Sondersitzung in Wolfratshausen:Gegen den Stau

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Der Wolfratshauser Stadtrat will eine umfassende Prognose über die Verkehrsentwicklung bis 2035 erstellen lassen. Geprüft werden soll auch ein Ausbau des Autobahnzubringers auf vier Spuren.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Um einen künftigen Kollaps auf den Straßen zu verhindern, will der Wolfratshauser Stadtrat die Entwicklung des Verkehrs im Stadtgebiet bis zum Jahr 2035 und die Auswirkungen auf das Straßennetz im Umland umfassend untersuchen lassen. Das ist das Ergebnis einer Sondersitzung am Dienstag, bei der Verkehrsplaner Helmuth Ammerl die Problemfelder skizziert hat. In der nächsten Sitzung will der Stadtrat beschließen, Ammerl mit einer Prognose zu beauftragen, die anhand eines so genannten makroskopischen Verkehrsmodells verschiedene Szenarien prüft. Entscheidend ist die Frage, ob der Autobahnzubringer B 11a umfassend vierspurig ausgebaut werden soll. Die Prognose soll belastbare Zahlen liefern, um in Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt Geretsried und anderen Gemeinden dafür zu sorgen, dass entlastende Maßnahmen in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen und auch beim Planfeststellungsverfahren für die S7-Verlängerung nach Geretsried berücksichtigt werden.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) hatte Ammerl eingeladen, weil dieser derzeit für das Staatliche Bauamt Weilheim die Leistungsfähigkeit des Anschlusses der Pfaffenrieder Straße auf die B 11a prüft. Wie der Verkehrsplaner des Büros Obermeyer erklärte, soll er herausfinden, ob ein erhöhter Kreisverkehr auf dem Zubringer funktioniert. Auf dieser so genannten "teilplanfreien Kreuzung" in Höhe der zufahrt zum Gewerbegebiet soll die Bundesstraße überführt werden. Probleme gebe es seinen bisherigen Untersuchungen zufolge allerdings bei den Ein- und Ausfädelspuren, sagte Ammerl. Er habe verschiedene Szenarien geprüft. Den Zusatzverkehr, der durch die im Gewerbegebiet geplanten neuen Möbelhäuser XXXLutz und Mömax entsteht, vertrage die Kreuzung nicht. Deshalb müsse die Untersuchung erweitert werden - um einen möglichen Ausbau des Zubringers auf vier Spuren.

Hohe Belastung: Auf dem Zubringer B 11a fahren bereits jetzt mehr als 30 000 Autos am Tag. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wie belastet die Straße bereits ist, zeigte Ammerl anhand von Zahlen des so genannten Bayern-Modells. Dieses allgemein anerkannte Verkehrsmodell, das im Auftrag der Autobahndirektion Südbayern erstellt wurde, liefere eine "solide Datenbasis", erklärte der Experte. Demnach reduziert sich die Zahl der Autos auf der A 95 nach der Ausfahrt Wolfratshausen von 43 300 auf 28 400. Auf der B 11a fahren derzeit 30 700 Fahrzeuge am Tag. Seine bisherige Prognose für 2030 geht auf der Autobahn vor Wolfratshausen von knapp 50 000 Fahrzeugen und auf der B 11a von etwa 34 000 Autos aus. Zugrunde gelegt sei jedoch, dass der Zubringer in Richtung B 11 weiterhin einspurig verlaufe. Bei einem vierspurigen Ausbau der gesamten Verbindung könne die Zahl deutlich zunehmen.

"Wir machen beim Staatlichen Bauamt nur eine allgemeine Prognose", erklärte Ammerl. Um aber die Auswirkungen auf den Verkehr in der Stadt, insbesondere die derzeit bereits stark belasteten Straßen wie Schießstätt- und Königsdorfer Straße, sowie auf das weiterführende Straßennetz in anderen Gemeinden zu erfahren, müsse der Blick "auf das Ganze erweitert werden", riet er. Die Prognose müsse die allgemeine Verkehrszunahme von etwa zehn bis zwölf Prozent berücksichtigen, den zu erwartenden Zusatzverkehr durch die neuen Möbelhäuser, aber auch die geplanten 1200 Wohnungen in Geretsried und die Entwicklung des Geltinger Gewerbegebiets. Auf die Frage von Grünen-Stadtrat Hans Schmidt, ob ein Straßenausbau angesichts des Klimaziels, den motorisierten Verkehr zu verringern, nicht kontraproduktiv sei, musste Ammerl nur lächeln. Die von der Automobilindustrie forcierte Steigerung der Elektromobilität werde den Individualverkehr weiterhin attraktiv halten, besonders auf kurzen Strecken wie zwischen Wolfratshausen und München, prophezeite er. Auch von der S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried sei wenig Entlastung auf den Straßen zu erwarten, da die Strecke weiterhin eingleisig bleibe. "Entscheidend ist der Takt."

Helmuth Ammerl hat ein gutes Renommee bei den Behörden. Der Verkehrsplaner hat schon Gutachten für Wolfratshausen erstellt und für den einst geplanten Autobahn-Südring. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Um das Verkehrsmodell für die Stadt zu aktualisieren, seien zusätzliche Dauerquerschnitts- und Knotenpunktzählungen, sowie eine Befragung stadtauswärts auf der B 11 im Altstadtbereich nötig, erklärte der Experte. "Mit diesen Zählungen versuchen wir dann, das Modell von 2014 auf den Prognose-Zeitraum hochzurechnen." Die B 11a müsse als vierspurig in das System eingepflegt werden - "und dann schauen wir, was mit dem ganzen Netz passiert".

Überrascht waren die Stadträte über die Pläne des Staatlichen Bauamts für einen höher gelegten Kreisel auf dem Zubringer. Ein solcher sei bereits in der vergangenen Legislaturperiode diskutiert und abgelehnt worden, sagte Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) - weil dort zehn Meter hohe Wände geplant gewesen seien, ergänzte Annette Heinloth (Grüne). "Der Blick in die Zukunft zeigt, dass wir froh sein können, wenn wir den Status Quo, so wie wir ihn kennen, überhaupt halten können", sagte Manfred Fleischer (CSU).

Einen Beschluss gab es nicht. Die Prognose will der Stadtrat in der kommenden Sitzung in Auftrag geben. Sie soll zeigen, ob die B 11a vierspurig werden soll. Der Ausbau müsse dann in den Bundesverkehrswegeplan, forderte Fleischer. Auch im Zuge des Feststellungsverfahrens zur S-Bahn-Verlängerung müsse man sich schnell darüber abstimmen, sagte Heilinglechner. "Wir müssen weiter politischen Druck machen, gemeinsam mit unserer Nachbarstadt und betroffenen Gemeinden wie Königsdorf, Eurasburg und Münsing."

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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