Welche städtebaulichen Ziele sich eine Kommune setzt, liegt in ihrem Ermessen. Um diese Ziele streiten sich die Fraktionen im Penzberger Stadtrat – insbesondere seit dem Bekanntwerden der Neubaupläne des Immobilienentwicklers „Bayernwohnen“ an der Bahnhofstraße. Diese würden nicht nur das Gesicht der Innenstadt drastisch verändern, sondern obendrein einen Präzedenzfall für weitere Bauvorhaben im Zentrum schaffen. Nun beschäftigte sich der Stadtrat mit einem Nachprüfungsantrag, den Penzberg Miteinander (PM) und Grüne gestellt hatten. Das Fazit nach einer zähen Diskussion: Das mit der Bebauungsplanänderung im November 2023 angestoßene Verfahren wird eingestellt und neu aufgerollt über einen sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan.
Aufgrund der schieren Masse des geplanten Wohn- und Geschäftskomplexes sahen sich Mitglieder von PM und Grüne veranlasst, den Beschluss des Bauausschusses infrage zu stellen. Der Immobilienentwickler aus Stephanskirchen möchte einen bis zu sechsgeschossigen, geschlossenen Riegel an Bahnhof- und Friedrich-Ebert-Straße errichten. Die Antragsteller erklärten, dass eine Entscheidung über ein derart weitreichendes Bauprojekt nicht allein vom Bauausschuss getragen werden könne, sondern im Stadtrat besprochen werden müsse. Ferner forderten die Grünen, sich externe Berater zur Seite zu stellen, um ein Leitbild für die künftige Entwicklung der Innenstadt zu erarbeiten. Mit ihren Wünschen konnten sich die Rätinnen und Räte nur teilweise durchsetzen.
Um Zeit zu gewinnen, könnte etwa eine Veränderungssperre erlassen werden, führte Kerstin Engel (Grüne) zu ihrem Antrag aus. Schließlich sei Städtebau ein komplexes Thema. Und da der „Blick aufs Ganze“ dem ortsansässigen Stadtratsgremium fehlen könnte, würde sie sich ein Beraterteam wünschen. In diesem Prozess könnte es doch noch zu einer Bürgerbeteiligung kommen, wie in der Planwerkstatt vorgesehen, die jedoch wegen der schlechten Finanzlage der Stadt gestrichen wurde. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan würde nur für das Projekt von „Bayernwohnen“ gelten. Ein Leitbild würde für alle künftigen Projekte Gültigkeit haben. „Die Innenstadt gehört nicht uns (Stadträten, Anm. der Redaktion)“, sagte Engel, „wir müssen die Bürger einbeziehen.“ Markus Bocksberger (PM) ergänzte, dass es sich bei dem Antrag auf Nachprüfung nicht um ein Misstrauensvotum handle. Die im November getroffene Vorentscheidung im Bauausschuss sei einfach zu weitreichend gewesen.
Kein Geld für Beraterteam
Das städtische Bauamt hatte verschiedene Beschlussvarianten vorbereitet. Ehe es zur Abstimmung ging, versuchte Stadtbaumeister Justus Klement das Bauvorhaben an der Bahnhofstraße 21 bis 25 einzuordnen. Er hatte die Kosten für drei verschiedene Verfahrensabläufe aufgestellt – mit und ohne Bürgerbeteiligung, Gestaltungssatzung oder Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Zwischen etwa 36 000 Euro, knapp 70 000 Euro und nicht ganz 11 000 Euro müsste die Stadt in die Hand nehmen. Klement warb für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, da dieser in Ergänzung mit einem Durchführungsvertrag den Bauherrn zwingt, „architektonische Dinge“ einzuhalten. „So könnten wir Inhalte fest verankern“, sagte Klement.
Die nachfolgende Diskussion ließ bei den zahlreich erschienenen Bürgerinnen und Bürgern am Schluss eher Fragen offen, als sie Antworten lieferte. Während Anette Völker-Rasor (PM) kritisierte, dass die Unterlagen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vorab öffentlich zugänglich waren, und Sebastian Fügener (Grüne) nochmals eindringlich betonte, es müsse eine Bürgerbeteiligung geben, hatten die übrigen Fraktionen kein offenes Ohr für diese Einwände und taten sie als Nonsens ab. Eine externe Beratung wurde mehrheitlich abgelehnt.
Auch wenn Klement in der Sitzung durchaus zugab, dass die von „Bayernwohnen“ bislang eingereichten Pläne für den Neubau dringend nachgebessert werden müssten, der geschlossene Riegel nicht wünschenswert sei, die Tiefgarage so nicht funktionieren könne und einige Staffelgeschosse gestrichen werden sollten, fand das Gremium zu keinem Konsens. Was bei den interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer großen Frust hervorrief.
Nach der öffentlichen Sitzung versammelte sich eine Gruppe vor dem Rathaus, die ihrem Unmut über die Art und Weise, wie die Stadträte debattierten, zum Ausdruck brachten. „Die wissen selbst nicht, was sie abgestimmt haben“, sagte etwa Max Kapfer, Vorsitzender des Penzberger Denkmalvereins. Auf Nachfrage erklärte er, dass ein Bürgerbegehren immer wahrscheinlicher werde. Schließlich geht mit den Neubauplänen der Abriss des historischen Menagehauses einher, für dessen Erhalt sich der Verein einsetzt.