Sie nennen sich "Bavaria Selection":Weiß-blaue Handarbeit

Roman Huber und Iris Chrzan betreiben in Wolfratshausen unter den Labels "Emarelle" und "Haferlgucker" eigene Manufakturen von Seifen und Gewürzen und übernehmen für andere den Vertrieb

Von Nils Hannes Klotz, Wolfratshausen

Ein leichter Duft von Vanille verbreitet sich im Raum. Auf einem großen Metalltisch liegen Schneebesen und Schöpflöffel. Mit einem Teigschaber entnimmt Iris Chrzan eine kleine Menge einer gelblichen zähen Masse aus einer Edelstahlschüssel und füllt diese in eine längliche Plastikform. Doch es ist kein Kuchenteig, den die Manufakturistin in ihrer kleinen Produktionsstätte in Wolfratshausen anfertigt, sondern handgesiedete Seife. Unter die Grundmasse aus Sheabutter, Kokosöl und Natronlauge hat sie zuvor das Aroma von Vanille und Patschuli gemischt. Das sei auch leicht aphrodisierend, sagt Chrzan mit einem Schmunzeln. Nun streut sie noch Rosenblüten auf die Seife, die nach dem Trocknen in Stücke geschnitten werden kann. Die Seife werde mit der Zeit immer härter, weil das Wasser langsam verdunste, erklärt sie. Ihr Anspruch seien 98- bis 100-prozentige Naturprodukte. Bei einigen Aromen müsse sie auf synthetische Erzeugnisse ausweichen.

In ihrer Manufaktur "Emarelle" in Wolfratshausen stellt Chrzan seit vielen Jahren Seifen und Naturkosmetik her. Ihr Partner Roman Huber widmet sich mit der Manufaktur "Haferlgucker" seit 2012 der Feinkost und der Mischung von Gewürzen. 2017 gründete das Paar die Dachfirma Bavaria Selection. Von der Idee bis zum Verkauf machen sie alles selbst - sogar die Etiketten designt Chrzan.

"Das Teuerste ist im Prinzip der Vertrieb," sagt Huber, der in Wolfratshausen aufgewachsen ist und eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert hat. Viele Manufakturen scheiterten bereits am Marktzugang. Das Konzept von Bavaria Selection sieht daher vor, den Vertrieb nicht nur für die eigenen, sondern auch für andere Manufakturen zu übernehmen. Zwölf Partner-Manufakturen haben sie bereits gewinnen können. Die Produkte werden von den beiden eingekauft und über deutschlandweite Fachhändler und den eigenen Online-Shop vermarktet. Die Erzeugnisse nur in der Region zu vertreiben sei aufgrund der hohen Kosten für Administration uninteressant, erklärt Huber.

Ihr Ziel sei es, das Angebot von Waren, die in Bayern handgefertigt worden sind, zu erweitern und neue Manufakturen als Partner hinzuzugewinnen, sagt Chrzan. Die Suche gestalte sich allerdings schwierig. Viele Manufakturen hätten bislang nicht einmal einen Internetauftritt.

Chrzan erzählt, sie sei schon als Kind von Allergien geplagt gewesen. Verschiedene Waschmittel hätten bei ihr eine juckende Haut verursacht. Mit Anfang zwanzig habe sie deshalb begonnen, sich näher mit Naturprodukten, Kräutern und Ölen zu befassen - erst einmal nur als Hobby. Beruflich war sie zu dieser Zeit noch im kaufmännischen Bereich in ihrer alten Heimat Düsseldorf tätig. "Im Nachhinein muss ich manchmal schmunzeln, mit was ich mich selbständig gemacht habe." Zunächst noch im Nebenerwerb habe sie kleine Päckchen mit Hexen und Engelchen gebastelt, die Kunden mental stärken sollten. Dann habe sie begonnen, sich auf die Herstellung von Seifenkugeln zu konzentrieren, und sei überwältigt gewesen von der Resonanz, die sie bekommen habe.

1997 habe sie die Firma, bei der sie Assistentin der Geschäftsleitung war, verlassen und den vollständigen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. "Da steckte schon Leidensdruck dahinter," sagt Chrzan und erklärt, dass ihr anfangs durchaus der Mut gefehlt habe, sich von dem sicheren Job zu lösen. Im Jahr 2000 sei sie schließlich nach Bayern gezogen - zunächst nach Gröbenzell. Bis heute habe sie dies nicht bereut. Die teilweise - so nennt sie es - "ruppige, gesellige und leicht mediterrane Mentalität der Menschen hier" gefalle ihr nach wie vor, sagt sie. Dass die eigene Manufaktur für sie der richtige Schritt war, davon ist sie heute überzeugt. Die Arbeit sei sehr vielfältig. Sie könne experimentieren, tüfteln und kreativ sein.

Iris Chrzan

"Im Nachhinein muss ich manchmal schmunzeln, mit was ich mich selbständig gemacht habe."

Die Herausforderung, für den kompletten Wertschöpfungsprozess selbst verantwortlich zu sein, trieb auch Roman Huber auf den neuen Berufsweg. Mehr als zwanzig Jahre lang habe er als Büroplaner und -einrichter gearbeitet, jedoch in der Branche keine Perspektive mehr gesehen, berichtet der heute 52-Jährige. In der Mitte seines Erwerbslebens habe er ein Resümee gezogen. Seine Entscheidung sei 2012 im Urlaub auf Elba gefallen, sagt er: "Wenn man in Italien über den Markt geht, gibt es überall Gewürzstände." Bayern sei auch eine Urlaubsregion, und im Verkauf von Gewürzen und Mischungen habe es aus seiner Sicht in der Region eine Marktlücke gegeben.

So habe er noch im Urlaub verschiedene Gewürze bestellt und dann zu Hause im Keller mit dem Mischen begonnen. Die Rezepte kämen von seiner Mutter und Großmutter. Räumlich habe er sich dann 2016 mit einer größeren Produktionsstätte an der Königsdorfer Straße in Wolfratshausen befreit. Hier findet sich nun auch Platz für einen kleinen Ladenverkauf.

Im dritten Jahr nach der Gründung befindet sich Bavaria Selection noch in der Investitionsphase, sagt Huber. Produktentwicklung, Produktion und Marketing seien hohe Kostenpunkte. Bis eine Serie entstehe, gingen ein paar Monate ins Land - ohne dass er bis zu diesem Punkt daran verdient habe, betont er. Tauschen mit seinem alten Job wolle er dennoch nicht mehr. "Einen Selbstständigen schreckt das nicht," sagt Huber. Dieses Jahr wolle er eine schwarze Null schreiben, vielleicht sogar schon etwas mehr. Natürlich sei er auch ab und zu von Ängsten geplagt, jeden Monat müsse er mit den Zahlen jonglieren. Durch die positiven Rückmeldungen schöpfe er dann aber wieder viel Vertrauen. Zu schaffen mache ihm vielmehr die "überbordende Bürokratie", die ihm eine ganze Reihe von Richtlinien auferlege.

Den größten Umsatz machten sie im vierten Quartal, sagt Huber. Um die saisonalen Schwankungen ausgleichen zu können, setze er daher auf eine Mehrfachstrategie. Die Produkte werden über seinen Ladenverkauf, Fachhändler und die Online-Plattform vertrieben. Zwischen stationärem Handel und Online-Verkauf gebe es kein Entweder-oder, sagt er. Es müsse beides geben. Bestimmte Zielgruppe könnten ansonsten nicht mehr erreicht werden.

https://bavaria-selection.de/

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