Serie Wirtschaftswunder:Tafeln bei Fuchs und Hase

Der Aufhofener Jägerwirt liegt versteckt in einem winzigen Weiler. Dennoch finden viele Leute auch ohne Navigationsgerät dorthin. Die Qualität der Speisen, das Ambiente und der gute Service der Wirtsfamilie sprechen sich herum

Von Claudia Koestler, Egling

Zwischen Egling und Deining geht rechts eine eher unscheinbare Abzweigung weg: Erst nach Dettenhausen und dann über Felder und Fluren weiter bis zu einem winzigen Weiler namens Aufhofen, irgendwo zwischen Öhnböck, Thanning und Eulenschwang. Quasi da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. In dem abgelegenen Örtchen verbirgt sich jedoch eines der beliebtesten bayerischen Gasthäuser des Oberlandes: Der Aufhofener Jägerwirt. Wer ihn einmal gefunden und dort gegessen hat, kommt wieder und sagt es weiter. So kann es passieren, dass an einem schönen Wochenende die Ausflügler zu Hunderten dort sitzen: Im Biergarten, in den weitläufigen Gaststuben oder dem großen, holzvertäfelten Saal. Nachdem sie die Wege durch Wiesen und Wälder zu ausgiebigen Spaziergängen genutzt oder den nahen Waldweiher zum Baden genossen haben, schmeckt es doppelt so gut.

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Von Links: Josef Meyr mit Enkel Josef, Inge Meyr, Franziska Meyr, Manuela Meyr und Josef Meyr junior.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Jägerwirt ist ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht: Seit Generationen wird nicht nur das Wirtshaus, sondern gleich auch noch der Vorname mit vererbt: Derzeit führt die Familie Meyr den Jägerwirt als GbR, Vater Josef hilft mit, Sohn Josef kocht, und der jüngste Josef, inzwischen schon der fünfte, tollt noch in Kinderschuhen durch die Wirtschaft, in der er aber höchstwahrscheinlich in Zukunft mitarbeiten wird.

Der Urgroßvater des derzeitigen Küchenchefs und Wirts, er sei hier der Einfachheit halber Josef Meyr junior genannt, hatte einst die Klosterwirtschaft in Schäftlarn gepachtet. Sein Sohn heiratete, wollte etwas Eigenes schaffen und suchte nach einer Heimstatt. "Damals standen zwei Anwesen zum Verkauf: Einmal eine Gastwirtschaft in Aufkirchen bei Berg am Starnberger See, und das ehemalige Jägerhäusl in Aufhofen", weiß Josef Meyr jun. Weil dort auch ein Waldweiher war, entschied sich das junge Paar für Aufhofen. Fast genau 100 Jahre ist das jetzt her, 2017 wird der heutige Jägerwirt sein Jubiläum feiern. Das Paar betrieb im damaligen Jägerhäusl eine Landwirtschaft und eine kleine Gastwirtschaft, eine typische Dorfwirtschaft eben. 1949 aber wurde das alte, inzwischen marode gewordene Gebäude abgerissen und neu gebaut. Sommerfrischler aus München seien damals schon gerne vorbeigekommen, sagt Josef Meyr senior. Weil jedoch der Sohn des damaligen Wirtspaares in Ungnade gefallen war - er hatte eine Vertriebene geheiratet - vererbten sie den Betrieb an die Tochter. Mit ihrer Heirat änderte sich der Familienname von Friedinger in Meyr.

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Die Marienfigur gehört zur Einrichtung eines bayerischen Gasthauses.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Dass der Betrieb heute eine solche Dimension samt Drei-Sterne-Hotel angenommen hat, "das kam schrittweise", betont Meyr senior. Der große Umbruch kam überhaupt erst in den 1980er Jahren. Damals arbeitete die Familie noch zweigleisig: Sie führte neben der Wirtschaft den landwirtschaftlichen Hof weiter. Doch der sinkende Milchpreis bereitete der Familie Sorge, eine Entscheidung musste her: Entweder Wirtschaft oder Landwirtschaft. Eigentlich favorisierte die Familie Letzteres, doch dann lief der Gasthof zu gut und die Meyrs verlagerten sich gänzlich darauf. Sie investierten, modernisierten, bauten ein Stüberl dazu und nach sechs oder sieben Jahren wagte man sich an die bisher größte Investition: Einen großen Festsaal.

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Der Jägerwirt in Aufhofen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Heute fasst der mit kunstvoller Handarbeit ausgestattete Raum mit Bühne und variablen Wänden an die 300 Personen, damit ist er konkurrenzlos in der Region und mit größeren Versammlungen oder Gesellschaften oft ausgebucht. Mit dem Angebot des Saales sei es dann rapide aufwärts gegangen mit dem Jägerwirt, erinnert sich Meyr senior. Weil sich immer mehr und immer größere Gesellschaften ankündigten und den Saal nutzen, musste schließlich auch die Küche vergrößert werden. Und mit den Hochzeiten kam wiederum der Schritt hin zum Bau eines Hotels. "Das war ursprünglich mal der Heustadl. Aber wir sind eben immer wieder angesprochen worden, ob man bei uns nicht auch gleich übernachten könnte", erinnert sich Manuela Meyr, Ehefrau von Meyr junior.

Ente und Fischteller

Gasthof Hotel Jägerwirt, Hofmarkstraße 5, 82544 Aufhofen bei Egling. Das Wirtshaus hat Donnerstag bis Sonntag geöffnet sowie an Feiertagen. Warme Küche gibt es durchgehend bis 21 Uhr. Ein Schweinekrustenbraten mit Kartoffelknödel und gemischtem Salat kostet 9,90 Euro, ein knusprig gebratenes Spanferkel mit Kartoffelknödel und gemischtem Salat 12,50 Euro. Tellerfleisch von der Stierbrust mit Meerrettich und Kartoffel-Gurkensalat steht für 10,30 Euro zur Auswahl, ein Burgunderbraten vom Jungstier, mit Preiselbeerpfirsich, Knödel und gemischtem Salat für 10,90 Euro. Das knusprige Viertel von der Bauernente mit Kartoffelknödel und wahlweise Apfelblaukraut oder gemischtem Salat ist für 12,20 Euro zu haben. Für Fischliebhaber gibt es beispielsweise Goldbarschfilet gebacken, mit Remouladensoße und Kartoffel-Gurkensalat 10,50 Euro. Alternativ Zanderfilet in goldbrauner Mandelkruste, mit Gemüsestreifen, Petersilienkartoffeln und Blattsalat (15,90 Euro) oder einen Fischgrillteller mit gebratenen Filets und Garnelenspieß auf Bandnudeln mit Blattspinat (15,90 Euro). Vegetarier können sich beispielsweise für eine Lasagne von marktfrischem Gemüse auf Champignonrahmsoße und Blattsalat für 10,90 Euro entscheiden.

Das Hotel bietet Zimmer im ländlichen Stil mit Dusche/WC, Telefon, Flat-TV, Fön, Schminkspiegel sowie kostenloser Internetnutzung. Ausreichend Parkplätze rund um Hotel und Gastwirtschaft stehen kostenfrei zur Verfügung. Weitere Informationen unter www.gasthof-jaegerwirt.de cjk

Die Gäste reisen inzwischen von Hallbergmoos bis Garmisch-Partenkirchen an, um beim Jägerwirt einzukehren und zu feiern. "Die Leute lockt das Gesamtpaket", sagt Meyr senior, "und die Qualität, die wir in den Speisen, im Ambiente und mit unserem Service bieten". Zum Beispiel gibt es neben den typischen bayerischen Fleischgerichten wie Schweinsbraten, Kalbsbraten, Gans oder Schnitzel auch eine reiche Auswahl an Fischgerichten, Salaten und vegetarischen Spezialitäten. Darüber hinaus locken auch die hausgemachten Kuchen der Mutter von Josef Meyr junior, Inge Meyr: Torten und Kuchen, deren Raffinesse Genießer verzücken können, deren Größe aber auch Holzfällern gefallen dürfte. An Spitzentagen backt sie bis zu hundert Stück der süßen Verführungen. An einer Theke gibt es diese auch zum Mitnehmen, ebenso wie einige der Wurstspezialitäten des Hauses. Weil Meyr junior nicht nur gelernter Koch ist, sondern auch Metzgermeister, kann der Betrieb auf eigene Fleisch und Wurstwaren zählen.

Auf der Speisekarte in den Gasträumen finden sich neben den klassischen Gerichten einer bayerischen Traditionsgaststätte auch welche, die man fast vergessen wähnte. Etwa bei der großen Auswahl an Braten wie Burgunderbraten, Sauerbraten oder Schäufele. "Das freut unsere Stammgäste immer", sagt Meyr senior. Trotzdem spürt man auch den Einfluss der Moderne und den Trend hin zu leichteren Gerichten. "Die Mischung macht's, weil zu uns der Enkel mit der Oma kommt", sagt Meyr sen. Und weil die Qualität der Speisen für sich spricht, wie zahlreiche Preise wie etwa eine Auszeichnung in Gold beim Wettbewerb Bayerische Küche belegen, brauche es keine große Werbung mehr für den Jägerwirt, und auch keine Navigationsgeräte: "Unsere Gäste finden vor allem über Mundpropaganda zu uns", sagt Manuela Meyr.

Allerdings gelinge es nur, die zahlreichen Gäste stets auf's Neue glücklich zu machen, wenn alle zusammenhelfen: "Weil wir ein Familienbetrieb sind, können wir absolut flexibel reagieren. Wenn viele Gäste kommen, springen die Familienmitglieder alle ein, wenn es ruhiger wird, nehmen auch wir das Tempo etwas raus", erklärt Manuela Meyr. Trotzdem brauche es auch sehr gutes, flexibles und fleißiges Personal, das ein Team bilde. "Und wir sind absolut stolz auf unsere Leute", loben Meyrs unisono.

Der Familienzusammenhalt überträgt sich auf das Team, und die nächste Generation der Wirtsfamilie wächst gerade mit hinein in den Betrieb: Mit Stolz blicken Josef Meyr jun. und Ehefrau Manuela auf ihre vier Kinder, die irgendwann die Zukunft des Jägerwirts bestimmen werden. Größer sollen derzeit nur die jüngsten Meyrs, nicht aber die Wirtschaft werden. "Wir sind zufrieden, was wir bisher erarbeitet haben, und so kann es jetzt erst einmal weitergehen", sagt die Wirtsfamilie.

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