Ausstellung:Grenzen ausloten im Dialog

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Antonia Leitner und Heinz Stoewer mit ihren Werken im Stadtmuseum Bad Tölz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Maler Heinz Stöwer und die Bildhauerin Antonia Leitner zeigen im Tölzer Stadtmuseum unter dem Titel "Unlimited" Gemälde und Skulpturen, die miteinander interagieren.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Auf den ersten Blick haben die Arbeiten von Antonia Leitner und Heinz Stoewer wenig gemein: An den Wänden die eruptiven Ölmalereien in Pastellfarben von Stoewer, davor die ruhigen Plastiken von Leitner aus archaischer Bronze. Man muss genau hinsehen, sich Zeit nehmen, Abstand und Position ändern: Dann kann man entdecken, dass sich die Bilder in den polierten Bronzen spiegeln und erkennt in den abstrakten Ölbildern organische Formen, die auch Leitner als Modelle verwendet.

Das Bild "Coral Sea" zum Beispiel - türkises Wasser, Korallenriffe aus der Vogelperspektive. Das Motiv tritt mit den Kleinplastiken von Leitner in Dialog, die, quasi auf der Mikroebene, Feuersteine abgeformt hat. "Unlimited" heißt die Gemeinschaftsausstellung, die am Donnerstagabend, 8. Dezember, im Tölzer Stadtmuseum eröffnet wird. "Wir wollen Grenzen ausloten und den Betrachter auf eine Reise schicken", sagt Stoewer. Und so erkennt man in seinen Ölbildern figurative Elemente - Baum, Äste, einen Männertorso - die sich in den fließenden Farbräumen verbergen. Oder natürliche Stoffe, die er auf kleinformatigen Fotografien mit Acrylfarben verfremdet hat: "Barbie Land" zum Beispiel; getrockneter Schlamm aus einem Canyon in Arizona, der mit rötlicher Farbe akzentuiert und so in eine künstliche Struktur verwandelt wird.

Auch bei Leitner geht es um die subjektive Wahrnehmung von Wirklichkeit: In einer der Kleinplastiken aus polierter Bronze spiegelt sich eine Art Ast auf einer gewölbten Grundfläche. Er erscheint als schwebender Stab, das Spiegelbild ist losgelöst vom realen Kontext. "Man sieht etwas, das es so nicht gibt", sagt Leitner. Das Kunstobjekt verändert sich je nach Position und Bewegung. Es ist ein faszinierendes Spiel, das sich erst durch die Interaktion mit dem Betrachter entwickelt. Leitner experimentiert mit verschiedenen Legierungen und Temperaturen ihrer aus Feuer geborenen Objekte, die sie selbst brennt. Durch Hitze oxidieren die Oberflächen und erzeugen eine regenbogenfarbige Haut, die sie bei manchen Objekten nicht poliert hat.

Die Kleinplastiken von Antonia Leitner aus polierter Bronze wirken organisch. Die Reichersbeuerin erhielt 2020 den Kunstförderpreis des Landkreises. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die 30-jährige Bildhauerin aus Reichersbeuern, die an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert hat und 2020 mit dem Kunstförderpreis des Landkreises ausgezeichnet wurde, arbeitet seit 13 Jahren im Atelier ihres Mentors Otto Wesendonck in Waakirchen. Anders als bei den großen Arbeiten habe sie bei den Kleinplastiken keine Gipsmodelle geformt, sondern sie gleich in Wachs gegossen. "Das ergibt oft zufällige Ergebnisse, die spannend sind", erklärt sie. Sie liebt Abwechslung, zeichnet zwischendurch, wechselt die Formate. In der Ausstellung ist eine ihrer Lieblingsskulpturen zu sehen: Ihre erste Arbeit, der "Feuerstein-Torso", der wie eine menschlich Figur wirkt. Sehr schön auch die Arbeit "Die Wandlung", die einzige Skulptur in der Ausstellung, die nicht glatt, sondern gebürstet ist. Das harte Material wirkt beinahe weich, wie eine aufgebrochene Frucht.

Kennengelernt haben sich Stoewer und Leitner bei der Ausstellung der Künstlervereinigung Lenggries im vorigen Jahr, Stoewer war dort als Gastkünstler eingeladen, Leitner Mitglied im Vorstand. Sie ist inzwischen ausgeschieden, "aus Zeitgründen", wie sie sagt. Derzeit arbeitet sie an zwei großen Skulpturen, die im kommenden Jahr bei einer Ausstellung auf Burg Ranfels im Bayerischen Wald gezeigt werden.

"Ich will ausloten, wie man Abstraktion und Figuration verschmelzen kann, damit etwas Neues entsteht", sagt Heinz Stoewer zu seinen neuen, nicht-figurativen Gemälden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Stoewer, der in Stuttgart als Bankmanager gearbeitet hat, ist im Jahr 1998 ausgestiegen, um sich ganz der Malerei zu widmen. Er studierte an der Kunstakademie in Esslingen und besuchte diverse Seminare, unter anderem bei Norbert Bisky. Seit 2012 lebt er im Oberland und in Palm Springs. Seinen kühlen, fotorealistischen Bildern von Swimmingpools und Szenerien aus dem amerikanischen Südwesten folgten in den vergangenen Jahren Männer-Akte und queere Motive in konkreter Körperlichkeit. Inzwischen finden seine Grenzüberschreitungen nicht mehr in den Sujets, sondern in der malerischen Umsetzung statt: Farbintensive Flächen und Formen, in denen realistische Elemente höchstens aufscheinen. "Ich will ausloten, wie man Abstraktion und Figuration verschmelzen kann, damit etwas Neues entsteht", erklärt er. Was ihn mit Leitner verbinde: "Wir brauchen beide Betrachter, die genau hinschauen."

Tölzer Stadtmuseum, Marktstraße 48, Vernissage 8. Dezember, 19 Uhr, Ausstellung bis 23. Dezember, dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr

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