Stadtentwicklung in Bad Tölz:Neues Leben auf dem Moralt-Areal

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Das Holzgebälk in der Halle der alten Schlosserei auf dem Moralt-Areal steht unter Denkmalschutz. Denkbar dort ein Veranstaltungsraum, zum Beispiel für Kultur. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Stadtplanungsbüro Dragomir hat die Ideen der Tölzer Bürgerschaft für die Industriebrache ausgewertet. Schwerpunkte sind bezahlbare Wohnungen, Kultur und Gastronomie. Das Gelände soll autofrei bleiben, dafür Rad- und Fußwege erhalten. Aus den Ideen soll nun eine Vorzugsvariante erarbeitet werden.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Moralt-Areal soll zu neuem Leben erwachen. Das rund zwei Hektar große Gelände an der Lenggrieser Straße steht leer, seit die Moralt AG vor bald acht Jahren wegzog und damit ihre 116 Jahre währende Firmengeschichte in Bad Tölz beendete. Was mit der Industriebrache geschehen soll, will die Stadt zusammen mit dem Eigentümer Hans Wehrmann in einer Machbarkeitsstudie klären. In diesem Prozess sprechen auch die Tölzer Bürgerinnen und Bürger ein gewichtiges Wort mit: Nach einer Ortsbesichtigung im Dezember vorigen Jahres trugen sie auf 115 Postkarten sowie in 27 Mails und Briefen ihre Ideen vor, wie Moralt-Areal künftig genutzt werden soll. Am häufigsten nannten sie bezahlbare Wohnungen, Kunst und Kultur, Gastronomie und Gewerbe.

In 70 der 115 eigens gedruckten Postkarten ging es um die künftige Nutzung des Geländes. 19 Absender befassten sich mit dem Freiraum, 16 mit dem Thema Mobilität und zehn mit dem Gebäudebestand. "Bezahlbarer Wohnraum ist eines der größten Anliegen", berichtet Martin Birgel, Architekt und geschäftsführender Gesellschafter des Münchner Stadtplanungsbüros Dragomir, das mit der Studie beauftragt ist. Ein Wunsch, der schon bei der Ortsbegehung vor vier Monaten von den circa 100 Teilnehmenden sehr oft geäußert wurde. Eine große Rolle spielt Birgel zufolge aber auch die Kultur. Dafür böte sich beispielsweise die Halle der Alten Schlosserei im nördlichen Teil des Areals an. Die Vorschläge gingen von einem Veranstaltungsraum bis hin "zu einem Museum, einem Flößereimuseum und solchen Sachen", erzählt Birgel.

Der Linsensägbach fließt mitten durch das Moralt-Gelände. Nach den Vorschlägen der Tölzerinnen und Tölzer soll er erlebbar gemacht werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Palette an Vorschlägen hat noch mehr Farben. Mehrmals genannt wurde das Thema Gastronomie, sprich: Restaurants oder Cafés auf dem Gelände. Und auch dies: "Gewerbe in verschiedenen Formen", so Birgel. Das reicht von Büros bis zu Handwerksbetrieben, aber auch Freizeitanlagen sind ein Thema, das auf den Karten nicht bloß einmal auftaucht. "Dabei geht es eher um Indoor-Geschichten", erklärt der geschäftsführende Gesellschafter. Für ihn könnten Kultur, Gastronomie und Büros im nördlichen Teil angesiedelt werden, Wohnungen eher im Süden.

Was die Gestaltung angeht, möchten die Absender der Postkarten und Mails den Industriecharakter des Moralt-Areals bewahren. Im Norden befinden sich ohnehin Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen: der Uhrenturm, das hölzerne Dachgebälk in der Halle der alten Schlosserei und das ehemalige Verwaltungsgebäude mit der Betonskelettfassade. "Das sind einfach Erinnerungsstücke", sagt der Architekt und Stadtplaner. Auf dem Gelände stünden noch weitere interessante Bauwerke wie die ehemalige Schreinerei. "Im nördlichen Teil muss man viel bewahren, das ist eine Herausforderung", sagt er.

Durch das Moralt-Quartier kurvten einst viele Lastwagen, künftig soll es nach Ansicht vieler Tölzerinnen und Tölzer dort eher still zugehen. Sie meinten, dass das Areal "möglichst autofrei" sein soll, so Birgel. Dabei geht es nicht alleine um die Aufenthaltsqualität, sondern auch darum, dass so ein potenzieller Schleichweg zur benachbarten Bundesstraße 13 geschlossen wird. Stattdessen sollen sich Wege für Fußgänger und Radler durch das Areal ziehen. Vor allem soll ein Radweg an der Isar entlangführen. "Damit ist jeder d´accord", sagt Birgel. Bislang müssen die Radfahrer auf dem Gehweg zwischen Moralt-Gelände und B13 fahren, ehe sie vor der Jet-Tankstelle zum Fluss abbiegen können. Auch Hans Wehrmann als Eigentümer sei damit einverstanden, lässt Birgel durchblicken. Denn ein Radweg, der anfahrbar und gut zu warten sei, füge sich in das Thema Hochwasserschutz auf dem Areal ein. Ein weiterer Wunsch: Der Lauf des Linsensägbachs, der sich von Nord nach Süd zwischen den alten Firmengebäude hindurch zieht, soll erhalten und erlebbar gemacht werden.

Die Vorzugsvariante erläuterte Martin Birgel, Geschäftsführer der Dragomir Stadtplanung GmbH. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Machbarkeitsstudie soll bis zum Sommer abgeschlossen sein. Sie soll Grundlagen und Vorgaben für die weitere Entwicklung des Moralt-Geländes liefern. Dazu zählen zum einen harte Faktoren, zum anderen die Vorstellungen verschiedener Gruppen wie Stadt, Eigentümer, Bürgerschaft und Nachbargemeinde. "Wir sind gut im Zeitplan", sagt Birgel. Derzeit fasse man Ziele und Planungen in diversen Alternativen zusammen, um aufzuzeigen, "wo die Reise hingehen kann". Daraus wird dann mit dem Tölzer Stadtrat und Eigentümer Wehrmann eine Vorzugsvariante destilliert, die wiederum mit der Nachbarkommune Gaißach abgesprochen werden muss.

Altlasten, Denkmalschutz, Hochwasserschutz: Es gebe viele Restriktionen, sagt Birgel. Deshalb sei ein intensiver Abstimmungsprozess nötig, unter anderem Fachbehörden wie dem Wasserwirtschaftsamt und dem Staatlichen Bauamt Weilheim. "Erst nach Vorlage eines abgestimmten und tragfähigen Konzeptes kann mit der Erstellung eines Bebauungsplans gestartet werden", so der Stadtplaner. Anders ausgedrückt: Bis das Moralt-Areal wiederbelebt ist, dürfte noch viel Wasser die nahe Isar hinabfließen.

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Eine Industriebrache wird besichtigt
:Neue Ideen fürs alte Moralt-Gelände

Bezahlbare Wohnungen, Kultur, Gastronomie, Markthalle oder Tiny-House-Siedlung: Bei einem Spaziergang durch das frühere Firmenareal tragen mehr als 100 Teilnehmende ihre Vorschläge für eine künftige Nutzung vor. Die von der Stadt beauftragte Machbarkeitsstudie soll im Sommer 2023 vorgestellt werden.

Von Klaus Schieder

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