sind". Dies unterstützte Ulrike Bomhard (FWG), Seniorenbeauftragte des Stadtrats. Ältere Menschen seien gezwungen, die Parkflächen nahe der Innenstadt zu nehmen. "Dann trifft es wieder die Schwächeren."

Die Gegenposition vertrat René Mühlberger (CSU). Wenn zehn Cent mehr darüber entschieden, ob jemand in Tölz einkaufe oder nicht, "dann stimmt es an anderer Stelle nicht", sagte er. Der Verkauf von Parktickets habe im Vorjahr einen Erlös von 840 000 Euro gebracht. "Wir sollten mit den Haushaltsmitteln, die da entfallen, nicht so leichtfertig umgehen." Dem pflichtete Anton Mayer (CSU) bei, der sich allenfalls vorstellen kann, bei den Parkplätzen Isarkai, Kolbergarten und Schlossplatz den Obolus von einem Euro zu belassen, dann aber die Parkdauer zu verkürzen. Auch die Grünen befürworteten die Anhebung. "Die Gebührenerhöhung ist vertretbar", befand Johanna Pfund. Für Bärbel Weixner kommt es darauf an, dass die Stadt finanziell handlungsfähig bleibt und zum Beispiel den Kulturfonds weiterhin ausstatten kann. "Dafür braucht man ja auch wieder Einnahmen."

Nach all dem Hin und Her schlug von der Wippel vor, das Ganze zu vertagen. Michael Ernst (SPD) regte an, dass sich die Stadtratsfraktionen zunächst mit Einzelhändlern und der Wirtschaftsförderung an einen Tisch setzen sollten. Gabriele Frei zufolge sollte das Thema in der nächsten Klausur des Stadtrats beraten werden, was Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) ob des ohnehin schon vollen Programms für das Treffen ablehnte. Auch Mühlberger mochte sich damit nicht anfreunden. Eine Gebührenerhöhung sei ihrem Charakter nach immer eine Zumutung, sagte er. "Das werden wir durch einen Workshop auch nicht attraktiver hinbekommen."

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