Süddeutsche Zeitung

Ausstellung im Tölzer Stadtmuseum:Die Essenz natürlicher Schönheit

Reinhold Schmid zieht es immer wieder an den Kirchsee. Er malt ihn in fantastischen Farben und spielt mit dem Übergang zum Abstrakten.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Der Kirchsee, der in der kleinen Gemeinde Sachsenkam eingebettet in einer Moorlandschaft liegt, ist ein Sehnsuchtsort. Sein bernsteinfarbenes Wasser, das sich im Sommer schnell erwärmt, der Blick vom Nordufer auf das Kloster Reutberg und die Bergkette entlang der Benediktenwand. Auch Reinhold Schmid zieht der Kirchsee seit Jahren in den Bann. "Die Stimmung und die Farben dort sind immer anders." Die unverbauten Ufer, "das ist alles sehr reizvoll." Viele Male hat der Künstler aus Valley den Kirchsee gemalt, 34 dieser Bilder sind zurzeit in einer Ausstellung im Tölzer Stadtmuseum zu sehen.

Die Motive variieren nur wenig: Steg, Wasser, Wälder, Berge. Ihre Anziehungskraft entfalten die Bilder durch die Farben - orange-rosa-violette Sonnenuntergänge, kühle Blautöne, Spiegelungen. Schatten, die dunkle Löcher in Wasserflächen reißen. Weiße Birkenstämme, die aus dem Walddunkel hervortreten. Die Bewegung des Wassers entsteht durch horizontale Farblinien und -flächen. Die Motive sind reduziert, die Farben kräftig, die Linien fast wie gezirkelt.

"Meine Bilder leben von der Horizontalen", sagt der 70-jährige Künstler. So entfalten sie Ausgewogenheit und eine große Ruhe. Das ist Schmid wichtig. "Ich möchte erreichen, dass die Leute zur Ruhe kommen, wenn sie meine Bilder anschauen." Sein Anliegen sei es, einen Gegenpol zu einer "immer schnelleren Bild-Welt" zu setzen.

Ohne Spannung sind seine Arbeiten freilich nicht. Denn die teils expressiven Farben erzeugen unterschiedliche Stimmungen. Es wirkt, als sei die Landschaft bloße Spielfläche für deren Kraft und Möglichkeiten. Schmid winkt ab, ganz so sei es nicht. "Die Farben sind zu 95 Prozent so, wie sie in Wirklichkeit waren." Das leuchtende Gelb-Orange-Rot, das fast surreal wirkende Türkis, die changierenden Pastelltöne. All das habe er bei seien vielen Besuchen am Kirchsee so erlebt. In den Bildern erzeugen die Farben ein Leuchten und einen beinahe abstrakten Charakter, der aber durch konkrete Motive, wie das Kloster Reutberg oder einen Steg, gebrochen wird.

Schmid bewegt sich im Grenzbereich zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. "Ich spiele oft mit dem Übergang zum Abstrakten", sagt er. Aber er sei zuallererst ein Landschaftsmaler, einer, der gerne Seen malt, weil ihn Wasser fasziniert. Die Spiegelungen, die dort entstehen, das Licht, die Bewegung der Wellen. Im Durchgang der beiden Ausstellungsräume hat er ein Zitat des Schweizer Symbolisten Ferdinand Hodler aufgehängt. Aufgabe des Künstlers sei es, "das unendliche Element der Natur auszudrücken, die Schönheit, und daraus das Essenzielle zu ziehen", heißt es da. "Vereinfacht und freigelegt von allen unbedeutenden Details."

Schmid, der Wirtschaftswissenschaften studiert und zunächst im Bereich Werbung und Marketing gearbeitet hat, ist seit 1991 freischaffender Maler. Zuletzt hat er an einer Ausstellung in München teilgenommen, zu der die Regierung von Oberbayern Künstler aus verschiedenen Regionen eingeladen hatte. Im Herbst ist eine Ausstellung im Seeforum in Rottach-Egern geplant. Schmid malt ausschließlich in Acryl; er arbeitet mit verschiedenen Schichten, übermalt, tastet sich langsam heran. Mit Aquarellfarben wäre das nicht möglich, sagt er. Sie seien ihm "zu wässrig und nicht fest genug". Aber natürlich sei der Kirchsee mit seinen unterschiedlichen Stimmungen auch ein Motiv für einen Aquarellmaler. "Nolde hätte seine Freude gehabt."

Ausstellung "Kirchsee" bis 26. März, Stadtmuseum Bad Tölz, Marktstraße 48, 10 bis 17 Uhr.

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