SZ-Serie: Die Sommer-Macher:Der Beckenrand-Sheriff

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Zu Besuch im Alpenwarmbad Benediktbeuern. Der Bademeister Robert Baumgartner ist Betriebsleiter und Bademeister des Freibads.

Zu Besuch im Alpenwarmbad Benediktbeuern. Der Bademeister Robert Baumgartner ist Betriebsleiter und Bademeister des Freibads.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Alpenwarmbad Benediktbeuern ist Bademeister Robert Baumgartner dafür verantwortlich, dass sich Jung und Alt bei der Sommerhitze abkühlen können und sicher ihren Spaß haben. Klingt entspannt, ist aber anstrengender, als man denkt.

Von Quirin Hacker, Benediktbeuern

Auf der Liegewiese direkt neben dem 50 Meter langen Sportschwimmerbecken hat sich eine junge Familie niedergelassen. Der Sohn liegt auf seinem Handtuch, der Vater in grelloranger Badehose daneben spielt mit dem Baby. Als Sonnenschutz haben sie ein Zelt aufgebaut. Ein paar Meter weiter schnorchelt ein Junge im Nichtschwimmerbecken. Aus dem Kontrollraum hat Robert Baumgartner beide Becken im Blick. Seit zehn Jahren ist er Betriebsleiter und Bademeister im Alpenwarmbad. Er dreht den Schlüssel neben dem Bildschirm um, auf dem ein technisches Modell der Becken und aller technischen Anlagen zu sehen ist. Eine Berührung auf dem Touchscreen genügt und Wasser schießt von der Rutsche. "Bis auf ein paar Ausnahmen habe ich es nicht bereut, Bademeister zu werden. Es ist ein sehr schöner Beruf, weil er sehr abwechslungsreich ist," sagt Baumgartner.

Wenn um zehn Uhr morgens die ersten Gäste kommen, hat Baumgartner schon die Becken gesaugt, die Abdeckungen vom Wasser genommen, die Pumptechnik kontrolliert und geprüft, ob alle Wasserwerte stimmen. Die Aufsicht mache nur die Hälfte der Arbeit eines Bademeisters aus, erklärt Baumgartner. Nach einem Gewitter müssen er und seine Kollegen die Liegewiese von Ästen und Laub befreien. An einem heißen Badetag mit bis zu 1300 Gästen füllt der liegengebliebene Müll zehn große Säcke. Auch Wassertests und Fundsachenmanagement nehmen laut Baumgartner viel Zeit in Anspruch.

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Für viele ist der Besuch im Freibad der ultimative Sommer-Spaß. Dort zu arbeiten, ist allerdings anstrengend.

Für viele ist der Besuch im Freibad der ultimative Sommer-Spaß. Dort zu arbeiten, ist allerdings anstrengend.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Alpenwarmbad beschäftigt vier festangestellte Bademeister und vier Aushilfen. An schönen Tagen kommen bis zu 1300 Gäste in das Freibad. Dann müssen vier Bademeister gleichzeitig die Becken beaufsichtigen, um die Sicherheit der Gäste zu garantieren. Entsprechend lang ist der Arbeitstag während der Freibadsaison: "Wenn nächste Woche eine Hitzewelle kommt, kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich von Montag bis Freitag 50 Stunden arbeiten werde," so Baumgartner. Lange Arbeitszeiten und hohe Verantwortung erforderten eine hohe Stressresistenz. Während der Saison habe er zwei bis vier freie Tage, für Freizeit bleibe da nicht viel übrig. Auf Feiern und Geburtstagen komme er regelmäßig zu spät und müsse schon früh wieder gehen, weil er sich einen schweren Kopf bei der Beckenaufsicht nicht erlauben könne. Das müsse auch die Lebensgefährtin mittragen. "Man muss ein Wintermensch sein, damit man den Sommer übersteht," sagt Baumgartner. Abseits der Saison kontrolliere er ein paarmal pro Woche die Technik, ansonsten habe er frei. Mit seiner Partnerin geht er dann gerne langlaufen.

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Plitsch platsch: Bademeister müssen genau dann viel arbeiten, wenn andere frei haben.

Plitsch platsch: Bademeister müssen genau dann viel arbeiten, wenn andere frei haben.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

In der Saisonarbeit sieht Baumgartner den Hauptgrund dafür, dass sich immer weniger junge Menschen für seinen Beruf entscheiden. Bademeister müssen genau dann viel arbeiten, wenn Partner und Freunde frei haben - in den Ferien und an Wochenenden. Auch die Bezahlung nach Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst biete laut Baumgartner keinen besonderen Anreiz. Sie richtet sich nach der Qualifikation und den Berufsjahren. "Man braucht schon einige Zeit, bis es einigermaßen lukrativ ist," sagt er.

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Im Alpenwarmbad Benediktbeuern müssen mehrere Becken im Blick behalten werden.

Im Alpenwarmbad Benediktbeuern müssen mehrere Becken im Blick behalten werden.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Seine berufliche Laufbahn hat Baumgartner nicht als Bademeister begonnen, eigentlich ist er gelernter Heizungsbauer. Seine Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe machte er in Radevormwald in Nordrhein-Westfalen, nachdem ihn das Trimini in Kochel als Betriebstechniker eingestellt hatte. Dort brachte er es bis zum Betriebsleiter. Nach der Privatisierung durch die Kristallbäder AG im Jahr 2011 wechselte er zum Alpenwarmbad in Benediktbeuern. "Wenn man das 34 Jahre macht, muss man den Beruf schon leben, sonst würde man das nicht aushalten."

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Gäste können auf den Liegewiesen entspannen.

Gäste können auf den Liegewiesen entspannen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im großen 50-Meter-Becken ziehen die Sportschwimmer ihre Bahnen, daneben läuft ein kleines Mädchen in Schwimmweste. Als Bademeister muss Baumgartner auf jeden Gast achten, auch erfahrene Schwimmer können Krämpfe bekommen. Notfälle gehörten zur unangenehmen Seite seines Berufs. "Acht oder neun Stunden bei 35 Grad konzentriert ins Becken zu schauen und Notfälle sofort zu erkennen, das ist eine sehr große Herausforderung," sagt Baumgartner.

Vor sechs Jahren hat sich ein schwerer Vorfall ereignet - der erste, bei dem er selbst anwesend war. Noch heute läuft deswegen ein gerichtlicher Prozess, weshalb Baumgartner keine Details nennen darf. "Das geht einem sehr nahe, weil das wirklich auf Leben und Tod war. Man hat sehr viel Verantwortung." Bei diesen Worten steht Baumgartner die Erschütterung ins Gesicht geschrieben. Dass Eltern die Aufsichtspflicht über ihre Kinder immer mehr an die Bademeister abgeben würden, sei eine zusätzliche Belastung. In seiner Kindheit sei er nur baden gegangen, wenn die Eltern am Beckenrand standen und habe sogar auf der Wiese Schwimmflügel getragen. Zur Illustration gibt Baumgartner eine Geschichte zum Besten: "Vor einiger Zeit hat uns eine Radfahrerin ein Kleinkind draußen von der Brücke gebracht, in Badehosen und barfuß. Ich habe eine Durchsage gemacht und nach fünf Minuten kam der Vater von der Wiese mit seinen zwei anderen Kindern. Der hat noch gar nicht bemerkt, dass das Kind fehlt." Auch der Respekt gegenüber Bademeistern habe in den vergangenen Jahren abgenommen. Baumgartner appelliert deshalb: "Wir versuchen jeden Badegast freundlich zu behandeln, ihm einen schönen Tag zu bereiten und für die größtmögliche Sicherheit zu sorgen. Wenn da ein bisschen was zurückkäme, wäre das super für uns."

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Große Sprünge sind möglich. "Wir versuchen jeden Badegast freundlich zu behandeln, ihm einen schönen Tag zu bereiten und für die größtmögliche Sicherheit zu sorgen", sagt der Bademeister.

Große Sprünge sind möglich. "Wir versuchen jeden Badegast freundlich zu behandeln, ihm einen schönen Tag zu bereiten und für die größtmögliche Sicherheit zu sorgen", sagt der Bademeister.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bis zum Ende Sommerferien sind Bademeister wie Robert Baumgartner besonders gefordert - wenn ein Kind in eine Wespe tritt, das Sprungbrett geöffnet werden soll oder eine Schwimmbrille verloren geht. Mit Kopfbedeckung, Sonnencreme und UV-resistenter Brille wacht er über das Becken, damit andere das Sommerwetter im Freibad genießen können.

SZ-Serie: Die Sommer-Macher: Baumgartner hofft, dass der Respekt gegenüber Bademeistern wieder etwas zunimmt.

Baumgartner hofft, dass der Respekt gegenüber Bademeistern wieder etwas zunimmt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)
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