Süddeutsche Zeitung

Sparen bleibt vorerst kostenfrei:Zurückhaltung beim Strafzins

In Fürstenfeldbruck verlangt eine VR-Bank von ihren Kunden ein sogenanntes Verwahrentgelt. Ähnliches wollen die Kreditinstitute in der Region den Anlegern möglichst ersparen. Versprechen können sie allerdings nichts

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die VR-Banken im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen werden vorläufig auch weiterhin keine Strafzinsen auf Spareinlagen erheben. Die Volksbank-Raiffeisenbank in Fürstenfeldbruck hatte kürzlich Schlagzeilen gemacht, weil Neukunden dort auf ihr Tagesgeldkonto nun ein sogenanntes Verwahrentgelt in Höhe von 0,5 Prozent bezahlen müssen - und das auch schon vom ersten Euro an. In der Region dagegen bleiben Sparer von solchen Abgaben noch verschont. "Bei uns ist in die Richtung momentan nichts geplant", sagt Manfred Gasteiger, der stellvertretende Vorsitzende der Raiffeisenbank im Oberland.

Der Kapitalmarkt sei derzeit zwar allgemein sehr nervös, so Gasteiger. Auch bei den drei Raiffeisenbanken im Landkreis habe man sich mit dem Thema Negativzinsen deshalb schon befasst. Aber weder in Wolfratshausen, noch in Bad Tölz oder Beuerberg müssten Anleger derzeit befürchten, dafür bezahlen zu müssen, wenn sie dort ihr Geld parken. "Wir wollen unsere Kunden so lange wie möglich schützen", sagt Gasteiger.

Getrieben wird die Debatte um Strafzinsen durch die anhaltende Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Seit 2014 müssen Banken eine Abgabe leisten, wenn sie bei der EZB ihr Geld einlagern. Diese mittlerweile auf 0,5 Prozent angestiegene Abgabe reichen bisher nur fast ausschließlich kleinere Banken an ihre Kunden weiter. Sollte irgendwann jedoch eine Großbank einknicken, sagt Gasteiger, sei durchaus auch ein Dominoeffekt denkbar. Wenn die Anleger der Großbank ihr Vermögen dann dorthin umschichten, wo sie ihr Geld noch kostenlos unterbringen können, würde auch bei diesen anderen Banken die Zinslast steigen. Auch diese Banken würden in der Folge dann ebenfalls verstärkt über die Einführung von Strafzinsen nachdenken müssen, erklärt Gasteiger.

Bisher sei es gut gelungen, das hereinkommende Geld als Kredit wieder zu vergeben, sagt der Vize-Chef der Oberlandbank. Die Konjunktur im Landkreis sei gut: Es werde gebaut, die Landwirte würden investieren. Weil das Geld nicht lange liegen bleibt, seien die Raiffeisenbanken in der Region gar nicht erst in die Verlegenheit gekommen, über Strafzinsen näher nachdenken zu müssen. "Aber das ist schon eine verrückte Situation", sagt Gasteiger. Die Region profitiere durch die Negativzinspolitik der EZB und die daraus resultierenden günstigen Kredite nämlich eher. Woanders dagegen, wo die Finanzen nicht so gut fließen, sei das Gegenteil der Fall.

Bei der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen ist die Lage ähnlich. Schon seit 2016 zahlen Firmen dort zwar einen Strafzins auf ihre Einlagen. Privatkunden können ihr Geld dort aber immer noch kostenlos anlegen. "Wir beobachten allerdings schon jetzt, dass viel Bewegung im Markt ist", sagt Willi Streicher, der Pressesprecher der Sparkasse. Wer bei einem Kreditinstitut sei, das bereits Verwahrentgelte eingeführt habe, würde versuchen, sein Guthaben umzuschichten. Bei Neukunden gebe es bei der Sparkasse deshalb eine Obergrenze, bis zu der sie kostenfrei ihr Geld anlegen können. Ab wann Strafzinsen fällig werden, werde dabei jeweils im Einzelfall geprüft, so Streicher.

Auch mit vermögenden Privatkunden führt die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen bereits Gespräche. Man wolle den Kunden alternative Anlagemöglichkeiten anbieten, um hohe Beträge auf Giro- oder Geldmarktkonten nach Möglichkeit zu verhindern, erklärt Streicher. Auch das könne dazu beitragen, Strafzinsen gar nicht erst nötig zu machen. Geld, das nicht einfach auf dem Konto herumliegt, belastet schließlich auch den Zins-Haushalt der Bank nicht.

Guthaben unter 100 000 Euro sollen bei der Sparkasse im Landkreis ohnehin grundsätzlich kostenfrei bleiben. "Das ist schon ein sehr anständiger Betrag", sagt der Sparkassen-Sprecher. Der Anteil der Privatanleger, die mehr Geld auf ihrem Konto haben, sei verhältnismäßig klein. Insofern wären auch in Zukunft wohl wenige Leute von Strafzinsen betroffen. Man wisse aber auch nicht, was die Europäische Zentralbank noch so alles plane. "Da kann jeden Tag was Neues kommen", sagt Streicher. Insofern müsse man als Bank dann auch wieder reagieren.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2019
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