Wintertourismus:Aiwanger: "Ideologische Scheindebatte"

Wintertourismus: Beim Ortstermin am Brauneck bleibt Hubert Aiwanger bei seiner Richtung und erklärt jegliche Kritik an der Beschneiung für unvernünftig.

Beim Ortstermin am Brauneck bleibt Hubert Aiwanger bei seiner Richtung und erklärt jegliche Kritik an der Beschneiung für unvernünftig.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das Skifahren am Brauneck ist zu Fasching auch dank maschineller Beschneiung fast uneingeschränkt möglich. Kritik daran erklärt der bayerische Wirtschaftsminister für unvernünftig.

Von Benjamin Engel, Lenggries

Im Isartal bei Lenggries zeigt sich am Donnerstag vor Beginn der Faschingsferien, wie die Natur zaghaft den Frühlingsmodus zu üben beginnt. Die ersten Blütenkätzchen an Hasel- und Erlensträuchern sprießen bei zweistelligen Plusgraden - und Richtung Flachland sind die Wiesen braun-grün. Das verdeutlicht das Wechselspiel der heurigen Wintersaison, in der auf Kälteeinbrüche lange Warmphasen folgten. Ohne zusätzlichen, maschinell erzeugten Schnee wäre es zu Fasching wohl kaum möglich, dass im Skigebiet Brauneck 14 von 15 Liftanlagen laufen und 18 von 20 Pisten offen sind - inklusive aller drei Talabfahrten. Damit hat der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Lenggrieser Hausberg die perfekte Bühne, um für Schneevergnügen im Freistaat zu werben.

Statt Wintersportkleidung trägt der stellvertretende Ministerpräsident zwar ein vollständiges Trachtenanzug-Outfit (sogar den passenden Hut mit hell-grün abgesetztem Band hat er mit). Aber zum Skitourismus inklusive maschinelle Beschneiung bekennt sich Aiwanger kompromisslos, bezeichnet das Skifahren in Gebieten wie dem Brauneck als Rückgrat, um die Urlaubsregionen im bayerischen Alpenraum attraktiv zu halten. "Es wäre verantwortungslos, nicht zu beschneien", kontert der Wirtschaftsminister jegliche Kritik von Natur- und Umweltschützern. Zugleich bekräftigt er, dass die Staatsregierung an der Seilbahnförderung von zehn Millionen Euro pro Jahr, die auch Maßnahmen zur Beschneiung umfasse, festhalten werde.

Kritikern wirft Aiwanger vor, eine Verdummungsdebatte zu führen. "Die Debatte um Schneekanonen ist eine ideologische Scheindebatte." Ohne maschinell erzeugten Schnee würden die Tourismusregionen kaputt gehen, sagt er. Einen vernünftigen Grund, dagegen vorzugehen, gibt es aus seiner Sicht nicht. Er spricht davon, dass die Speicherteiche zur Beschneiung mit Quell- und Schmelzwasser aus der Region gefüllt würden. Kunstschnee halte länger als Naturschnee und sei wegen seiner besonderen Kristallform leichter und schneller zu präparieren. Damit sparten Pistenraupen Sprit.

Auch das Argument der Energieverschwendung lässt Aiwanger nicht gelten. Die Bergbahnbetreiber setzten großenteils auf Ökostrom und beschneiten nachts, wenn Strom anderweitig kaum benötigt werde und im Überfluss vorhanden sei. Wenn die Menschen nicht in Bayern Skifahren könnten, würden sie stattdessen nach Österreich und Italien ausweichen, was nur noch mehr Energie verbrauchte. Der Skitourismus sichere das Ganzjahresangebot in den bayerischen Alpen. "Ich möchte, dass die Menschen ohne schlechtes Gewissen Ski fahren", so Aiwanger in einer anschließend veröffentlichten Mitteilung. "Wer Ja sagt zu klimafreundlichem Wintersport, der muss Ja sagen zu kurzen Anreisen und zu gut präparierten Skigebieten in Bayern."

Dadurch sieht sich Harald Gmeiner bestärkt. Die Anreise verbrauche beim Wintersport die meiste Energie, so der Vorsitzende im Fachbeirat des Tourismusverbands Oberbayern. Im Skigebiet entfielen auf einen Wintersportler pro Tag um die 16 Kilowattstunden Energieverbrauch. Damit komme ein Auto nur um die 20 Kilometer weit. Die meisten bayerischen Skigebiete seien aber gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Für Gmeiner kommt der Erlebniswert eines Wintersporttags mit Bewegung in der Natur in der Energiedebatte ohnehin zu kurz.

Wintertourismus: Brauneck-Bergbahn Geschäftsführerin Antonia Asenstorfer (links) mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Birgit Priesnitz, Geschäftsführerin deutscher Seilbahnen.

Brauneck-Bergbahn Geschäftsführerin Antonia Asenstorfer (links) mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Birgit Priesnitz, Geschäftsführerin deutscher Seilbahnen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Faschingsferien sind zusätzlich zu Weihnachten die zweite Haupt-Umsatzzeit für die Skigebiete. Von "Super-Bedingungen", spricht Antonia Asenstorfer, Geschäftsführerin der Brauneck-Bergbahn. Zwar mussten die Betreiber am Lenggrieser Hausberg trotz Saisonstart Mitte Dezember nach dem Weihnachtstauwetter um den Jahreswechsel die Liftanlagen wieder schließen. Doch danach hätte die Bergbahn zusätzlich zum Naturschnee noch einmal mit maschinell erzeugtem Weiß präparieren können.

Wintertourismus: Wie eine Pistenraupe funktioniert, lässt sich Hubert Aiwanger von Andreas Oettl (im Bildvordergrund) erklären.

Wie eine Pistenraupe funktioniert, lässt sich Hubert Aiwanger von Andreas Oettl (im Bildvordergrund) erklären.

(Foto: Manfred Neubauer)

Das soll mit dem in den Pistenraupen installierten satellitengestützten Computer-System möglichst energiesparend ablaufen. Dem Fahrer zeigt es auf dem Monitor an, wie hoch die Schneedecke an seinem Standort jeweils ist. So lässt sich der Schnee punktgenau an den Schwachstellen ökonomischer verteilen. Das lässt sich Wirtschaftsminister Aiwanger von den Bergbahnbetreibern erläutern. Öffentlichkeitswirksam setzt er sich auf den Fahrersitz eines der tonnenschweren Geräte und bewegt es ein paar Meter vor und zurück. Daran scheint er seinen Spaß zu haben. Zumindest fragt er scherzhaft, wo er denn als Fahrer anfangen könne.

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