Circa 150 Gäste haben sich im Garten des Anwesens an der Bahnhofstraße in Wolfratshausen versammelt, das Publikum ist jung, die meisten sind noch Kinder. Sie sind zusammengekommen für ein Sportevent der besonderen Art: die erste Bayerische Skimboard-Meisterschaft U16. Skimboard – das ist eine Mischung aus Surfen und Skateboardfahren. Dabei versucht der Sportler mit seinem Board auf flachem Wasser im Auslaufbereich der Brandung zu gleiten. Da Wolfratshausen nun nicht gerade für seine Strände bekannt ist, hat der Kinder- und Jugendförderverein voriges Jahr eine sogenannte Skimboard-Bahn gekauft. Mit etwa 20 Metern Länge, knapp drei Metern Breite und einem geschätzten Wasserstand von fünf Zentimetern erinnert die Bahn ein wenig an ein lang gezogenes, unzureichend befülltes Planschbecken – fürs Skimboarden ist jedoch genau das ideal.
„Die Bahn hier ist die einzige in ganz Bayern“
„Die Bahn hier ist die einzige in ganz Bayern, deswegen können wir den Wettbewerb auch Bayerische Meisterschaft nennen“, erklärt Maria Harrer vom Kinder- und Jugendförderverein. In Deutschland gibt es nach ihren Angaben nur zwei weitere Bahnen. Die jungen Skimboarder und Skimboarderinnen hatten in Wolfratshausen bereits vier Wochen Zeit, um für die Meisterschaft zu trainieren – und das ist auch nötig. „Skimboarden ist kein Sport, den man sofort kann“, so Harrer. Man müsse immer wieder üben und vor allem dranbleiben.
Der zehnjährige Leopold aus Wolfratshausen hat sich das zu Herzen genommen. „Ich habe schon so viermal die Woche trainiert“, sagt der Junge über seinen Übungsplan. Am großen Tag des Wettbewerbs ist er vor allem froh, dass er endlich zeigen kann, was er alles gelernt hat. Aber Leopold ist auch ehrgeizig: „Ich will schon mindestens Dritter werden.“ Dabei unterstützen ihn seine besten Freunde, die sich selbst „Leopold Ultras“ nennen. Mit Schildern und eigenen Fangesängen haben sie sich auf ihre Weise auf die Meisterschaft vorbereitet.
Doch bevor Leopold aufs Board darf, gibt es erst einmal die obligatorische Begrüßung. Während die Zuschauer es sich schon auf aufblasbaren Stühlen, Sitzgelegenheiten aus Paletten und Bierbänken um die blau-gelbe Bahn herum gemütlich gemacht haben, laufen die jungen Sportler in ihren Badesachen noch quer durch den Garten. Die Stimmung ist ausgelassen, die Sonne strahlt. Dann geht es Schlag auf Schlag, die ersten drei Namen werden aufgerufen. Insgesamt 41 Kinder haben sich für die Bayerische Meisterschaft angemeldet, so Harrer. „Die meisten kommen hier aus Wolfratshausen.“ Angefeuert von Sprechchören schnappt sich die erste Skimboarderin das circa 1,20 Meter hohe, ovale Brett aus Holz, es geht ihr fast bis zum Kopf. Sie läuft los, wirft das Board aufs Wasser und springt drauf. Doch lange hält es sie nicht auf dem Brett. Nach nicht einmal einem Meter ist es passiert, mit einem lauten Platsch macht die Nachwuchs-Skimboarderin eine Arschbombe – einen tosenden Applaus der Zuschauer gibt es trotzdem.
Und schon nimmt der nächste Anlauf. Mittlerweile tummeln sich alle 41 Kinder am Ende der Bahn, sie können es gar nicht erwarten, aufgerufen zu werden. Doch auch der zweite Skimboarder hat nicht mehr Glück: Ebenfalls nach einem knappen Meter verliert er den Halt, und platsch – er macht einen Bauchklatscher. Bewertet werden die Skimboarder von zwei Kampfrichtern, es geht ja schließlich nicht nur um den Spaß. Fünf Punkte gibt es für jeden, der mitmacht. Auch das Stehen auf dem Brett gibt weitere fünf Punkte. Für jeden geschafften Meter ohne Umfallen kommen zehn Punkte auf die Uhr. Ein Trick, zum Beispiel sich während des Gleitens auf dem Board hinzuknien, bringt gleich 20 Punkte. „Falls jemand einen kann“, merken die Kampfrichter an.
Nach etwa 25 Teilnehmenden ist es dann so weit: Leopold wird aufgerufen. Und es dauert nicht lange, bis auch die „Leopold Ultras“ loslegen. „Leopold, du wirst gewinnen“, schallt es durch den Garten. Leopold sprintet los, wirft das Brett ins Wasser, springt mit einem großem Satz darauf – und er kann sich auf dem Board halten und sogar ein paar Meter dahingleiten. Damit ist er einer von wenigen. Das Wasser spritzt auf beiden Seiten der Bahn nach außen, selbst die Kampfrichter werden ein wenig nass.
Dass sich viele seiner Mitbewerber nicht auf dem Brett halten können, wundert den neunjährigen Jonah aus Wolfratshausen nicht. Die Balance zu halten und nicht hinzufallen, sei das Schwierigste, verrät Jonah. Sich zu konzentrieren, um nicht hinzufallen, sei jedoch auch der große Reiz am Skimboarden. „Das Beste daran ist aber das Gefühl, auf dem Brett zu stehen“, sagt er. „Das fühlt sich an, als ob man schwebt.“ Das Wichtigste für ihn sei der Spaß, erzählt er nach der ersten der beiden Runden des Wettkampfes. „Aber ich mache hier schon mit, weil ich den Pokal holen will“, fügt er hinzu.
Und es dauert nicht lange, bis auch die zweite Runde in vollem Gange ist. Dieses Mal versuchen sich Leopold und Jonah an Tricks – der eine wirft sich während des Gleitens auf den Bauch, der andere auf die Knie, das gibt Bonuspunkte. Und diese zusätzlichen Punkte sollten noch einmal wichtig werden, kurz nach dem zweiten Durchgang ist es nämlich Zeit für die Siegerehrung. Jonah holt den zweiten Platz, Leopold wird sogar Erster. Unter Freudentränen nimmt er seinen Pokal in Empfang, auch die „Leopold Ultras“ können sich kaum noch in Zaum halten. Glücklich recken die beiden ihre Pokale in den Himmel. Doch auch die anderen Kinder sollen nicht leer ausgehen, eine Medaille gibt es für jeden.
In den ersten fünf Wochen der Sommerferien veranstaltet der Kinder- und Jugendförderverein Skimboardcamps. Für fünf Tage zahlt man 15 Euro. Der Trainer sei ein Skimboarder aus München, sagt Harrer. Auch Leopold und Jonah werden wohl wieder mit von der Partie sein, und das trotz ihrer Top-Platzierungen. Dafür macht es einfach zu viel Spaß.
Hier gibt es weitere Informationen zu den Skimboardkursen und zur Anmeldung