Siere "Hiergeblieben":Der Reiz des Vertrauten

Gerd Zattler aus Schäftlarn ist noch nie geflogen. Warum auch? Er und Frau Sigrid entdecken in ihrem Urlaub lieber Städte in der Nähe und besuchen Museen. Dieses Jahr kommt für den Grünen auch Wahlkampf dazu.

Von Birgit Lotze

Es gibt Menschen, die haben noch nie den Drang gehabt, die USA zu sehen oder nach Asien zu reisen. Gerd Zattler gehört dazu. "Da muss man wirklich nicht unbedingt gewesen sein", sagt er. Auch seine Frau Sigrid treibt es nicht in die Ferne. Wenn man sich über die Länder informieren wolle, reichten Internet, Bücher und andere Medien völlig aus, sagen die beiden. Vielleicht liege das bei ihm daran, dass er noch nie weiter als im 100-Meter-Umkreis umgezogen sei, erklärt Zattler denjenigen, die ihn wegen seiner Fernreiseunlust fragen. Seit seiner Hausgeburt sei er Schäftlarner, witzelt er: "Vielleicht schränkt das den Gesichtskreis ein?"

Serie: Hiergeblieben

Ausspannen auf der Bank nach getaner Gartenarbeit: Gerd und Sigrid Zattler kümmern sich in ihrem Urlaub gerne um Pflanzen, gehen in den Biergarten. Und falls es regnet, räumen sie den Keller auf.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Heuer verbringen die Zattlers ihren Jahresurlaub zu Hause - zum dritten Mal in Folge. Der IT-Koordinator am Landesamt für Umwelt hat sich drei Wochen Urlaub genommen, die gleiche Zeit reserviert sich seine Frau, die den nichtpädagogischen Bereich im Familienzentrum organisiert. Kurz davor beginnen sie in der Regel ein paar ihrer Urlaubstage zu planen: Was läuft in den Museen, welche Städte in der Nähe sind derzeit besonders interessant? Gibt es neue Badeplätze zu entdecken?

Die Vorbereitung laufe immer "im gleichen Stil", sagt Gerd Zattler. Sie schauten vor allem in Zeitungen nach, studierten Termin- und Ausstellungskalender. Sie fänden immer wieder nette Städte in Bayern, die einen Kurztrip lohnen. Günzburg, Ingolstadt, auch Augsburg haben sie in den vergangenen Jahren in ihren Sommerurlauben besucht. Sie waren in der Dürer-Ausstellung, bei der Landesgartenschau in Bamberg. Ihre Vorhaben führten sie entsprechend Wetter und Laune durch, beschreibt Zattler das Vorgehen. Sie besuchen an schönen Tagen Biergärten - meist altbewährte wie die Klosterwirtschaft, die Aumühle oder den Bruckenfischer. Sie wandern in den Bergen, machen Radtouren. Regne es mal, sei das nicht weiter schlimm: "Der Keller muss auch aufgeräumt werden."

Insgesamt allerdings gelte, der Urlaub solle nicht zweckentfremdet werden. Sie nutzten die Ferien schon auch, um das Haus zu verschönern. Wenn sie zu Hause arbeiteten, dann vor allem im eigenen Garten. Er nehme sich jedoch keine Arbeit mit in den Sommerurlaub, sagt Zattler. Seine Frau allerdings gibt schon zu, dass sie im Notfall erreichbar ist und hin und wieder auch im Büro etwas erledigt: "Das kann man schon mal machen, aber es sollte nicht die Regel sein."

Ein wenig bestimmen ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein, Heimat- und Naturverbundenheit die grundsätzliche Urlaubshaltung der Zattlers. Sie sind bei den Grünen, und zwar von Beginn an. Gerd Zattler meint, dass er darüber nicht wirklich nachgedacht und sich deshalb für Heimaturlaub entschieden habe. Eher käme ihm bei seinem Sommerurlaub in den Sinn, dass er froh darüber sei, dass seine Kinder inzwischen über zwanzig seien und er keine Bedürfnisse nach Planschurlaub an der Adria berücksichtigen müsse. Außerdem machten sie durchaus auch Urlaub mit dem Auto - in der Regel zwei Wochen im Frühjahr. Allerdings habe er noch nie ein Flugzeug genommen, nur um Ferien zu machen, sagt Gerd Zattler: "Mir ist aber nie was abgegangen."

Diesmal opfert Zattler einen Teil seiner Ferienzeit. Er macht Wahlkampf, plakatiert, trägt Flugblätter aus, stellt sich an Infostände. Er ist nicht nur Gründungsmitglied der Grünen, er ist aktiv dabei. Seit fast 30 Jahren ist er im Gemeinderat. Heuer kandidiert er wieder für den oberbayerischen Bezirkstag, wo er schon 14 Jahre lang grüne Interessen eingebracht hat.

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