Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren:"Zweieinhalbmal energieautark"

Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren: Die Solaranlage muss man sich hier noch dazudenken - dafür ist der hellgrüne Streifen vorgesehen, der soll U-förmig mit Photovoltaik überbaut werden.

Die Solaranlage muss man sich hier noch dazudenken - dafür ist der hellgrüne Streifen vorgesehen, der soll U-förmig mit Photovoltaik überbaut werden.

(Foto: Hartmut Pöstges)

In Königsdorf ist ein 20 Hektar großer Solarpark mit rund 20 000 Kilowattpeak Leistung geplant. Gleichzeitig soll die abgelegene Fläche als Moor renaturiert werden.

Von Felicitas Amler, Königsdorf

Königsdorfs Zweiter Bürgermeister ist hörbar zufrieden: Seine Gemeinde würde mit diesem Projekt gleich "zweieinhalbmal energieautark", sagt Sebastian Seidl (CSU). Die Initiative des Guts Mooseurach, in Königsdorf auf einer Fläche von 20 Hektar eine Freiflächen-Photovoltaikanlage (PV) zu errichten, ist daher auch beim Gemeinderat auf einhellige Zustimmung gestoßen. Als Höchstleistung werden in der Projektpräsentation 19 997 Kilowattpeak (kWp) angegeben. Der Stromertrag läge mit 20 000 Megawattstunden (MWh) eben zweieinhalbmal so hoch wie der derzeitige Verbrauch der Gemeinde Königsdorf. Das Areal für die PV-Anlage befindet sich im Westen von Königsdorf, südlich der Straße nach Beuerberg (Flurstücke 1788, 1788/3 und 3133). Es sei, so heißt es, kaum einsehbar und liege 800 Meter Luftlinie von der nächsten Wohnbebauung entfernt. Als "energieautark" bezeichnen sich Kommunen, die ihren Bedarf ausschließlich mit erneuerbarer Energie decken.

Die Erstellung der Anlage ist mit 16 Millionen Euro kalkuliert. Die Gemeinde beteiligt sich nach Auskunft von Seidl mit 500 000 Euro am Stammkapital. Für Betrieb und Finanzierung haben sich das Gut Mooseurach der Familie Bosch, die Gemeinde Königsdorf, die 17er-Oberlandenergie GmbH und die Energie Südbayern GmbH (ESB) zusammengeschlossen. Als zweites ökologisches Plus sehen es die künftigen Betreiber, dass die Fläche, die derzeit eine Streuwiese ist, als Moor renaturiert, also wiedervernässt werden soll. Moore leisten einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz, binden gleichzeitig große Mengen Kohlendioxid und gelten daher für den Klimaschutz als äußerst wertvoll.

Nachdem der Königsdorfer Gemeinderat sein grundsätzliches Einverständnis erteilt hat, sind die nächsten Schritte die Änderung des Flächennutzungsplans für ein Sondergebiet, der Vorhabenbezogene Bebauungsplan mit Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der Bürgerschaft. Die Projektpartner rechnen damit, dass etwa in einem Jahr mit der Errichtung begonnen werden kann. Adolf Hornsteiner, Referent Handel und Vertrieb bei ESB, sagt, wenn das Baurecht im dritten oder vierten Quartal 2024 stehe, sei man gut vorangekommen. Dass gleichzeitig regenerative Energie erzeugt und andererseits ein Moor renaturiert werden soll, sei im Sinne des Klimaschutzes wichtig und spannend, sagt Hornsteiner.

Der Strom, der in dem Solarpark erzeugt wird, soll über eine sieben Kilometer lange Leitung am Umspannwerk in Geretsried ins Netz des Bayernwerks eingespeist werden.

Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren: Dies könnte die Strecke der Stromleitung von der Anlage bis zum Umspannwerk sein.

Dies könnte die Strecke der Stromleitung von der Anlage bis zum Umspannwerk sein.

(Foto: ESB/Bayern-Atlas/oh)

Das Gut Mooseurach habe in den vergangenen Jahren schon mehrere Anfragen von Interessenten an Flächen für PV-Freianlagen gehabt, sagt der landwirtschaftliche Betriebsleiter Andreas Schmidt. Unabhängig davon sei das Gut wegen des zunehmenden Klimawandels selbst daran interessiert, "ehemals drainierte Moorflächen zu renaturieren". Einen PV-Park auf einer Fläche zu bauen, die dann vernässt wird, sei "mit Sicherheit eine Herausforderung", sagt Schmidt. "Aber die Kombi hat uns gut gefallen." Die Solea AG aus Plattling, die auf Solaranlagen spezialisiert ist, werde den Bau übernehmen. "Jetzt wird das Konzept für die Vernässung erstellt, und wenn der PV-Park fertig ist, wird aufgestaut." Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt sei schon zu einem Ortstermin da gewesen.

Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren: Andreas Schmidt ist Landwirtschaftsleiter auf dem Gut Mooseurach.

Andreas Schmidt ist Landwirtschaftsleiter auf dem Gut Mooseurach.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Auf die Frage, ob die Anlage mit dieser Doppelnutzung ein Vorzeigeprojekt werde, sagt Schmidt: "Hier in der Region schon, aber es gibt zwei ähnliche Projekt, eines im Donaumoos und eines in Norddeutschland." Den konkreten ökologischen Nutzen des renaturierten Moores werde das Peatland Science Centre (PSC) an der Hochschule Weihenstephan erforschen. Das 2022 gegründete Institut "soll die wissenschaftliche Basis für die Moorentwicklung in Süddeutschland und international wesentlich verbessern", so heißt es auf dessen Homepage.

Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren: Die Renaturierung ehemaliger Moore ist das Ziel der Tölzer Moorachse. Hier das Königsdorfer Weidfilz.

Die Renaturierung ehemaliger Moore ist das Ziel der Tölzer Moorachse. Hier das Königsdorfer Weidfilz.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Solaranlagen im Donaumoos werden allerdings von Naturschützern wie dem Landesbund für Vogelschutz durchaus kritisch gesehen. Sie sagen, die Renaturierung der Moore müsse eindeutig Vorrang vor Solarparks haben. "Höchste Priorität muss die beschleunigte Nutzung der immensen Potentiale für Photovoltaik an Gebäuden haben", forderte Richard Mergner, bayerischer Bund-Naturschutz-Vorsitzender (BN), im vergangenen Jahr.

Gut Mooseurach, Kommune und Energieversorger kooperieren: BN-Kreisvorsitzender Friedl Krönauer.

BN-Kreisvorsitzender Friedl Krönauer.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der BN-Kreisvorsitzende Friedl Krönauer äußert sich zurückhaltend positiv über das Konzept. Grundsätzlich, so betont er, müsse eigentlich die Frage aufgeworfen werden, ob wir derartig viel Strom brauchen, wie produziert wird. "Aber wenn man Photovoltaik schon in der Freifläche machen muss, weil es als unzumutbar gilt, bei Neubauten PV auf dem Dach verpflichtend vorzuschreiben, dann ist diese Fläche aus unserer Sicht ökologisch durchaus geeignet." Und die Wiedervernässung des Moores sei auf jeden Fall "ein ganz wichtiger Punkt", sowohl wegen des Artenschutzes als auch wegen der CO2-Speicherung. Krönauer kündigt an, wenn das Bebauungsplanverfahren laufe, "werden wir vom BN noch mal genauer hinschauen".

Die Gemeinde Königsdorf sehe das Vorhaben auch deshalb so positiv, erklärt der Zweite Bürgermeister Seidl, weil der Aufwand für eine so große Anlage im Vergleich zum Nutzen gering sei. Zudem sei die Lage so günstig, dass keine Proteste befürchtet würden, wie sie andernorts schon wegen kleinerer Anlagen aufgekommen seien.

Die Projektpartner haben auch eine materielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Als beispielhaft dafür dient das Crowdfunding der Gemeinde Greiling für eine PV-Freiflächenanlage auf 2,8 Hektar, an der ebenfalls die 17er Oberlandenergie und ESB beteiligt sind.

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