Bürgerbeteiligung in WolfratshausenGleichberechtigte Mobilität für alle

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Beim Bürgerforum in der Loisachhalle prallen unterschiedliche Vorstellungen von sicherer und gleichberechtigter Mobilität aufeinander.
Beim Bürgerforum in der Loisachhalle prallen unterschiedliche Vorstellungen von sicherer und gleichberechtigter Mobilität aufeinander. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für sicherere Rad- und Fußwege und ein besseres Busnetz äußern sich Teilnehmer am Bürgerforum zum Wolfratshauser Mobilitätskonzept. Im Sommer gehen Fragebögen an 6300 Haushalte heraus.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Diskussion am Dienstagabend in der Loisachhalle zeigte, wie sehr unterschiedliche Vorstellungen von gleichberechtigter und sicherer Mobilität in Wolfratshausen aufeinanderprallen. Der eine betont etwa, dass für ihn Radfahrer und Fußgänger in der Innenstadt Vorrang haben müssten. Ob es eine Bedarfsampel an der Bahnhofstraße brauche, damit ein Kind von zehn, elf Jahren von der städtischen Musikschule am Untermarkt über die Brücke am Kastenwehr und den Loisachweg sicher zur Realschule am Franz-Kölbl-Weg kommen könne, fragt er sich. Eine andere wendet ein, dass es an der Bahnhofsstraße doch weiter östlich schon eine Ampel gebe und ob sich die Straße nicht auch sicher überqueren lasse, wenn sich ein Radfahrer davor gut nach rechts und links umschaue.

Das Zwiegespräch entwickelt sich in einer der Gruppen beim Bürgerforum zum integrierten Mobilitätskonzept, das die Kommune Wolfratshausen erarbeiten lässt. Aufgabe des eingeschalteten Verkehrsplanungsbüros Planersocietät mit Büros in Dortmund, Karlsruhe, Bremen und Hamburg wird es sein, die Ideen der Bürger aufzunehmen und in einen Handlungsentwurf zu integrieren. Der soll bis Mitte 2026 vorliegen.

Diskussion und Mitarbeit der Anwesenden an den Flipcharts mit Diskussionsleiter Christoph Mall.
Diskussion und Mitarbeit der Anwesenden an den Flipcharts mit Diskussionsleiter Christoph Mall. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bis dahin sind insbesondere die Wolfratshauserinnen und Wolfratshauser gefragt, sich einzubringen. Zum Bürgerforum sind knapp 40 Leute gekommen. Sie können ihre Anregungen zu den vier Themenfeldern Fuß-, Rad-, öffentlicher sowie Autoverkehr einbringen.

Wie die meisten Anwesenden ist Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) mit dem Fahrrad zur Loisachhalle gekommen und hofft, dass er das Fortbewegungsmittel auch noch im Jahr 2040 gut und sicher in Wolfratshausen nutzen kann. Größter Pluspunkt ist, dass ganz Wolfratshausen dank der kompakten Stadtstruktur ohne größere Steigungen mit dem Rad innerhalb von 15 Minuten erreichbar ist. Gleichzeitig wünschen sich die Teilnehmer beim Bürgerforum ein durchgängiges Netz, bessere Beschilderungen an Unterführungen und Kreuzungen, mehr Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr oder Bevorrechtigungen für Radfahrer an Kreuzungen.

Die Gehwege in der Stadt sind teils zu schmal, mehr Querungshilfen sind gewünscht

Für Fußgänger sind laut Markus Grundmann von der Planersocietät mehrere Gehwege zu schmal, bleiben unter dem Mindestmaß von 2,50 Meter. Der an der Schießstättstraße sollte etwa breiter werden, so ein Wunsch zum Thema Fußverkehr. Querungshilfen am Hatzplatz, am Floßkanal oder bei der Musikschule am Untermarkt werden genauso angeregt wie eigenständige Fußwege abseits der Hauptdurchgangsstraßen. Für die Geltinger Straße kommt die Idee auf zwischen Esso-Tankstelle und Tanzzentrum Müller einen Gehweg, eine Spiel- oder Einbahnstraße einzurichten.

Für einen besseren öffentlichen Verkehr geht es etwa darum, Bushaltestellen barrierefrei weiter auszubauen oder bessere Transportkapazitäten für Kinderwagen, Rollstuhl und Rollator zu schaffen. Verständliche Fahrpläne werden genauso ins Spiel gebracht wie digitale Ticketsysteme oder ein Bus zum Pendlerparkplatz an der Ausfahrt der Garmischer Autobahn A95.

Das könnte für Pendler interessant sein. In Wolfratshausen ist das Verhältnis mit 5930 Einpendelnden und 6067 Auspendelnden ziemlich ausgeglichen. Die meisten, die auswärts berufstätig sind, müssen laut Grundmann nach München, Geretsried und Pullach. Wer nach Wolfratshausen einpendle, komme häufig aus Geretsried, München und Eurasburg.

Deutlich wird beim Bürgerforum, dass es für die künftige Mobilität auf vernetzte Fortbewegungsstrukturen ankommen wird. Laut Grundmann von der Planersocietät müsse die Gesellschaft für nachhaltige, klimaneutrale Mobilität vom Hauptfokus auf das Auto wegkommen. „Wir müssen Möglichkeiten schaffen, dass sich Verkehrsteilnehmer gut mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr bewegen können und ihr Auto zu Hause stehen lassen.“

„Das soll keine Veranstaltung gegen das Auto werden“, so der Bürgermeister

Von einer gegenwärtigen Situation, in der Einstellungen zur Mobilität noch veränderbar seien, spricht Bürgermeister Heilinglechner. Denn der motorisierte Individualverkehr bringe Belastungen mit sich. „Das soll aber keine Veranstaltung gegen das Auto werden“, stellt der Wolfratshauser Rathauschef zum Bürgerforum klar. Ganz ohne Kraftfahrzeuge werde auch die Mobilität der Zukunft kaum auskommen. Gefordert werden in der dazugehörigen Gruppe etwa mehr Elektro-Ladestationen, durchgehend Tempo 30, Lärmminderungen etwa an der Sauerlacher Straße, reduzierte Attraktivität für das Auto, mehr Werbung für Alternativangebote wie Car-Sharing.

Für das zu erstellende Mobilitätskonzept sind die Wolfratshauser aufgerufen, sich weiter einzubringen. So werden etwa 6300 Haushalte der Flößerstadt im Juni und Juli Post mit Fragen zu ihrem Mobilitätsverhalten im Briefkasten finden. Zudem können sie sich online äußern. Auch sollen alle Informationen zum Mobilitätskonzept samt Diskussionsstand auf der Homepage der Stadt abrufbar sein. „Sie wissen, wo der Schuh drückt, Rückmeldungen von ihnen sind wichtig“, rief Grundmann die Bevölkerung auf, sich am laufenden Projektprozess zu beteiligen.

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