Süddeutsche Zeitung

Siedlungsdruck im Oberland:100 Wohnungen und ein Supermarkt

Der Wolfratshauser Stadtrat muss den geänderten Bebauungsplan für das Kraft-Areal beschließen. Nur die Grünen kritisieren die für das Projekt geplante Aufweitung der Sauerlacher Straße.

Von Konstantin Kaip

Auf dem sogenannten Kraft-Areal am Wolfratshauser Bahnhof soll das derzeit größte Wohnprojekt der Stadt entstehen: 100 Wohnungen sind dort geplant, dazu ein großer Edeka samt Getränkemarkt. Nachdem der Investor vom ursprünglichen Plan, dort ein Einkaufszentrum mit 6500 Quadratmetern Verkaufsfläche und 16 Wohnungen zu bauen, Abstand genommen hat, wurde der Bebauungsplan geändert. Der muss zwar noch vom Stadtrat beschlossen werden. Im Bauausschuss haben die Stadträte aber bereits mit großer Mehrheit für den Entwurf gestimmt. Hans Schmidt (Grüne) hält indes die geplante Aufweitung der Sauerlacher Straße wegen der geänderten Bebauung für unnötig.

Der Fraktionssprecher der Grünen hatte bereits beim Billigungsbeschluss im September erklärt, dass die modifizierten Pläne keine Überlastung der Straßen mehr befürchten ließen. Zudem sei eine Aufweitung der Straße, für die fünf große Platanen gefällt werden müssten, für eine Klima- und Verkehrswende kontraproduktiv. Bereits im Sommer hatte Schmidt zusammen mit Anwohnern gegen die drohenden Fällungen protestiert. Im Bauausschuss wiederholte er nun seine Argumente. "Wir begrüßen sehr die Schaffung von günstigem Wohnraum", erklärte er. "Schädlich" sei aber die geplante Straßenaufweitung - "gerade in Hinblick auf unseren Beschluss zum Klimanotstand". Denn sie fördere den motorisierten Individualverkehr. Der gut ausgebaute Straßenabschnitt lade schließlich "zur Nutzung des Autos zum Einkaufen" ein, und zwar für die kommenden Jahrzehnte.

Dem widersprachen indes die anderen Fraktionen. Damit das Bauvorhaben auch wirtschaftlich angenommen werde, brauche es den Ausbau, sagte BVW-Sprecher Josef Praller. Schließlich müssten auch Anlieferungen des Supermarkts problemlos möglich sein. Und selbst wenn es in Wolfratshausen irgendwann soweit sei "wie in Kopenhagen" - dass der Radverkehr einen Großteil des Straßenraums einnehme und vermehr Lasten mit dem Rad befördert würden - brauche man eine Aufweitung der Straße. "Es ehrt Sie, dass sie sich so für den Klimaschutz einsetzen", sagte der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) zu Schmidt. Allerdings dürfe man "auch keine Scheuklappen bekommen". Das Bauvorhaben passe außerdem sehr gut zum ausgerufenen Klimanotstand. Schließlich ermögliche es den Bewohnern, mitten in der Stadt wohnungsnah einzukaufen. "Ein bisserl müssen wir die Kirche auch im Dorf lassen."

Auf die Frage von CSU-Sprecher Günther Eibl, ob die Platanen gefällt werden müssen oder versetzt werden können, antwortete Bauamtsleiterin Susanne Leonhard: Die Stadt habe bereits ein Angebot für eine Versetzung der fünf Großbäume eingeholt, die demnach etwa 26 000 Euro kosten würde. Eine Garantie, dass die Wurzeln dann anwachsen, gebe es aber nicht. Die Stadträte müssten sich überlegen, ob man das Geld nicht besser in Ersatzpflanzungen investiere. Das aber sei nicht Teil des Beschlusses. Am Ende stimmten Schmidt und Richard Kugler (CSU-Fraktion) gegen den Bebauungsplan.

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SZ vom 09.11.2019/aip
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